Das neue Lieblingsauto der Amerikaner ist ein Kompakt-SUV. Es wird teilweise in Kanada gefertigt – was angesichts der Zollpolitik von Präsident Trump Folgen haben dürfte.
Der ewige Regent der meistverkauften Autos in den USA ist entthront. Der Ford F-150, ein Pick-up-Modell mit viel Nutzen, solider Technik, hohem Verbrauch und günstigem Preis war der VW Golf Nordamerikas, das All American Car für den All American Driver.
Der robuste Pick-up von Ford kam 1948 erstmals als F-1 auf den Markt. Seine sechste Modellgeneration schaffte es 1977 erstmals an die Spitze der amerikanischen Pick-up-Verkäufe. Vier Jahre später wurde der Wagen zum meistverkauften Auto der USA. Dort verblieb er bis 2024, mit einer kleinen Ausnahme 2009, als die Krise der drei grössten Autohersteller Ford, GM und Chrysler den Toyota Camry für ein Jahr an die Verkaufsspitze brachte.
Wie neuste Verkaufszahlen belegen, löste 2024 nicht etwa ein anderer Pick-up wie der Chevrolet Silverado oder der GMC Sierra den Ford nach 42 Jahren an der Spitze ab, sondern ein deutlich kleineres SUV mit Hybridantrieb – und erneut aus Japan: der Toyota RAV4.
Der Datenspezialist Jato Dynamics weist in seinen Zahlen für den amerikanischen Automarkt 2024 einen Rückgang der F-150-Verkäufe um 5 Prozent aus, während die Verkäufe des Toyota RAV4 im gleichen Zeitraum um 9 Prozent anstiegen. Zwar lag das japanische SUV nur knapp hinter dem amerikanischen Pick-up, doch im vergangenen Jahr schlug der Wunsch der amerikanischen Kunden nach kompakteren Fahrzeugen ohne grosse Ladefläche und mit hybridem Antrieb erstmals am stärksten durch.
Dieser signifikante Führungswechsel bei den Autoverkäufen deutet nicht nur darauf hin, dass sich immer mehr amerikanische Kunden vom Antrieb nur mit Verbrennungsmotoren hin zur Elektrifizierung orientieren. Auch dem reinen Elektroantrieb trauen die Konsumenten in den USA noch nicht.
Zu gross ist das Bedürfnis, mit dem Fahrzeug grosse Distanzen auf amerikanischen Strassen zurücklegen zu können, ohne eine oder mehrere Pausen an der Ladestation einzulegen. Auch die von Ford und den amerikanischen Konkurrenten angebotenen Hybrid- und Elektroversionen ihrer Pick-ups konnten den Rückgang dieser Karosserievariante nicht bremsen. Offenbar ist der Pick-up-Truck nicht mehr so konkurrenzfähig wie das SUV. Auch der mit grossem Medienecho vor einem halben Jahr lancierte elektrische Tesla Cybertruck hat aufgrund seiner bisher bescheidenen Verkaufszahlen das Pick-up-Segment in den USA nicht retten können.
Der neue Spitzenreiter Toyota RAV4 ist keineswegs ein brandneues Modell. Er wurde bereits 2018 lanciert und hat die Kunden insbesondere durch seine bewährte Technik als Hybridmodell überzeugt. Die nächste Modellgeneration soll noch im Sommer 2025 auf den Markt kommen und dürfte die Verkäufe des Fahrzeugs weiter steigern.
Japaner geniessen Vertrauen bei amerikanischen Autokäufern
Neben amerikanischen Modellen haben 2024 nur japanische Fahrzeuge einen Platz in den Top Ten der Autoverkäufe in den USA ergattert. Die Verkaufszahlen für das SUV Honda CR-V stiegen im vergangenen Jahr um 11 Prozent, was ihm den dritten Platz einbrachte. Und mit dem Camry (plus 7 Prozent) und dem Corolla (plus 22 Prozent) sind zwei weitere Toyota-Modelle unter den ersten zehn.
Japanische Fahrzeuge haben sich bereits seit Jahren als Importmodelle bei den amerikanischen Käufern durchgesetzt. Hybridautos wie der Toyota Prius und der Honda CR-V sind bei den Kunden etabliert und punkten insbesondere bei der Zuverlässigkeit und der einfachen Handhabung.
Die Verkaufsstatistik zeigt einen weiteren Trend auf. Nicht nur werden die meist sperrigen Pick-up-Modelle nicht mehr so stark nachgefragt. Generell sind die amerikanischen Kunden offenbar immer häufiger an kompakteren Autos interessiert. Toyota RAV4, Tesla Model Y, Nissan Rogue und Honda CR-V sind traditionell kompakte SUV. Auch Limousinen wie der Honda Civic deuten darauf hin, dass Autos in den USA nicht primär gross und voluminös sein müssen.
Strafzölle könnten auch amerikanischen Autos schaden
Die neue Zollpolitik der Trump-Regierung dürfte die Situation deutlich verändern, und dies auch für amerikanische Marken. General Motors etwa baut seine Pick-up-Modelle Chevrolet Silverado und GMC Sierra nicht nur in den USA, sondern teilweise auch in Mexiko. Dort entstehen auch der Toyota-Pick-up Tacoma und das Ford-SUV Maverick. Es dürfte zu empfindlichen Preisaufschlägen kommen.
Auch die 2024 so erfolgreichen Toyota RAV4 und Honda CR-V werden teilweise nicht in den USA, sondern in Kanada gefertigt. Besonders hart dürften die neuen Strafzölle den Stellantis-Konzern mit seinen amerikanischen Marken Ram, Jeep und Dodge treffen. Fast ein Viertel aller Verkäufe dieser Marken entfällt bis anhin auf Fahrzeuge, die in Mexiko gebaut werden.
Schnell reagieren können die betroffenen Hersteller nicht. Zwar glauben Analysten, dass ein Teil der Produktion in Werke in den USA verlagert werden könnte. Doch dies ist mit Millioneninvestitionen verbunden, für die nicht alle Autobauer über genügend Rückstellungen verfügen.
Gleiches gilt für die Zulieferer. Der Ford-Chef Jim Farley unkte bereits im Oktober 2024 in seinem Podcast zu bevorstehenden Strafzöllen gegenüber Kanada, dass dies etwa die Produktion des F-150 innerhalb einer Stunde zum Stillstand bringen könnte: Der Sitzhersteller arbeitet an einem von dem Werk in Detroit nur 45 Minuten entfernten Standort – in Kanada.