Freitag, Februar 21

Der argentinische Präsident hat seinen Namen für eine Betrugsmasche hergegeben: Jemand sollte ihn vor sich selbst schützen.

Präsident Javier Milei hat viele Feinde. Weil sein radikal-liberales Regierungsprogramm im heruntergewirtschafteten Argentinien erste Früchte trägt, findet die Opposition bis anhin kein Rezept gegen den Reformer. Doch nun wittert sie Morgenluft.

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Milei bietet seinen Gegnern völlig ohne Not eine grosse Angriffsfläche. Er sieht sich mit Klagen wegen Betrugs konfrontiert. Es gibt Forderungen nach einem Amtsenthebungsverfahren.

Was ist passiert? Milei unterstützte in einem Tweet den Meme-Coin Libra, dessen Entwickler er offenbar letzten Sommer kennengelernt hatte. Im Glauben, damit etwas Gutes für die argentinische Wirtschaft zu tun, das behauptet zumindest Milei selbst.

95 Prozent verloren

Der Wert von Libra stieg dank dem präsidialen Sukkurs stark an, fiel dann aber wenige Stunden nach Lancierung um 95 Prozent. Alles deutet auf eine jener Betrugsmaschen hin, die sich bei sogenannten Meme-Coins häufen.

Dabei handelt es sich um Kryptowährungen, die einen Witz darstellen. Sie haben keinen wirklichen Nutzen oder Wert, sondern eignen sich bloss zur Spekulation. Manche reden im Zusammenhang mit Meme-Coins von «finanziellem Nihilismus» oder Shitcoins. Diese tragen oft bezeichnende Namen wie Fartcoin oder Peanut the Squirrel.

Einen Meme-Coin zu erstellen, dauert bloss einige Minuten, ist denkbar billig und erfordert auch keine Programmierkenntnisse. Kein Wunder stehen Betrüger Schlange, um sich in diesem weitgehend unregulierten Bereich zu bereichern. Wie man ahnungslose Meme-Coin-Anleger über den Tisch zieht, dazu gibt es im Internet detaillierte Handlungsanweisungen.

Erst erzeugen die meist anonymen Entwickler einen Hype um ihr Projekt. Wenn der Wert steigt, ziehen sie sich plötzlich zurück, ziehen alle Liquidität ab und nehmen das investierte Geld mit. Die Anleger bleiben auf ihren wertlosen Coins sitzen. Die Masche ist mittlerweile so etabliert wie die E-Mails von nigerianischen Prinzen oder die SMS, die auf Pakete hinweisen, die angeblich nicht zugestellt werden können.

Der Werbeeffekt eines präsidialen Tweets, der einen Meme-Coin unterstützt, ist da natürlich Gold wert. Was immer Milei geritten hat, lässt ihn jetzt denkbar schlecht aussehen.

Wissen Mileis Berater nicht, was in der Welt gerade geschieht?

Weil derzeit nichts darauf hindeutet, dass sich der Präsident persönlich bereichert hat, muss man sich fragen: Wie naiv darf ein Staatsoberhaupt sein? Hat Milei keine Berater, die wissen, was in der Welt gerade geschieht, und den Präsidenten vor der eigenen Ahnungslosigkeit schützen?

Das Internet ist voller Geschichten über Meme-Coins, deren Kurs während einiger Stunden wundersam ansteigt und dann ins Bodenlose stürzt. Ein gewisser Donald Trump hat zum Beispiel vor kurzem den Shitcoin $Trump lanciert. Dieser kletterte bis auf 15 Milliarden Dollar. Jetzt ist er noch 3,4 Milliarden Dollar wert. Bei $Melania, dem Meme-Coin der Präsidentengattin, kam es noch zu einem viel krasseren Kurszerfall.

Ein Präsident, der seine Bürger in die Phishing-Falle führt

Der Präsident der Zentralafrikanischen Republik, Faustin-Archange Touadéra, behauptete auf seinem offiziellen X-Account, die Regierung habe einen experimentellen Token eingeführt, um «die Menschen zu vereinen» und «die nationale Entwicklung zu unterstützen». Viele Websites, die Anleger auf diesen $CAR hinwiesen, führten direkt in eine Phishing-Falle.

Haliey Welch, die letztes Jahr mit einem viral gegangenen Youtube-Video als Hawk-Tuah-Girl bekannt wurde, lancierte im Dezember den Hawk-Tuah-Token. Er erreichte innerhalb weniger Stunden eine Marktkapitalisierung von fast 500 Millionen Dollar und stürzte am Folgetag um 90 Prozent ab. So wie zuvor schon die Projekte verschiedener Pop-Stars von Jason Derulo bis Cardi B.

Grundsätzlich brauchen die Käufer von Meme-Coins weder staatlichen Schutz noch unser Mitleid. Jeder soll mit seinem Geld machen können, was er will. Man kann es ja auch einfach anzünden, solange das Haus nicht mit abbrennt.

Oralsex-Memes sind nicht so werthaltig

Wer den Hawk-Tuah-Token kaufte, erwarb den Coin einer jungen Frau, die mit ihren Oralsex-Geräuschen zu einem Meme wurde. Man braucht keinen Uni-Abschluss, um zu merken, dass da nicht viel innerer Wert vorhanden ist.

Doch wenn Präsidenten solche Projekte lancieren oder sie kraft ihres Namens unterstützen, ist eine Grenze überschritten. Es handelt sich um einen Schlag ins Gesicht von Anlegern, die vermuten dürfen, dass ihr Staatsoberhaupt weder ein Depp noch ein Betrüger ist.

Vor allem stellt das eine Schmach für all die Jungunternehmer und Entwickler dar, die Jahre ihres Lebens in Blockchain-Projekte gesteckt haben, die einen Mehrwert für die Gesellschaft generieren. Sie sind es, welche die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit verdienen, nicht die Krypto-Aktivitäten von Milei, Trump, Touadéra und Co.

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