Die neusten Entwicklungen

Nach einem jahrelangen Rechtsstreit und fünf Jahren in britischer Haft darf der Wikileaks-Gründer in sein Heimatland Australien zurückreisen. Warum war er in Haft? Und wie geht es nun weiter?

Julian Assange verlässt das Gericht in Saipan nach der Gerichtsverhandlung am 26. Juni als freier Mann.

Samantha Salamon / EPA

Die neusten Entwicklungen

  • Julian Assange hat sich am Mittwoch (26. 6.) vor dem US-Gericht in Saipan im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen in einem Anklagepunkt schuldig bekannt und beendete so einen jahrelangen Rechtsstreit. Nach der Anhörung auf den Nördlichen Marianen, eine US-Inselgruppe im Westpazifik, muss er keine weitere Haftstrafe antreten. Die zuständige Richterin Ramona Manglona sagte nach Angaben der anwesenden Reporter, Assange könne «den Gerichtssaal als freier Mann verlassen». Assange ist auf dem Weg Richtung Heimat und landet voraussichtlich am Abend (Ortszeit) in der Hauptstadt Canberra. Zum Bericht
  • Nach seiner Freilassung aus britischer Haft ist der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, für einen Gerichtstermin in einem US-Aussengebiet im Westpazifik eingetroffen. Das gecharterte Flugzeug mit Assange an Bord sei am frühen Mittwochmorgen (26. 6.) auf der Insel Saipan gelandet, teilte Wikileaks auf der Plattform X mit. Die Insel gehört zu den Nördlichen Marianen und steht unter Hoheit der USA. Assange sollte dort vor Gericht erscheinen, um eine Vereinbarung mit der US-Justiz zu besiegeln, mit der er am Ende auf freien Fuss kommen soll.
  • Laut Angaben von Wikileaks ist Assange aus dem Gefängnis in London entlassen worden und aus Grossbritannien ausgereist. Die Organisation veröffentlichte am Dienstag (25. 6.) ein Video, das zeigt, wie Assange am Vortag in London in ein Flugzeug gestiegen ist. Eine offizielle Bestätigung der britischen Behörden steht noch aus.
  • Am Montag (24. 6.) sind Gerichtsakten der amerikanischen Behörden publik geworden, aus denen hervorgeht, dass Assange einem Deal mit dem US-Justizministerium zugestimmt hat. Assange will sich laut den Unterlagen in der Nacht zum Mittwoch vor einer amerikanischen Bundesrichterin einer Straftat schuldig bekennen. Der Prozess findet in Saipan, der Hauptstadt und grössten Insel des US-Territoriums Nördliche Marianen, statt. Damit würde Assange einer weiteren Haft in den USA entgehen. Ein amerikanisches Gericht muss die Einigung allerdings noch bestätigen.
  • Assange war vor fünf Jahren in Grossbritannien festgenommen worden. Mitte April hatte US-Präsident Joe Biden erstmals den Verzicht auf eine Auslieferung an die USA angedeutet. Der australische Ministerpräsident Anthony Albanese forderte die Rückkehr des Australiers in seine Heimat. Biden sagte damals, die USA würden das erwägen.

Julian Assange befindet sich derzeit auf dem Weg zu einem Gericht auf der Pazifikinsel Saipan. Er wird sich dort am Mittwoch, 26. Juli in einem Punkt der Anklage, der Verletzung des amerikanischen Spionage-Gesetzes, schuldig bekennen. Damit wird seine Inhaftierung in Grossbritannien beendet und er kann voraussichtlich nach Australien zurückkehren.

Saipan ist die Hauptstadt der Nördlichen Marianen, einem amerikanischen Aussengebiet im Pazifik. Die Nördlichen Marianen sind Teil der USA, ohne den vollen Status eines Staates zu haben. Laut amerikanischen Staatsanwälten wollte Assange vor einem Gericht in der Nähe seines australischen Wohnsitzes erscheinen, nicht aber auf dem amerikanischen Festland.

Die US-Justiz wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von amerikanischen Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von amerikanischen Informanten in Gefahr gebracht. Die US-Anklage enthält 18 Punkte, die sich theoretisch zu einer maximalen Haftstrafe von 175 Jahren aufsummieren hätten können.

Im Wesentlichen werden Assange drei Komplexe von Straftaten vorgeworfen. Erstens habe er in einer Verschwörung zusammengearbeitet. Dies mit der damaligen Mitarbeiterin von amerikanischen Sicherheitsdiensten, Chelsea Manning, welche die geheimen Daten gestohlen habe. Assange habe sich zum Komplizen des Datendiebstahls gemacht. Zweitens habe er Manning zum Hacking angestachelt. Drittens habe Assange in verantwortungsloser Weise das Leben zahlreicher Menschen in Gefahr gebracht, indem er Geheimakten veröffentlicht habe, ohne Identifikationsmerkmale zu verdecken.

Im Fall von Julian Assange wurde mehrere Jahren über eine mögliche Auslieferung des Wikileaks-Gründer von Grossbritannien in die USA gestritten. Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung 2021 zunächst untersagt. Das Berufungsgericht hob dieses Verbot im Dezember 2021 aber auf, woraufhin ein formeller Auslieferungsbeschluss erlassen wurde. Der Wikileaks-Gründer legte gegen die Auslieferung Berufung ein.

Diesen Februar fand vor dem High Court in London eine zweitägige Anhörung statt. Im März entschied das Gericht, dass der Wikileaks-Gründer nicht unmittelbar an die USA überstellt werden darf. Der High Court in London verlangte von den USA vor einer Auslieferung Zusicherungen, dass Julian Assanges Recht auf Meinungsäusserung gewahrt bleibt und dass ihm nicht die Todesstrafe droht.

Assanges Unterstützer sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte. «Wenn die USA erfolgreich sind, wird das alarmierende Konsequenzen für die Pressefreiheit haben. Bei diesem Fall geht es nicht nur um Assange, sondern um das Recht aller Journalisten, ihre Arbeit zu tun, und um das Recht der Öffentlichkeit, sich zu informieren», sagte die Londoner Vertreterin von Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent, 2021 gegenüber der Nachrichtenagentur DPA.

Auch der Schweizer Nils Melzer setzte sich als Uno-Sonderberichterstatter über Folter für Julian Assange ein. Er äusserte die Befürchtung, dass Assange in einem Schauprozess zu lebenslanger Haft unter folterähnlichen Bedingungen verurteilt werden könnte, sollte er in die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden. Dabei habe er sich durch seine spektakulären Enthüllungen nicht strafbar gemacht, sein Tun sei durch die Pressefreiheit geschützt.

Die Justiz-Odyssee um Julian Assange begann im Jahr 2010. Kurz nach Veröffentlichung der Wikileaks-Beiträge erliess Schweden einen internationalen Haftbefehl gegen Assange, weil zwei Frauen ihm Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen hatten. In Grossbritannien, wo Assange sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt, lebte er zunächst im erweiterten Hausarrest. Einem rechtskräftigen Auslieferungsbeschluss an Schweden entzog er sich durch die Flucht in die Botschaft Ecuadors in London, das ihm 2012 politisches Asyl gewährte.

Weil die britischen Behörden ihn nicht nach Ecuador ausreisen liessen, lebte Assange in der Folge sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London, 2017 erhielt er sogar die Staatsbürgerschaft. Später kam es allerdings zu Spannungen zwischen dem Präsidenten in Quito und Assange. Die ecuadorianische Regierung kassierte 2019 den Asylstatus wieder, und Assange wurde wegen des Verstosses gegen Kautionsauflagen von der britischen Polizei festgesetzt. 2021 wurde ihm schliesslich auch die ecuadorianische Staatsbürgerschaft wieder entzogen.

In Grossbritannien wurde er daraufhin wegen des Verstosses gegen die Kautionsauflagen zu fünfzig Wochen Haft verurteilt. Diese Haftstrafe hat er abgesessen, auch das schwedische Verfahren gegen ihn ist eingestellt worden. Weil die USA allerdings in der Zwischenzeit ihre Anklage gegen Assange veröffentlicht und deutlich verschärft hatten, kam er in Auslieferungshaft. Zwischen April 2019 und Juli 2024 sass Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Seine langjährige Partnerin Stella, die er 2022 hinter Gefängnismauern geheiratet hatte, machte immer wieder auf seinen psychisch und physisch kritischen Gesundheitszustand aufmerksam.

Im Jahr 2006 gründete Assange die Enthüllungsplattform Wikileaks, gemeinsam mit chinesischen Dissidenten, Hackern aus den USA und Europa und Informatikern aus Australien und Südafrika. Den ersten international vielbeachteten Coup landet Wikileaks 2008 mit der Veröffentlichung von 200 Seiten Material über eine spezielle Gruppe in der Scientology‐Sekte, die unter dem Namen «Office of Special Affairs» bekannt ist.

Ab März 2010 veröffentlichte Wikileaks geheime Militärdokumente und Videos zu den internationalen Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan, die die Whistleblowerin Chelsea Manning besorgt hatte. Dies deckte neben sehr viel Belanglosem auch Völkerrechtsverletzungen amerikanischer Truppen auf. Unvergessen bleibt das Video aus einem amerikanischen Kampfhelikopter, das die brutale Erschiessung von Zivilisten in Bagdad zeigte.

Die Veröffentlichungen zogen Proteste und diplomatische Verwicklungen nach sich. Für Kritik sorgte vor allem die unzureichende Bearbeitung des Materials. So wurden keine Namen in den diplomatischen Depeschen geschwärzt, die betroffenen Regierungen konnten also die Namen von Informanten der amerikanischen Botschaften enttarnen.

Mit Agenturmaterial.

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