Samstag, Dezember 21

Das Entlastungspaket des Bundesrats hat im Parlament einen schweren Stand. Der Einfluss der Mitte ist gross, aber es gibt ein Szenario, in dem er sich eingrenzen lässt.

Wenn drei Mitglieder des Bundesrats gemeinsam vor die Medien treten, verheisst das selten Gutes. Ob Pandemie, Krise mit der EU oder jetzt die schlechte Finanzlage – die Botschaft ist immer etwa dieselbe: Die Lage ist ernst, aber der Bundesrat rauft sich als Kollegium zusammen und bringt Lösungen.

Am Freitag gehörte die Bühne der Finanzministerin Karin Keller-Sutter, flankiert von Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti. Gemeinsam präsentierten sie das Entlastungspaket für den Bundeshaushalt. Das Aufgebot war primär inhaltlich begründet: Keller-Sutter ist federführend zuständig, die Departemente Rösti und Baume-Schneider verantworten einige der gewichtigsten Massnahmen.

Doch auch parteipolitisch war die Selektion nahezu perfekt. Einzig die Mitte fehlte, weil Bundespräsidentin Viola Amherd bereits auf dem Weg nach New York zur Uno war. Alle anderen Bundesratsparteien durften sich repräsentiert fühlen. Ob es etwas hilft?

Dass die Diskussionen im Parlament schwierig werden, ist absehbar. Falls jemand die Hoffnung hatte, die runden Tische, die vergangene Woche stattgefunden haben, würden eine Annäherung ermöglichen, hat sie sich am Freitag als Trugschluss entpuppt.

Bremsen SVP und Linke bei der AHV?

Die Linke hält an ihrer Fundamentalopposition fest. Obwohl der Bundesrat nun auf die Abschaffung der Überbrückungsleistungen und die Kürzungen bei der Wohnbauförderung verzichtet, spricht die SP immer noch von einem «Frontalangriff auf die soziale Schweiz». Ähnlich klingt es bei den Grünen. Beide Parteien lehnen mehrere grosse Entlastungen etwa bei der AHV, der Kinderbetreuung und der Klimapolitik ab.

Wesentlich positiver äussern sich die Grünliberalen, die dem Bundesrat Unterstützung zusagen – mit Ausnahme der Pläne beim Klimaschutz. Gross ist das Wohlwollen bei FDP und SVP, wobei auch sie den Vorschlägen nicht auf der ganzen Linie folgen. Beide Parteien begrüssen zwar die geplanten Kürzungen und verlangen zusätzliche, aber sie lehnen die Steuererhöhung auf Kapitalbezügen ab.

Und nicht nur das: Die SVP äussert sich zudem kritisch zur Reduktion des Bundesbeitrags an die AHV. Dieser würde direkt die Finanzierungslücke des Sozialwerks vergrössern – und damit den Druck, für die AHV Steuern oder Lohnbeiträge zu erhöhen. Wenn die SVP daran festhält, dürfte diese Massnahme, bei der es um knapp 300 Millionen Franken im Jahr geht, im Parlament scheitern.

FDP greift Mitte an

Die FDP will dem Bundesrat als Dank für den «mutigen ersten Schritt» sieben rote Farbstifte überreichen. Vermutlich muss sie noch weitere Rotstifte kaufen, um den Sparwillen im Parlament zu steigern: Bereits vorab kritisiert die FDP «die Sparverweigerer in den linken Parteien, aber auch in der sehr mobilen, kaum noch bürgerlichen Mitte-Partei», die bei allen Sparvorschlägen aufschreien würden.

Aufgeschrien hat die Mitte am Freitag nicht, den freisinnigen Erwartungen wurde sie aber gerecht: In ihrer Stellungnahme hält sie fest, das Entlastungspaket fokussiere zu einseitig auf die Ausgabenseite. «Es braucht einen ausgewogeneren Vorschlag.» Diese Argumentation läuft darauf hinaus, dass das Parlament zusätzliche Steuererhöhungen beschliessen muss, sofern das Sparziel nicht reduziert wird. Die Position der Mitte ist insofern relevant, als sie im Parlament als Mehrheitsmacherin gute Chancen hat, die definitiven Eckwerte des Pakets zu prägen.

Allerdings ist die Mitte nicht allmächtig. In der Tendenz neigen ihre Ständeräte finanzpolitisch zu einer sparsameren Haltung als die Nationalräte. Deshalb ist auch ein Szenario denkbar, in dem die Mitte links liegen gelassen wird: Wenn sich SVP, FDP und GLP im Nationalrat auf gemeinsame Sparvorschläge verständigen können, haben sie genug Stimmen, um diese auch ohne die Mitte zu beschliessen. Werden sie dann auch von einem Teil der Mitte-Ständeräte unterstützt, ist in der kleinen Kammer ebenfalls eine Mehrheit möglich.

Und die zusätzlichen Gelder für die Armee?

Es bleibt spannend. In den nächsten Wochen werden alle Departemente die konkrete Umsetzung vorantreiben, Anfang 2025 soll die Vernehmlassung beginnen. Der Aufwand ist beträchtlich, laut dem Bundesrat bedingen rund vierzig Massnahmen Änderungen bestehender Gesetze. All diese Vorlagen sollen rechtlich in einem Mantelerlass vereint werden, was auch den Verlauf der politischen Auseinandersetzungen beeinflussen wird. Ohne breit abgestützten Kompromiss im Parlament dürfte es schwierig werden, ein Paket zu schnüren, das an der Urne eine Chance hat. Das Wesen des Mantelerlasses bringt es mit sich, dass das Volk bei einem Referendum nur das ganze Paket annehmen oder ablehnen kann.

Wegweisend ist zudem die Budgetdebatte im Dezember. Wenn SVP, FDP und Mitte dannzumal an der schnelleren Erhöhung des Armeebudgets festhalten, setzen sie sich damit selbst zusätzlich unter Druck. Dann gilt die Devise: Wer eine der vorgeschlagenen Entlastungsmassnahmen verhindert – ob nun auf der Ausgaben- oder auf der Einnahmenseite –, muss eine andere bringen, die mindestens so viel bewirkt. Und die mehrheitsfähig ist.

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