Donnerstag, November 13

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin schätzt am Gouverneur von Minnesota, dass er für Familien der Mittelschicht kämpft. Der «Running Mate», ein früherer Lehrer, steht für Bodenständigkeit und Pragmatismus.

Kamala Harris hat am Dienstagmorgen bekanntgegeben, dass sie Tim Walz zum Kandidaten für die Vizepräsidentschaft ernennt. Erst am Tag zuvor nominierten die Demokraten Harris offiziell zu ihrer Präsidentschaftskandidatin. Die Wahl von Walz erfolgte dann eher überraschend. Die Ankündigung in letzter Minute deutet darauf hin, dass Harris die Entscheidung nicht leichtgefallen ist. Viele Medien tippten eher auf Josh Shapiro, den Gouverneur von Pennsylvania, oder Mark Kelly, den Senator aus Arkansas. Im Vergleich zu diesen beiden ist Walz eher links positioniert, wie Harris selbst. Aber Shapiro war vielen Demokraten suspekt wegen seiner dezidierten Pro-Israel-Position und seines Engagements für die freie Schulwahl. Als Gouverneur von Minnesota vertritt Walz auch keinen Swing State. Aber sein Vorteil ist seine bodenständige, volkstümliche Art.

Der zweifache Vater, ehemalige Lehrer und Football-Trainer gilt als perfekte Verkörperung des «Average Joe», also des unkomplizierten, etwas hemdärmligen Durchschnittsamerikaners. Damit ist er die ideale Ergänzung von Kamala Harris und spricht Wählerschichten an, die sich nicht unbedingt mit Harris identifizieren können. Sie selbst schrieb am Dienstag auf Instagram, sie schätze an Walz sein tiefes, persönliches Engagement für Familien der Mittelschicht.

Von Nebraska via China nach Mankota

Walz selbst stellte am Dienstag auf X ein kurzes Video online, in dem er in einfachen Worten seinen Werdegang beschreibt, zugleich aber betont, er wolle sich nicht in den Vordergrund stellen, sondern für die Allgemeinheit wirken. Die wichtigste Lektion, die er in seiner Jugend gelernt habe, sagt er, sei Grosszügigkeit sowie das Streben danach, Kompromisse einzugehen, ohne die eigenen Werte aufzugeben. Nach seiner Wahl bemerkte er, er fühle sich wie am ersten Schultag.

Der 60-jährige Walz stammt aus dem ländlichen Nebraska. Mit 19 verlor er seinen Vater, was die Familie in finanzielle Schwierigkeiten stürzte. Nach dem Studium unterrichtete er ein Jahr lang in China. Walz war 24 Jahre lang Angehöriger der Nationalgarde und unterrichtete Geografie an einer Highschool in Mankota, einer Kleinstadt in Minnesota, wo er noch heute mit seiner Frau wohnt.

Das Fiasko von Minneapolis

Walz war von 2007 bis 2019 Abgeordneter im Repräsentantenhaus und ist seit 2019 Gouverneur des Gliedstaats Minneapolis. Harris erwähnte in ihrem Post einige Wegmarken in Walz’ Karriere als Gouverneur, die sie offenbar besonders beeindruckten: «Er hat die Steuern für arbeitende Familien gesenkt und ein Gesetz verabschiedet, das Familien bezahlten Urlaub aus familiären und medizinischen Gründen ermöglicht.» Ausserdem hat er – als begeisterter Jäger – obligatorische Hintergrundprüfungen beim Waffenkauf eingeführt und Minnesota zum ersten Gliedstaat in den USA gemacht, der ein Gesetz zum verfassungsmässigen Schutz von Abtreibungen verabschiedete, nachdem der Supreme Court das fast fünfzig Jahre alte Grundsatzurteil «Roe v. Wade» gekippt hatte. Offenbar verstehen sich Harris und Walz auch privat gut. Harris sagte, sie bewundere seine unbekümmerte Art und teile seinen Sinn für Humor.

Trump bezeichnet Walz als Albtraum eines jeden Amerikaners

Unter Beschuss geriet Walz, nachdem ein Polizist im Jahr 2020 George Floyd getötet hatte und es zu gewaltsamen Unruhen mit Plündereien, Brandstiftung und enormem Sachschaden gekommen war. Erst nach drei Tagen rief Walz die Nationalgarde zu Hilfe. Die Republikaner warfen Walz vor, zu zögerlich gehandelt zu haben. Trump behauptete, ohne ihn gäbe es Minneapolis heute nicht mehr. Er bezeichnete Walz als radikalen Linken und als Albtraum eines jeden Amerikaners. Unter Harris und Walz werde die Hölle auf Erden entfesselt.

Bereits am Dienstagabend startet das neue Duo zu einer gemeinsamen Blitz-Wahlkampftour durch die politisch besonders umkämpften Gliedstaaten Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada.

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