Donnerstag, Januar 16

Dank einem ausgefeilten Architekturwettbewerb schafft der Neubau einen Mehrwert für Gesellschaft und Natur.

Architektur steht oft für das Schöne, Edle und Gute. Das gilt vor allem für Wohnüberbauungen und Kulturinstitutionen. Technische Anlagen sollen hingegen in erster Linie ihre Funktion erfüllen. Ihre Gestaltung galt lange als zweitrangig. Doch das ändert sich gerade. Öffentliche Infrastrukturen sind auf das Wohlwollen der Bevölkerung angewiesen, vor allem wenn für ihren Bau eine Volksabstimmung nötig ist.

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Eine sorgfältige Einbettung in die Landschaft oder in das Siedlungsgebiet ist da schon die halbe Miete. Das gilt besonders für sehr grosse Infrastrukturen. Was das heisst, zeigen die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs für den Neubau der Anlage zur Kehrichtverwertung (KVA) und zur Abwasserreinigung (ARA) in Dietikon: Das Siegerprojekt besteht aus einem sorgfältig komponierten Komplex, der seine Bedeutung nicht versteckt, dessen Funktion aber nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.

Die Limeco, die interkommunale Anstalt aller acht Limmattaler Gemeinden, befindet sich zweifach in einer besonderen Situation. Sie betreibt beide Anlagen an der Mündung der Reppisch in die Limmat nah beieinander, was selten vorkommt. Diese befinden sich ausserdem unmittelbar an der geschützten Fluss- und Auenlandschaft. Die 1960 eröffnete ARA liegt sogar mitten im Schutzgebiet.

Beide Anlagen kommen an ihr Lebensende und müssen ersetzt werden. Für die KVA hat das auch aufgrund der kantonalen Abfallplanung bis 2034 zu geschehen. Die ARA muss, auch das ist eine Auflage des Kantons, aus dem Naturschutzgebiet verlegt werden. Doch ein Ersatz ist nur am bisherigen Ort möglich. Eine ARA gehört möglichst an den tiefsten Punkt ihres Einzugsgebiets. Und einen Verbrennungsofen will keine andere Gemeinde der Region auf ihrem Gebiet, das hat die Limeco vor Jahren abgeklärt.

Bevölkerung einbezogen

Immerhin konnte sie das benachbarte Grundstück mit einem Coop-Logistikzentrum erwerben, das der Grossverteiler nur noch wenige Jahre betreiben will. Das erlaubt es, in einem ersten Schritt die KVA näher an der Stadt neu zu bauen und später an der Stelle, wo heute der Ofen steht, die ARA zu erstellen.

Aber eben: Man kann der Bevölkerung nicht mehr ohne weiteres eine technische Anlage dieser Grösse einfach vor die Nase stellen. 2020 leitete die Limeco deshalb einen umfangreichen Planungsprozess ein, der über zwei Weissbücher und eine Testplanung in den Architekturwettbewerb mündete.

Vorangegangen war eine breite Konsultation, nicht nur der künftigen Nutzer, der Standortgemeinde und von Umweltverbänden. Wichtig war der Dialog mit der Bevölkerung, wie der Projektleiter Markus Bircher am Mittwoch vor den Medien sagte. Die Idee, als Verbindung zur Stadt auf dem Land der Limeco einen Platz vorzusehen, stiess auf Zuspruch. Für viele wichtig sind gute Wegverbindungen zum Ufer der Limmat. Ein grosses Anliegen war, das Volumen möglichst zu begrenzen.

Trotz zahlreichen Bedingungen ergab die internationale Ausschreibung sechs unterschiedliche Entwürfe, die allesamt hervorragend sind, wie Christoph Rothenhöfer sagte. Der Architekt und frühere stellvertretende Kantonsbaumeister moderierte den Wettbewerb und sprach gar von seinem persönlichen Highlight. Es sei etwas Besonderes, einen technisch hochkomplexen Ablauf auch noch architektonisch ansprechend zu gestalten und einen Mehrwert für die Stadt und die Natur zu schaffen. Man habe erhalten, was man sich am Beginn des Prozesses erhofft habe.

Fussweg über die Klärbecken

Das Siegerprojekt stammt vom Zürcher Büro Penzel Valier, zusammen mit den Landschaftsarchitekten Krebs und Herde in Winterthur. Es besticht durch eine sehr kompakte Anlage, die genug Raum für einen städtischen Platz lässt. Andere Teams reservierten diese Stelle für die Anlage zur Abscheidung des CO2, die früher oder später kommen wird. Dann wäre aber der Stadtplatz verlorengegangen. Die Sieger schafften es, dieses Element an der Seite anzuordnen. Dennoch ist ihre Anlage mit Ausnahme des Kamins maximal 50 Meter hoch.

Eine Erfindung ist der L-förmige «Auenwall» entlang von Reppisch und Limmat. Er schirmt die Naturgebiete gerade auch während der langen Bauzeit ab. Ein Fussweg führt über die entlang der Reppisch angeordneten Klärbecken, die übrigens geschlossen sind. Geruchsbelästigung ist kein Problem. Zur Anlage gehört ein Restaurant, das als Kantine für die Angestellten dient, aber auch öffentlich zugänglich ist.

Am Platz vor der Limeco sind Kletterwände und ein Skaterpark vorgesehen. Vor allem aber hat das Siegerprojekt bezüglich der internen Abläufe und der Erschliessung am meisten überzeugt. Nun braucht es noch wenige Anpassungen, damit die Architektur auch allen technischen Erfordernissen gerecht wird: Ende Jahr soll ein Vorprojekt vorliegen, 2026 die Urnenabstimmung stattfinden.

Dabei geht es um schätzungsweise 800 Millionen Franken für die neue KVA und eine erste Etappe der ARA. Die Stimmberechtigten müssen den Kredit nur genehmigen. Die Mittel stammen zu einem Teil aus den Gebühren, den Rest nimmt die Limeco am Finanzmarkt auf. Die Chancen für ein Ja der Stimmberechtigten stehen gut. Sie bewilligten im Herbst 2023 den Projektierungskredit von 60 Millionen deutlich.

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