Mittwoch, Oktober 9


Mode-Trend

Luxuslabels zeigen vermehrt Hosenröcke in ihren Herrenkollektionen. Der Look fügt sich in den Trend zu genderfluider Kleidung für Männer, die sich nicht mehr um traditionelle Geschlechterkategorien in der Mode scheren.

Mode liebt das Extreme, doch manchmal öffnet sie sich auch den Dingen, die irgendwo dazwischen liegen. Kitten-Heels, Bermuda-Shorts, Capri-Hosen – die Modegeschichte ist voll von Entwürfen, die eine Art Kompromiss zwischen verschiedenen Längen und Silhouetten darstellen. Einer, der zunehmend wieder auf den Laufsteg drängt und den Weg besonders in die Kleiderschränke der Männer finden will, ist der Hosenrock.

Auf Englisch «Skort» genannt, präsentiert sich das Kleidungsstück als Hybrid aus Rock und einer kurzen bis knielangen Hose, der zwar einen Schlitz zwischen den Beinen aufweist, aber aufgrund des weiten Schnitts um den Körper flattert wie ein Rock. Während der Männerschauen für den kommenden Herbst tauchte der «Skort» auffällig oft in verschiedenen Kollektionen auf.

So präsentierte Fendi eine royalblaue Version mit Falten zu hohen derben Stiefeln kombinierte. Pharrell Williams’ Kollektion für Louis Vuitton, die aufgrund der etwas kitschverliebten Cowboy-Thematik für Aufsehen sorgte, stellte Hosenröcke für Männer und Frauen vor, die bei manchen Looks lange Hosen darunter trugen. Eine karierte Version von Comme des Garçons Homme Plus erinnert an Kilts, und der Brite S. S. Daley ersetzt mit einem Skort die Hose zum Anzugblazer.

Stereotypen hinterfragen

Als Look dürfte der Durchschnittsmann solche Outfits noch als gewagt empfinden, dabei waren es Frauen, die mit dem Hosenrock zunächst Kleidertabus brachen. Im späten 19., frühen 20. Jahrhundert experimentierten manche Modemacher wie Paul Poiret mit rockähnlichen Hosen für Frauen, die zu dem Zeitpunkt ihre Beine natürlich unter langen, ausstaffierten Röcken versteckten, um die gängigen Anstandsregeln und Geschlechterrollen zu respektieren.

Manche Frauen widersetzten sich dem aus rein praktischen Gründen: Zur gleichen Zeit etablierte sich das Fahrrad als beliebtes Fortbewegungsmittel auch unter Frauen, und so gab es zum Beispiel in Hamburg einen Radfahrerklub namens «Wanderlust», weswegen weibliche Mitglieder Hosenröcke trugen, um leichter in die Pedale treten zu können. Der Hosenrock schaffte es damals lange nicht in den Mainstream, aber er nahm vorweg, dass auch Frauen bald mit dem Tragen von Hosen mehr Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmung für sich einforderten.

Heute sind es Männer, die mit der Wahl ihres Beinkleides gängige Normen und Stereotype hinterfragen. So gilt zum Beispiel der Rock, der schon seit vielen Jahren von Celebrities auf dem roten Teppich getragen wird und immer öfter auch auf der Strasse zu sehen ist, in den Augen vieler gar nicht mehr als besonders provokant – was soll man auch sagen, wenn sich sogar Brad Pitt als Fan outet?

Ebenso unangepasst wirkten lange extrem kurze Shorts, die seit einigen Saisons regelmässig in den Kollektionen der Luxusmarken auftauchen. Männer werden mehr dazu ermuntert, ihren Körper zu zeigen oder ihn einfach anders einzukleiden, mit fluider Mode, die nicht zwischen Geschlechterkategorien unterscheidet. So zum Beispiel auch mit bauchfreien Tops, Kleidern oder Ballerina-Schuhen.

Der «Skort» dürfte in dem Kontext für viele Männer, die sich noch an diese Looks herantasten, besonders tragbar aussehen. Eine knielange Version, die in Verbindung mit einem Sakko und hohen Stiefeln getragen wird, setzt ein modisches Statement und orientiert sich gleichzeitig an den Silhouetten der klassischen Herrenschneiderei. Wie viele Kleidungsstücke, die für sich allein genommen erst mal ungewohnt erscheinen, kann auch ein Hosenrock so interpretiert und getragen werden, dass er gar nicht mehr so einschüchternd wirkt. Umso besser, dass man damit auch gut Fahrrad fahren kann.

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