Samstag, Oktober 5

Einige Wochen vor dem Hochwasser im Wallis kommt eine Analyse zum Schluss: Das Projekt zur dritten Rhonekorrektion sei unverhältnismässig und teuer. Nun nimmt Staatsrat Franz Ruppen Stellung.

Bereuen Sie den Entscheid, die dritte Rhonekorrektion zu redimensionieren?

Es gab nie einen Entscheid, das Projekt zu redimensionieren, und schon gar nicht, es zu sistieren, wie das einige Medien behauptet haben. Wir haben eine Analyse bestellt, um die dritte Rhonekorrektion, die vor 24 Jahren aufgegleist wurde, zu überprüfen und zu schauen, ob sie noch den heutigen und zukünftigen Herausforderungen entspricht. Das kantonale Gesetz über Naturgefahren und Wasserbau sieht vor, dass grössere Projekte periodisch angeschaut werden müssen. Es ist ein sehr unglücklicher Zufall, dass das Unwetter so kurz nach unserer Präsentation der Analyse stattfand – es gibt aber keinen Zusammenhang.

Basierend auf dieser Analyse hat der Staatsrat allerdings beschlossen, eine Revision des Projekts einzuleiten. Damit treten Sie auf die Bremse.

Wir wollen mit der Analyse im Gegenteil die Umsetzung der Massnahmen beschleunigen. Oberstes Ziel ist die Sicherheit. In den nächsten eineinhalb Jahren wird die Dienststelle Naturgefahren sich damit auseinandersetzen, welche Änderungen und Anpassungen es braucht. Die Sicherungsarbeiten in mehreren Sektoren und die verschiedenen Massnahmen wurden seit 2022, als wir die Analyse in Auftrag gegeben haben, aber unverändert weitergeführt. Das Hochwasser vom letzten Wochenende hat gezeigt, dass die Problemzonen immer noch die gleichen sind wie beim Hochwasser 2000. Jetzt müssen wir vorwärtsmachen.

Der Bund hat aber bereits Zahlungen suspendiert.

Wir haben einen Verpflichtungskredit, der Bund leistet die Zahlungen erst, wenn die Massnahmen abgeschlossen sind. Ein Teil dieser Gelder ist gesichert. Die Subventionen für sieben Vollzeitstellen für das Projekt Rhone 3 hat das Bundesamt für Umwelt suspendiert. Dabei handelt es sich um Kantonsangestellte, wir zahlen sie also weiter. Das Bundesamt für Umwelt will nun wissen, wie das Projekt weitergeführt wird. Was ich sagen kann: Es wird nicht zu einer kompletten Neuausrichtung kommen, wir schmeissen nicht einfach alles in den Kübel. Einen grossen Teil der Ergebnisse aus den Studien, die im Vorfeld gemacht worden sind, werden wir wiederverwenden können.

Geht es noch um sicherheitstechnische und ökologische Gründe, oder ist die Debatte um die Rhonekorrektion nun vor allem politisch?

Die Debatte war sehr lange politisch, bis zur Volksabstimmung über die Schaffung eines Fonds zur Finanzierung des Projekts Rhone 3 im Jahr 2015. Jetzt wurde die Debatte wieder politisiert – aber die Realität vor Ort ist technisch und wissenschaftlich.

Reden wir über das Technische. Sie hatten in der Woche vor dem Hochwasser gesagt, die Hauptprobleme kämen von den Nebenflüssen, nicht der Rhone selbst. Am Wochenende war das Gegenteil der Fall.

Das Problem sind immer noch die Seitenflüsse, die schliesslich auch die Rhone speisen. Von Goms über das Saastal und Zermatt bis ins Val d’Anniviers oder Val de Bagnes haben die Seitenflüsse sehr viele Schäden angerichtet. Deshalb benötigen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nebst der Rhonekorrektion braucht es die Sicherung der Seitenbäche sowie auch organisatorische Massnahmen, etwa die Bewirtschaftung von Stauseen und neue Stauseen wie zum Beispiel das Gornerli in Zermatt. Wäre dort das Wasser zurückbehalten worden, hätten wir einen sehr grossen Teil der Schäden verhindern können. Kurzfristig ist das jedoch nicht realisierbar. Was weiterhin erste Priorität hat, ist die Sicherheit von Personen und Gütern.

Für das Industriegebiet bei Siders/Chippis waren prioritäre Massnahmen bereits 2008 beschlossen worden. Die Überschwemmung hat dort für grosse Schäden gesorgt. Wieso war dort nichts gemacht worden?

Das müssen Sie meine Vorgänger fragen. Ich habe das Projekt Mitte 2021 übernommen. Es hatte verschiedene Einsprachen gegeben, aber es wurde keine Einigung gefunden. Zudem hat vor zwei Jahren der neue Chef der Dienststelle Naturgefahren, Raphaël Mayoraz, festgestellt, dass Zusatzstudien bezüglich des Grundwassers und einer Schadstofffahne nötig seien. Diese Studien haben wir gemacht, nun sind wir daran, basierend auf diesen Ergebnissen ein Projekt auszuarbeiten – wir sind in der Endphase. Gestützt auf die polizeiliche Generalklausel müssen nun aber zuerst Sofortmassnahmen umgesetzt werden, um den Standort zu sichern, wie zum Beispiel die Erhöhung der zwei Brücken zwischen Siders und Chippis.

Befürchten Sie, dass die Überschwemmungen in den Firmen Constellium und Novelis grosse internationale Unternehmen davon abschrecken, sich im Wallis zu etablieren?

Das Wallis ist bekannt dafür, dass wir Unternehmen eng begleiten, vor allem auch durch unseren Wirtschaftsminister Christophe Darbellay. Mit Constellium und Novelis sind wir ebenfalls in engem Kontakt, ich war diese Woche bei Novelis vor Ort. Wir bemühen uns, dass die bereits ansässigen Firmen ihre Tätigkeit rasch wieder aufnehmen können. Gleichzeitig überlegen wir, wie wir etwa die Industriezone der Gemeinden Steg-Hohtenn, Niedergesteln und Gampel-Bratsch sowie das Gelände der ehemaligen Tamoil-Erdölraffinerie in Collombey-Muraz entwickeln können. Für den Entscheid, sich im Wallis zu etablieren, sind nebst der Sicherheit auch andere Faktoren für Unternehmen wichtig, wie etwa die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, verfügbarer Wohnraum oder das verfügbare Land.

Eine Arbeitsgruppe wird die Projektüberarbeitung behandeln. Wer ist Teil davon?

Von der Dienststelle Naturgefahren sind dies der Dienstchef, sein Adjunkt sowie ein Mitglied der Sektion Rhone und Genfersee. Im Weiteren ein Mitglied des Steuerungskomitees Rhone 3, das sich aus den betroffenen Dienststellen des Kantons Wallis zusammensetzt. Ergänzt werden sie mit je einem Vertreter vom Bundesamt für Umwelt sowie vom Kanton Waadt, was die gemeinsamen prioritären Massnahmen im Chablais betrifft.

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