Sonntag, November 24

Beide Staaten befürchten unter der kommenden Trump-Regierung neue Handelskonflikte und sicherheitspolitische Herausforderungen. Doch sie haben gute Argumente für eine Kooperation.

Der künftige US-Präsident Donald Trump sendet eine klare Botschaft nach Asien: Er will stärker gegen China vorgehen. Sowohl sein gewünschter Aussenminister Marco Rubio als auch sein favorisierter Sicherheitsberater Mike Waltz gelten als Hardliner gegenüber dem Land. Neue Einfuhrzölle von bis zu 60 Prozent für Produkte aus China sind im Gespräch.

In Asien geht daher die Sorge um, dass die wachsenden Spannungen den Balanceakt zwischen China und den USA noch stärker erschweren. Besonders betroffen sind die engsten asiatischen Verbündeten der USA, Japan und Südkorea, deren grösste Handelspartner China und die USA sind.

Auch sie müssen in der zweiten Amtszeit mit einer Rückkehr zu Trumps «America First»-Strategie rechnen. In der ersten Amtszeit bedeutete dies die Androhung von Importzöllen, Forderungen nach höheren Zahlungen für stationierte US-Truppen und mehr Geld für die Rüstung.

Das Problem: Niemand weiss, was dieses Mal kommt. Die grösste Sorge bleibt, dass Trump das Bündnisnetzwerk zerstört, das der scheidende Präsident Joe Biden in den vergangenen Jahren aufgebaut hat.

Dazu gehören Aukus, ein Bündnis zwischen Australien, Grossbritannien und den USA, und der Quad, der Australien, Japan und Indien umfasst. Darüber hinaus florieren zahlreiche mini-laterale Quasi-Allianzen, darunter USA-Japan-Australien, USA-Japan-Südkorea, USA-Japan-Indien und neuerdings USA-Japan-Philippinen.

Gerade für die Verbündeten stehe viel auf dem Spiel, schreibt Yuki Tatsumi, Co-Direktorin des Asien-Programms bei der amerikanischen Denkfabrik Stimson Center, in einer Analyse. Nach Trumps Wiederwahl würden sich die Verbündeten fragen, «ob diese Partnerschaften stabil genug sind, um weitere vier Jahre des ‹America First›-Ansatzes der Trump-Administration 2.0 zu überstehen».

Anders gesagt: Sollte Trump an diesen Partnerschaften rütteln, geriete die gesamte Sicherheitsarchitektur in der Region ins Wanken. Japan und Südkorea stehen als Partner der USA damit vor grossen Herausforderungen und müssen Lösungen finden.

Japan: Vom Einflüsterer Trumps zum Sorgenkind

Japans Bemühungen, an die einst guten Beziehungen zu Trump anzuknüpfen, hatten bisher keine sichtbaren Erfolge. 2016 war es dem damaligen Regierungschef Shinzo Abe gelungen, durch einen frühen Besuch bei Trump ein gutes Verhältnis zum US-Präsidenten aufzubauen und so die Auswirkungen von Trumps Attacken abzumildern.

Der neue Regierungschef Shigeru Ishiba wollte dies mit einem Besuch bei Trump Ende November wiederholen. Doch der liess den Japaner abblitzen. Ein Problem könnte die politische Schwäche Ishibas sein. Er regiert Japan mit einer Minderheitsregierung.

Tetsuo Kotani, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Japan Institute of International Affairs, sagt, dass Trump schwache Führer nicht respektiere. «Das ist nicht positiv, es könnte zu exorbitanten Forderungen kommen», sagt der Experte. Doch was droht, und was kann Ishiba tun?

Offen ist, wie viel zusätzliches Geld Trump von Japan für die stationierten US-Truppen verlangt. Er könnte auch darauf drängen, dass Japan seinen Verteidigungshaushalt deutlich über die bisher angepeilte Marke von 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht.

Trump könnte auch fordern, dass Japan mehr militärische Verantwortung in der Region übernimmt, vielleicht sogar ein klares Bekenntnis zur Verteidigung der USA abgibt. Dies wäre eine schwierige Forderung, da die japanische Verfassung das Militär bis jetzt auf die Landesverteidigung beschränkt.

In der Handelspolitik muss sich Japan auf eine zweite Verhandlungsrunde einstellen. In der ersten konnte die Regierung Importzölle auf japanische Autos verhindern. Diese Idee könnte nun erneut auf den Tisch kommen.

Ausserdem werde Trump Tokio wahrscheinlich dazu drängen, mehr in den USA zu investieren und seine Lieferkette vor dem Einfluss Chinas zu schützen, sagt die Japan-Expertin Tatsumi. «Das wird es Tokio schwierig machen, eine heikle Balance zwischen einer proaktiven Rolle als treuer Verbündeter der USA und der Vermeidung einer völligen Entfremdung von China zu finden.»

Tetsuo Kotani vom Japan Institute of International Affairs sieht dennoch Verhandlungsspielraum: «Ishiba und künftige Politiker sollten sich überlegen, was sie tun müssen, um Japans Position in Trumps Augen zu verbessern.»

Sein Vorschlag: Japan könnte zum Beispiel Trumps Vorstoss bei fossilen Brennstoffen unterstützen, indem es mehr in den USA investiert oder mehr Öl und Gas kauft. Ausserdem könnten Unternehmen mehr in den USA investieren, zum Beispiel in der Schiffsindustrie.

Während China seine Marine dank grossen Werften rasant ausbaut, leiden die USA unter Kapazitätsengpässen. Der Bau von Schiffen und Atom-U-Booten verzögere sich deshalb, sagt Kotani. Wenn die verbündeten Nationen die Schiffbauindustrie unterstützen könnten, wäre das für die nukleare Abschreckung der USA «von grosser Bedeutung».

Südkorea: Zwischen Hoffnung und Sorge

In Südkorea dominieren drei Sorgen: Erstens könnte Südkoreas grosser Handelsüberschuss von 51 Milliarden Dollar im Jahr 2023 Trump zu protektionistischen Gegenmassnahmen veranlassen. Zweitens könnte Trump Truppen abziehen. Drittens könnte er eine drastische Erhöhung der Unterstützungszahlungen für die US-Streitkräfte fordern.

Südkorea hat sich deshalb bereits mit Biden auf eine Erhöhung der Zahlungen geeinigt. Mit etwas mehr als 1 Milliarde Dollar liegt die Zahlung aber deutlich unter den von Trump im Wahlkampf geforderten 10 Milliarden Dollar pro Jahr.

Die Verhandlungen werden also für Seoul schwierig. Der Korea-Experte Victor Cha von der amerikanischen Denkfabrik CSIS schreibt in einer Analyse für den Sicherheitsberater Teneo Intelligence dennoch: «Seoul ist vor der zweiten Amtseinführung Trumps besser aufgestellt als vor der ersten.»

Statt einer linken Regierung, die eher eine Annäherung an Nordkorea suchte, regiert in Seoul der konservative Präsident Yoon Suk Yeol. Gegen innenpolitischen Widerstand hat er ein Sicherheitsbündnis mit dem ungeliebten Nachbarn Japan und den USA geschlossen.

Und was Kotani für Japan fordert, machen die Südkoreaner bereits. Ein koreanischer Konzern hat in den USA eine Werft gekauft, die früher Kriegsschiffe gebaut hat. Zudem arbeiten die USA und Südkorea daran, die südkoreanischen Werften als Wartungsstützpunkte für amerikanische Kriegsschiffe zu nutzen.

Doch wie die Verhandlungen unter Trump ausgehen werden, darauf will sich auch der Korea-Experte Cha nicht festlegen. Er sieht drei Szenarien für Südkorea:

  • Bester Fall: Die bisherige Allianz bleibt bestehen, Trump hält an der bestehenden Truppenstärke fest und akzeptiert die bisherigen Vereinbarungen.
  • Gemischter Fall: Ähnlich wie in Trumps erster Amtszeit übt er einen verstärkten Druck auf den Handel aus und fordert verstärkt Zahlungen des Gastlandes, aber die grundlegende Bündnisstruktur bleibt bestehen.
  • Schlimmster Fall: Es kommt zu einer grösseren Verschiebung der Kräfteverhältnisse, möglicherweise mit Abzug der US-Truppen. Auch Gespräche mit Kim Jong Un könnten stattfinden. Nordkoreas Machthaber akzeptiert Atomwaffen, begrenzt aber die Entwicklung von Interkontinentalraketen.

Dieser schlimmste Fall könnte enorme Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Ostasien haben. Deutliche Anzeichen eines nachlassenden Engagements der USA gegenüber ihrem Verbündeten könnten Nordkorea weiter ermutigen, meint Cha. Schon jetzt trete der Machthaber Kim – angespornt durch die Waffenhilfe und die Entsendung von Soldaten für Russlands Krieg in der Ukraine – deutlich aggressiver auf.

Ohne die Rückendeckung der USA könnten Südkoreas «strategische Eliten» dann ernsthaft über eine atomare Bewaffnung nachdenken, meint Cha. Andere Länder könnten dem Beispiel folgen und Verbündete ihre Zusammenarbeit mit den USA überdenken. Das würde das Konfliktpotenzial erhöhen.

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