Freitag, Februar 21

Die Erwerbsquote von Menschen Anfang 20 ist laut einer Studie so hoch wie letztmals in den Neunzigern. Grund dafür könnten teurere WG-Zimmer sein.

Wenn es etwas gibt, worin ältere Generationen sich einig sind, dann ist es das: Früher war alles besser. Vor allem die Arbeitsmoral. Die Jüngeren sind immer fauler, als man selbst es einst war, und so schlimm wie heute war es noch nie. Vor allem die Generation Z, Menschen mit Geburtsjahr 1995 und jünger, will kaum mehr arbeiten – zumindest sagen das alle.

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Eine Studie aus Deutschland scheint dieses Klischee nun zu widerlegen: Laut einer Auswertung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten junge Menschen so viel wie lange nicht mehr – genauer gesagt so viel wie letztmals 1995.

Millennials brachten den Tiefstand

Das Institut hat die Entwicklung der Erwerbsquote der 20- bis 24-Jährigen in den Blick genommen, also den Anteil der Menschen in dieser Altersklasse, die sich am Erwerbsleben beteiligen. Von 1995 bis 2015 ist diese Erwerbsquote kontinuierlich gesunken – also während der Zeit, in der die Generation X und die Millennials in den Arbeitsmarkt eintraten. Ihren Tiefstand erreichte sie in den Jahren 2012 bis 2014 mit 70,2 Prozent.

Seit 2015 steigt der Anteil der 20- bis 24-Jährigen, die arbeiten, wieder an. In jenem Jahr traten die ersten jungen Menschen, die zur Generation Z gezählt werden, in diese Alterskohorte ein. 2023 betrug die Erwerbsquote 76 Prozent und erreichte damit wieder das Niveau von 1995. Und das, obwohl heutzutage in dieser Altersgruppe deutlich mehr Menschen studieren als damals und deswegen eigentlich später in den Arbeitsmarkt eintreten.

Die Erwerbsbeteiligung der 25- bis 64-Jährigen nahm im gleichen Zeitraum ebenfalls zu, aber nur um knapp 3 Prozentpunkte – auf fast 87 Prozent.

Vor allem Studenten arbeiten mehr

Ein Grossteil dieses Anstiegs geht auf Teilzeitarbeit zurück. Während 2015 noch knapp 20 Prozent der 20- bis 24-Jährigen einen Teilzeitjob hatten, waren es 2023 25 Prozent. Dabei handelt es sich allerdings überwiegend um Personen mit Abitur und ohne Berufsabschluss – also in der Regel um Studenten, die einem Nebenjob nachgehen.

Eine Sonderauswertung des Mikrozensus, die die Studienautoren zusätzlich durchführten, zeigt, dass die Erwerbsquote unter denjenigen 20- bis 24-Jährigen, die studieren, zwischen 2015 und 2023 tatsächlich um 19,3 Prozentpunkte auf 56 Prozent zugenommen hat. 56 Prozent der Studenten in dieser Altersklasse haben also einen Job. Dass immer mehr junge Menschen während des Studiums arbeiten, führen die Autoren auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten und die Mietpreise in den Städten zurück.

Doch auch junge Menschen, die nicht studieren, arbeiten mehr. Unter den Nichtstudenten in derselben Altersklasse ist der Anteil derjenigen, die Vollzeit arbeiten, im Untersuchungszeitraum um 1,6 Prozentpunkte auf 85,9 Prozent gestiegen. Die Studienautoren erklären diesen Anstieg unter anderem mit der Bologna-Reform des Hochschulstudiums, die es ermöglicht, bereits mit einem Bachelor-Abschluss ins Berufsleben einzusteigen. Tatsächlich sind Hochschulabsolventen in Deutschland heute mit durchschnittlich 23,6 Jahren 4 Jahre jünger als noch 2003.

Weitere Erkenntnisse, die die Studienautoren aus Mikrozensus und Beschäftigungsstatistik gewannen: Junge Leute wechselten heute nicht häufiger den Job als früher. Und auch bei der Entwicklung der gewünschten Arbeitsstunden unterschieden sich die Jungen nicht von den Älteren. Die Befunde widersprächen gängigen Klischees zur mangelnden Arbeitsbereitschaft der Generation Z, schreiben die Autoren der Studie.

Junge Schweizer waren bisher fleissiger

Und in der Schweiz? Hier zeigt sich ein ähnliches Bild. Laut einer Auswertung des Bundesamtes für Statistik betrug die Erwerbsquote von 20- bis 24-jährigen Schweizern im Jahr 2023 78,4 Prozent. Sie hat sich im Zeitverlauf allerdings kaum verändert: 2015 arbeiteten in der Altersgruppe 78,3 Prozent, 2010 waren es 79,6 Prozent.

Schweizer Junge waren in den vergangenen 10 Jahren also fleissiger als deutsche. Dafür arbeiten die Studenten hierzulande weniger: Laut einer Auswertung aus dem Jahr 2020 gingen von den 20- bis 24-Jährigen, die sich im Vollzeitstudium befanden, 42 Prozent einer Arbeit nach.

Betrachtet man die Erwerbsquote der 15- bis 29-Jährigen, liegt die Schweiz international im Spitzenfeld: 2020 gehörte sie mit einer Erwerbsquote von 75,4 Prozent gemeinsam mit Island, den Niederlanden und Malta zu den europäischen Ländern, in denen mehr als sieben von zehn Personen zwischen 15 und 29 Jahren einer Arbeit nachgingen. Deutschland lag mit 64 Prozent ebenfalls über dem EU-Durchschnitt (53,2 Prozent). Das dürfte an der Berufslehre liegen, die hierzulande, aber auch in Deutschland, einen hohen Stellenwert geniesst.

Die Erkenntnis, dass vorangegangene Generationen in jungen Jahren fauler waren als sie selbst, dürfte in Deutschland viele Gen-Z-Angehörige freuen. Die Tatsache, dass dafür vor allem die hohen Lebenskosten verantwortlich sind, vermutlich weniger. Die Zeiten, in denen man sich als Student nur auf Uni und Partys konzentrieren konnte, scheinen vorbei zu sein. Das Faulsein muss man sich jedenfalls leisten können.

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