Ein Kollege hat drei Kinder, ich selber bin auch Mutter. In professionellem Kontext spricht er von sich gerne als «Familienvater». Kann ich ihn darauf hinweisen, dass dieser Ausdruck überholt ist, oder ist das übergriffig? – Michelle M., Basel
Liebe Michelle, der Familienvater ist ein Teil unserer sprachlichen Normalität, der in einen Abgrund blicken lässt. Erstens hat das Wort Paterfamilias-Vibes, ganz so, als wäre er das Oberhaupt von dem Laden. Gleichzeitig wird das Wort «Familie» als Ergänzung zum «Vater» benutzt, was weitere Schlüsse nahelegt: Wer Vater ist, hat nicht automatisch Familie, was allein- und getrennt erziehende Väter von sich weisen würden.
Gleichzeitig könnte gemeint sein, dass man als Vater nicht automatisch die Verantwortung für die Familie übernimmt, was zwar richtig ist, aber nichts ist, worauf man stolz sein sollte, wenn man es selber besser macht. Der «Familienvater» ist Quatsch, doch noch viel quätscher ist es, Kollegen mit kleinteiliger Stilkritik in die Defensive zu bringen. Bezeichnen Sie sich im Gegenzug als Familienmutter und bleiben Sie ernst. Sie müssen nicht den ganzen Berg abtragen, manchmal reicht es, einen Kieselstein nach dem Patriarchat zu werfen.
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