Vom Pech, hoffnungsvoll verliebt zu sein: Milica Vučkovićs Roman «Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen» schildert hinreissend komisch das Strampeln einer gutherzigen Frau im Spinnennetz eines psychotischen Manipulators.

So schmerzhaft und heikel das Thema ist, die serbische Autorin Milica Vučković hat ein witziges Buch über emotionalen Missbrauch und männlichen Psychoterror gegenüber Frauen geschrieben. «Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen» erzählt vom Kreuzweg einer jungen Frau, die sich in einen intellektuellen Balkan-Macho verliebt, der «unerträglich attraktiv», krankhaft eifersüchtig und unberechenbar ist. Dass er sie manchmal schlägt, zählt noch zu den geringeren Übeln ihres Lebens.

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In Interviews sagte die Autorin, dass dies die Geschichte einer Freundin sei, vermischt mit eigener Erfahrung. Und prompt fühlte sich ihr Ex-Freund, der viel bekanntere Schriftsteller Vladimir Tabašević, derart verleumdet, dass die Sache als Klatsch durch die Belgrader Feuilletonspalten geisterte. Milica Vučković, die bis dahin vor allem als Malerin erfolgreich war, schildert in diesem packenden Roman das Strampeln einer gutherzigen Frau im Spinnennetz eines psychotischen Manipulators.

Ein ganz toller Hecht

Die Ich-Erzählerin Eva ist (wie die Autorin) in der südwestlichen Peripherie von Belgrad aufgewachsen, der Vater Turnlehrer, die Mutter Gemüsehändlerin; die viel jüngere Schwester darf als Nesthäkchen die Universität abschliessen. Eva hingegen arbeitet ambitionslos als Sekretärin in einer IT-Firma, heiratet den langweiligen Tomislav – «ein guter Kerl» –, bekommt sehr früh ein Kind, Mario, ihr «grösstes Geschenk im Leben».

Natürlich siecht diese Ehe bald dahin, und Eva macht sich auf die Suche nach neuem Glück. «Mit über dreissig und einem zweijährigen Kind», so stellt sie fest, gehört sie aber eindeutig zur «Gebrauchtware». Umso wunderbarer findet sie es, als unter all den «Männern mit Wampe» ein ganz toller Hecht auftaucht, ein Schriftsteller mit muskulösen Armen und noch stärkeren Sprüchen über «soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter», der sie mit dem Vokabular der französischen Meisterdenker benebelt. Diesem auftrumpfenden Viktor verfällt Eva heillos, aber zunächst muss sie auf Google eine Erklärung für das Wort «Emanzipation» suchen.

Der Witz in dieser tragischen Geschichte entsteht auch dadurch, dass die Autorin immer wieder der männlichen Protzerei mit weiblicher Selbstironie begegnet und Google zum ständigen Lebensberater der unglücklichen und naiven Eva macht. Dadurch entsteht eine schreiende Komik, in einer Sprache von eleganter Spannung (elastisch übersetzt von Rebekka Zeinzinger), wobei auf fast jeder Seite eine böse Überraschung lauern kann. Denn die Eifersuchtswut und die Launen des tollen Viktor sind so unerschöpflich wie das Pech der von Verliebtheit geplagten armen jungen Frau.

Seifenoper der Abhängigkeit

Der schriftstellernde Muskelprotz treibt einen Keil zwischen Eva und ihre Familie, er schreibt ständig an einem «Meisterwerk», bekommt eine Kolumne bei einer bedeutenden Zeitung und verliert sie wieder, zieht nach Deutschland und lockt auch die Geliebte dorthin, vom Belgrader Regen in die Stuttgarter Traufe. Dort wird er Bauarbeiter, sie Putzfrau und später Küchenhilfe. Das kleine Söhnchen Mario, einstweilen bei den Grosseltern abgestellt, kommt später nach. Es könnte gutgehen, aber das Liebesglück hat es nicht leicht in einer schimmeligen deutschen Kellerwohnung.

Die physische Gewalt wäre noch nicht einmal das Schlimmste und verläuft stets nach demselben Schema. Wenn er sie schlägt, ist sie zunächst nur verdattert, und dann weint er schluchzend wie zur Entschuldigung. Auf diese Masche fällt sie immer wieder herein und verzeiht ihm. Ihren Sturz aus dem fahrenden Auto gibt sie offiziell als Skiunfall aus, um ihn zu schützen. Viktors arroganter Zynismus, seine dominante und destruktive Männlichkeit und Evas Wille zur Harmonie halten sich lange Zeit die Waage.

So richtig schlimm wird es aber erst, als sie vor lauter Liebe und Torschlusspanik den Wunsch nach einem gemeinsamen Kind hat. Da ist dann eine Scheinschwangerschaft der vorläufige Höhepunkt in dieser Frauentragödie. Und das offene Ende der Geschichte, eine Seifenoper der emotionalen Abhängigkeit, schreit nach einer Fortsetzung dieses schrecklich vergnüglichen Romans.

Milica Vučković: Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen. Roman. Aus dem Serbischen von Rebekka Zeinzinger. Zsolnay-Verlag, Wien 2025, 190 S., Fr. 34.90.

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