Donnerstag, Oktober 31

Das ostasiatische Industrieland spielt bei der Erschliessung des Mondes ganz vorne mit. Als fünfter Nation gelingt Japan eine weiche Landung auf dem Erdtrabanten.

Um 0 Uhr 20 Ortszeit hat Japan erneut Weltraumgeschichte geschrieben. Das Raumfahrzeug Slim, kurz für «Smart Lander for Investigating Moon», setzte sanft in einem Krater auf der Mondoberfläche auf. Doch erst Stunden nach der Landung konnte der Chef der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa, Hiroshi Yamakawa, den Erfolg verkünden.

«Wir konnten bestätigen, dass es auf der Oberfläche gelandet ist», sagte Yamakawa auf einer Pressekonferenz. «Ich denke, wir haben unser Minimalziel bereits erreicht.» Japan habe damit den Weg für die Erforschung des Mondes geebnet.

Schon die nächtliche Live-Übertragung der Landung rief Begeisterung in Japan hervor. «Erfolg!!!», «Ohhhhhhh», «Glückwunsch» waren die beliebtesten Live-Kommentare auf der Videoplattform Nico Nico Douga. Das Planetarium Mantenboshi («ein Himmel voller Sterne») empfahl der Bevölkerung: «Wenn Sie heute Abend den Mond sehen, schauen Sie ihn an und denken Sie: ‹Slim ist gelandet.›»

Der Wettlauf zum Mond ist in vollem Gange

Die Freude ist verständlich. Derzeit ist ein regelrechter Wettlauf zum Mond im Gange. Nach den ersten Mondmissionen der USA und der Sowjetunion haben in den letzten Jahren China und Indien den Mond erreicht. Japan ist nun das fünfte Land, dem eine unfallfreie Landung gelungen ist. Mehr noch: Slim ist eine Vorbereitungsmission für die erste bemannte Mondlandung des internationalen Artemis-Programms der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa, die für 2026 geplant ist.

Das japanische Projekt hat dafür zwei Pioniertaten geplant. Der Programmleiter Shinichiro Sakai sagte vor der Landung: «Wir haben Slim mit dem Ziel entwickelt, maximal 100 Meter vom Ziel entfernt zu landen.» Keine Mission zuvor sei so präzise gelandet. Der Spitzname der Sonde lautet deshalb «Moon Sniper» («Mond-Scharfschütze»).

Die Technologie soll es zukünftigen Missionen ermöglichen, gezielt Bodenproben zu sammeln. In der kommenden Woche will Jaxa nach Auswertung der Daten bekanntgeben, ob dieses Ziel erreicht wurde. Ausserdem wurde ein Landeplatz mit Gefälle ausgewählt, denn die Forscher wollen künftig auch in schwierigerem Gelände als bisher landen können. Zudem werden Daten von zwei erfolgreich abgesetzten kleineren Sonden zusätzliche Informationen über die Mondoberfläche liefern.

Offen ist, wie lange Slim im Einsatz sein wird. Geplant sind mehrere Tage, bis die Solarzellen wegen der hohen Temperaturen auf der Mondoberfläche ausfallen werden. Nach der Landung hätten sie jedoch noch keinen Strom produziert, sagte der Jaxa-Chef Yamakawa. Sein Team hoffe, dass sich das im Laufe des Mondtages mit einem anderen Sonnenstand ändere. Andernfalls könne die Batterie der Sonde nur für wenige Stunden Energie liefern.

Japan will einen Spitzenplatz in den Sternen

Japan unterstreicht mit der Mondmission seinen Willen, im immer härter werdenden Wettbewerb im All ganz vorne mitzuspielen. Dabei kann das Land auf eine lange Erfolgsgeschichte zurückblicken. Jaxa hat nicht nur eigene Trägerraketen entwickelt. Mit der Sonde Hiten schickte Japan 1990 als drittes Land ein Raumschiff in eine Umlaufbahn um den Mond.

Im Jahr 2007 führte Japan die erste Mondmission seit dem amerikanischen Apollo-Programm durch, das 1969 in der ersten bemannten Mondlandung gegipfelt hatte. Die mit 13 Instrumenten und 2 Videokameras ausgestattete Sonde Kaguya vermass nicht nur die Mondoberfläche für zukünftige Flüge. Der Fernsehsender NHK übertrug damals auch hochauflösende Bilder aus dem All. Am berühmtesten wurde die Sequenz eines Erdaufgangs über dem Mondhorizont. Zum Abschluss liessen die Ingenieure die Sonde in einen Krater stürzen.

Auch zwei Hin- und Rückflüge zu Asteroiden inklusive Landung, Probenentnahme und Lieferung des Sternenstaubs zurück zur Erde sind der Jaxa bereits gelungen. Hayabusa hiess die Mission. Darüber hinaus plant Jaxa einen ersten Flug zu den Marsmonden Phobos und Deimos, um dort Proben zu sammeln und zur Erde zurückzubringen. Mit an Bord ist der deutsch-französische Rover Idefix, der auf Phobos landen soll.

Die Marsmission ist ein Beispiel für japanische Missionen. Anders als China und Indien setzt Japan auf internationale Kooperationen. Nach amerikanischen Astronauten sollen auch Japaner zum Erdtrabanten fliegen, immer mit dem Fernziel, eine bemannte Mondbasis zu errichten. China hofft, bis 2030 ebenfalls Menschen auf den Mond zu schicken, Indien will bis 2040 folgen.

Nicht nur die staatliche Raumfahrtagentur Jaxa treibt dabei die Entwicklung voran, sondern auch die Privatwirtschaft. Im vergangenen Jahr versuchte das japanische Weltraum-Startup Ispace als erstes Unternehmen, auf dem Mond zu landen. Die Mission endete zwar mit einer Bruchlandung. Doch Ispace arbeitet weiter an seinem Ziel, sich als führendes Logistikunternehmen für regelmässige Mondflüge zu etablieren. Mit an Bord sind japanische Versicherungsunternehmen, die bereits Versicherungen für Mondtransporte entwickeln.

Doch der internationale Konkurrenzdruck wächst. Anfang des Jahres kündigte Südkorea ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm an. Bis 2045 will die Regierung eine Raumfahrtindustrie mit rund 2000 Unternehmen und 500 000 Beschäftigten aufbauen. Offizielles Ziel ist ein Weltmarktanteil an der globalen Raumfahrtindustrie von immerhin 10 Prozent.

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