Donnerstag, Oktober 10

Kameruns Präsident Paul Biya ist 91 und hält sich am liebsten in Genf auf. Nun gibt es laute Gerüchte über sein Ableben. Dabei möchte er 2025 wiedergewählt werden.

Wo ist er? In Genf, wo er im Hotel Intercontinental Dauergast ist? In einem Spital in Frankreich? Liegt er im Koma? Ist er gar tot, diesmal wirklich?

Die Gerüchte über den Gesundheitszustand von Paul Biya jagten sich in den vergangenen Tagen. Biya ist der Präsident von Kamerun, einem zentralafrikanischen Land mit knapp dreissig Millionen Einwohnern, das er in mehr als vierzig Jahren Amtszeit heruntergewirtschaftet hat. Zuletzt wurde Biya am 8. September gesehen, als er von einem China-Afrika-Gipfel in Peking abreiste.

Mit 91 Jahren ist Biya das älteste Staatsoberhaupt der Welt. Es ist nicht das erste Mal, dass er aus der Öffentlichkeit verschwindet. Doch diesmal sind die Gerüchte lärmiger als sonst, und Politbeobachter lassen sich zitieren, etwas sei «anders». Das liegt daran, dass Biya in kurzer Abfolge drei Auftritte in Städten abgesagt hat, in denen der prunkliebende Präsident eigentlich gerne absteigen müsste: an der Uno-Generalversammlung in New York, am Gipfel der frankofonen Länder in Paris und an einer grossen Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung in Hamburg.

Mehr als viereinhalb Jahre im Ausland

Kameruns Regierung sah sich diese Woche dazu genötigt, den Mutmassungen über Biyas Zustand entgegenzutreten. Sie tat es orchestriert. Ein Sprecher sagte, die Gerüchte über den Tod des Präsidenten entsprängen «purer Phantasie». Die regierungshörige Zeitung «Cameroon Tribune» titelte wütend über «boshafte Gemüter», die «die eine Manipulation zu viel» versuchten. Es hiess, der Präsident sei in Genf und in bester Verfassung. In den nächsten Tagen werde er nach Kamerun zurückreisen.

Weil das bisher nicht passiert ist, reissen die Gerüchte nicht ab. Laut dem oft gut informierten Magazin «Jeune Afrique» befindet sich Biya tatsächlich in Genf, unter enger Beobachtung der Ärzte. Er habe gesundheitliche Probleme, deren Schwere nicht bekannt sei.

Dass der Präsident von Kamerun ausserhalb der Heimat weilt, ist an sich nicht aussergewöhnlich. Eine Recherche des «Organized Crime and Corruption Reporting Project» errechnete schon 2018, dass Biya zwischen 1983 und 2017 zusammengezählt mehr als viereinhalb Jahre im Ausland verbracht hatte. Das waren nur die privaten Reisen, die offiziellen waren nicht mitgezählt. Biyas Lieblingsdestination ist seit Jahrzehnten Genf, wo er im «Intercontinental» mit seiner Entourage angeblich jeweils den ganzen 16. Stock mietet und die Rechnung aus Säcken voller Euro-Scheine begleicht.

Nur ein Präsident regiert noch länger

Viele Kameruner halten es für beschämend, dass ihr Präsident sich bevorzugt im reichen Europa aufhält, wo die medizinische Versorgung erstklassig ist, während er es in der Heimat auch nach 42 Jahren Regierungszeit nicht geschafft hat, Spitäler aufzubauen, die die meisten Kamerunerinnen und Kameruner angemessen versorgen könnten.

Biyas lange Regentschaft ist selbst in Afrika aussergewöhnlich, wo sich viele Präsidenten für unsterblich halten. Nur Teodoro Obiang, der Diktator von Kameruns Nachbarland Äquatorialguinea, regiert noch drei Jahre länger, seit 1979. Viele Verdienste hat sich Biya in seiner Regierungszeit nicht erworben. Kamerun ist eines der ärmsten Länder der Welt, ein Konflikt mit Separatisten im anglofonen Westen des Landes hat Hunderttausende vertrieben.

Trotzdem fürchten viele, dass Biyas Tod das Land weiter destabilisieren könnte. Ein Nachfolgeplan ist nicht bekannt. Laut der Verfassung wäre der Nachfolger im Todesfall der Senatspräsident Marcel Niat Njifenji. Dieser ist 89 Jahre alt.

Sollte Paul Biya tatsächlich noch leben, deutet alles darauf hin, dass er bei der Wahl im kommenden Jahr wieder antreten wird. Eine nächste Amtszeit würde 2032 enden, wenige Monate vor Biyas 100. Geburtstag.

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