Die Organisation, die Hilfsgüter über den Seeweg in den Küstenstreifen bringt, stellt ihre Arbeit in der Region vorerst ein. Die wichtigsten Antworten zu dem Vorfall.

Das Logo der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) ist auf dem Dach des weissen Autos noch zu erkennen. Der Schriftzug ist hingegen nicht mehr zu lesen. Dort, wo er stand, klafft ein dickes Loch – verursacht von einem Raketenangriff aus der Luft. So zeigen es Videos propalästinensischer Medienorganisationen in den sozialen Netzwerken.

Am Dienstagmorgen teilte die Hilfsorganisation mit, dass sieben ihrer Mitarbeiter bei einem israelischen Luftangriff in Gaza getötet wurden. «Das World-Central-Kitchen-Team fuhr in zwei gepanzerten Autos mit dem WCK-Logo sowie einem nichtgepanzerten Fahrzeug durch eine Zone, in der nicht gekämpft wurde», heisst es in der Mitteilung. Laut der Organisation wurde der Konvoi in der Nähe von Deir al-Balah im mittleren Gazastreifen getroffen. Die Fahrt habe WCK mit den israelischen Streitkräften koordiniert.

Das WCK-Team wurde in der Mitte des Gazastreifens getötet

Die Organisation, die humanitäre Hilfsgüter über den Seeweg nach Gaza bringt, stellte ihre Aktivitäten in der gesamten Region vorübergehend ein. In einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft sprach der israelische Armeesprecher Daniel Hagari den Familien der Opfer sein tiefes Beileid aus und versprach eine gründliche und transparente Aufklärung des Vorfalls. «In den letzten Monaten haben wir eng mit World Central Kitchen zusammengearbeitet, um sie bei der Erfüllung ihres noblen Auftrags zu unterstützen, der darin besteht, den Menschen im Gazastreifen Lebensmittel und humanitäre Hilfe zu bringen», sagte Hagari.

In einer Mitteilung wählte WCK-Chef Erin Gore deutliche Worte zu dem Tod seiner Mitarbeiter. «Das ist nicht nur ein Angriff gegen WCK, sondern auch ein Angriff gegen humanitäre Hilfsorganisationen, die in den furchtbarsten Situationen vor Ort sind, wenn Hunger als Waffe genutzt wird. Das ist unentschuldbar.» Für ein Interview standen Vertreter der Organisation nicht zur Verfügung.

Was tut World Central Kitchen in Gaza?

Der frühere Michelin-Koch José Andrés gründete World Central Kitchen im Jahr 2010. Der Spanier rief die Organisation nach dem Erdbeben in Haiti ins Leben. Sie verteilt fertig gekochte Mahlzeiten in Kriegs- und Krisengebieten und hat sich den Ruf erarbeitet, schnell und effizient die Bedürftigen zu versorgen. WCK arbeitet unter anderem auch in der Ukraine und hat mobile Suppenküchen im Erdbebengebiet in der Osttürkei eingesetzt.

Früh hat WCK auch in Israel und Gaza Essen geliefert. Bereits eine Woche nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober teilte José Andrés ein Video auf seinem Facebook-Profil, in dem er seinen Schmerz über den Tod von Zivilisten in Gaza kundtat. Der Gründer der Hilfsorganisation versprach, Essenslieferungen im Wert von einer Million Dollar zu spenden.

Viel wichtiger war allerdings die Ankündigung, die einige Monate später folgte: World Central Kitchen organisierte die ersten Hilfslieferungen über See nach Gaza. Im März schiffte die Organisation aus Zypern rund 200 Tonnen Nahrungsmittel nach Gaza. Eine zweite Lieferung mit etwa 400 Tonnen Essen soll in Kürze in Gaza eintreffen. Wie diese Hilfsgüter nun verteilt werden können, nachdem WCK ihre Aktivitäten vorerst eingestellt hat, ist unklar. Laut der Organisation sollen ihre Mitarbeiter getötet worden sein, als das Team über 100 Tonnen Nahrungsmittel entladen hatte und verteilen wollte.

Was ist über die Toten bekannt?

Die sieben getöteten WCK-Mitarbeiter stammen aus Australien, Polen und Grossbritannien. Ausserdem befänden sich laut der Organisation ein amerikanisch-kanadischer Doppelbürger sowie ein Palästinenser unter den Toten. Bilder zeigen die Toten mit schusssicheren Westen in der Nähe von Deir al-Balah.

Der australische Ministerpräsident Anthony Albanese hat den Tod der 44-jährigen Lalzawmi Frankcom bestätigt. Seine Regierung habe gegenüber Israel gefordert, dass die Verantwortlichen für den Vorfall zur Rechenschaft gezogen werden. Polens Aussenminister bestellte als Reaktion auf den Vorfall den israelischen Botschafter ein. Die EU sowie die USA haben Israel zu einer schnellen Aufklärung des Vorfalls aufgefordert.

Exit mobile version