Der Gründer der Internet-Plattform Wikileaks darf von Grossbritannien in sein Heimatland Australien zurückreisen – nachdem er in einen Deal mit dem amerikanischen Justizministerium eingewilligt hat. Damit entgeht Julian Assange einer Gefängnisstrafe in den USA.

Julian Assange gibt auf. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit will der Gründer der Internet-Plattform Wikileaks sich angeblich in der Nacht auf Mittwoch (Schweizer Zeit) vor einer amerikanischen Bundesrichterin in Saipan, der Hauptstadt und grössten Insel des US-Territoriums Nördliche Marianen, einer Straftat für schuldig bekennen. Im Gegenzug wird das Justizministerium es dem gebürtigen Australier erlauben, nach Abschluss der Gerichtsprozedur von der Pazifik-Insel aus in sein Heimatland Australien weiterzureisen. Dies ist Gerichtsakten zu entnehmen, die am Montagabend in Washington publik wurden.

Ein Video, das Wikileaks auf der Plattform X in der Nacht auf Dienstag veröffentlichte, bestätigte diese Regierungsakten. Es zeigte Assange, wie er am Montagnachmittag (Lokalzeit) am Londoner Flughafen Stansted ein Flugzeug betrat. Seine Gattin Stella schrieb in einer separaten Nachricht: «Julian ist frei!!!!»

Die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden werfen Assange vor, mehrfach gegen ein Anti-Spionagegesetz verstossen zu haben, das die Weiterverbreitung von Geheimdokumenten unter Strafe stellt. Der gebürtige Australier hatte von 2009 bis 2011 auf Wikileaks gegen 750 000 Regierungsakten veröffentlicht, die er von Chelsea Manning erhalten hatte. Manning leistete 2009 für das Heer der amerikanischen Streitkräfte Dienst im Irak und sammelte Material über angebliche Missetaten der Armee.

Assange stellte sich auf den Standpunkt, er sei bei der Veröffentlichung dieser häufig als geheim eingestuften Dokumente wie ein Journalist vorgegangen. Die amerikanische Seite bestritt dies aber entschieden, auch mit Verweis auf frühere Hacker-Tätigkeiten des Australiers. Das amerikanische Justizministerium behauptete, der heute 52 Jahre alte Assange habe gegen 18 Straftaten begangen. Sie forderten eine jahrelange Gefängnisstrafe.

Mehr als 5 Jahre lang in Auslieferungshaft

Ein zähes Hin und Her begann; vor ziemlich genau 12 Jahren suchte Assange Zuflucht in der Botschaft von Ecuador in Grossbritannien. Dort versteckte er sich nicht nur vor dem amerikanischen Justizministerium, sondern auch vor den schwedischen Ermittlungsbehörden. Diese hatten ein Verfahren wegen sexueller Nötigung gegen Assange eröffnet und die Auslieferung von Assange verlangt. (Diese Ermittlungen wurden im November 2019 eingestellt.)

Im April 2019 warf Ecuador den prominenten Flüchtling aus der Botschaft, nachdem es in Quito zu einem Machtwechsel gekommen war. Assange, der in London von Scotland Yard in Gewahrsam genommen wurde, wehrte sich in der Folge (beharrlich und recht erfolgreich) gegen eine Auslieferung in die USA.

Damit verschaffte er sich in rechten amerikanischen Kreisen eine gewisse Portion Respekt – wohl auch, weil Assange auf seiner Internet-Plattform bevorzugt den damaligen Präsidenten Barack Obama blossstellte. Die Demokraten wiederum werden es Assange nie verzeihen, dass er in der heissen Phase des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 vertrauliche E-Mails aus dem Umfeld von Hillary Clinton publizierte.

Dass es nun ausgerechnet der demokratische Präsident Joe Biden ist, der in einen Deal mit Assange einwilligte, ist deshalb der perfekte Schlussstrich unter eine komplexe Affäre. Amerikanische Medien berichteten, dass Assange auf den Nördlichen Marianen zu einer Gefängnisstrafe von etwas mehr als 5 Jahren verurteilt werde. Weil er aber (gemäss eigener Berechnung) 1901 Tage in Auslieferungshaft sass, ist er aller Wahrscheinlichkeit ab Mittwoch ein freier Mann.

Exit mobile version