Dienstag, November 26

Die Bürgerlichen wollen mehr Atomstrom im Energiegesetz festschreiben, Links-Grün mehr einheimischen Strom. Beide scheitern – doch die Diskussion geht weiter.

Die USA, die EU, die Schweiz haben alle dasselbe Ziel: 2050 will man klimaneutral sein. Der Kanton Zürich ist auf dem Weg, sich eine ambitioniertere Deadline zu setzen. Schon 2040 will der Kanton das Netto-Null-Ziel erreichen, zehn Jahre früher als viele andere. So steht es im revidierten Energiegesetz, das der Kantonsrat am Montag zu Ende beraten hat.

Das Zieldatum 2040 führte bereits während des ersten Teils der Detailberatung vor einem Monat zu Diskussionen. Während Links-Grün die neue Zielsetzung befürwortete, störten sich die Bürgerlichen daran: Symbolpolitik sei das, sagte Ueli Bamert (SVP, Zürich).

Während des zweiten Teils der Debatte am Montag diskutierte der Kantonsrat nun weitere Grundsatzfragen. Eine Minderheit aus SVP und FDP beantragte, dass Stromlieferanten im Kanton Zürich nicht erneuerbare Energie, sondern Produkte aus «CO2-armer Energieerzeugung» anbieten sollten. Das ist aus Sicht von SVP und FDP insbesondere Atomstrom. Die Bürgerlichen stellten damit eine Frage, die auch auf nationaler und kommunaler Ebene latent ist: auf Atomstrom setzen, um den CO2-Ausstoss zu senken, oder wegen der Sicherheitsrisiken der AKW die erneuerbaren Energiequellen ausbauen?

Die Bürgerlichen wollen wieder Atomstrom

Kantonsrat Ueli Bamert (SVP, Zürich) sagte während der Debatte: «Wir können es uns angesichts der schleppend vorangehenden Energiewende nicht leisten, Atomkraft auszuschliessen.» FDP-Kantonsrätin Sarah Fuchs (Meilen) sagte: «Wenn wir den Klimawandel eindämmen wollen, müssen wir ohne ideologische Einschränkungen alle Mittel nutzen.»

Dem widerspricht Franziska Barmettler (GLP, Zürich): «Atomenergie ist sinnlos. Wir müssen die Erneuerbaren entschlossen ausbauen und entsprechende Signale an den Markt senden.»

Sylvie Matter (SP, Zürich) bezweifelte zudem, dass Atomstrom CO2-ärmer sei als andere Energiequellen: «Wo kann Uran denn abgebaut werden, und wie wird er zu uns transportiert?», fragte sie rhetorisch. David Galeuchet (Grüne, Bülach) sagte: «Der Atomstrom-Antrag ist völlig verharmlosend. Atomstrom ist zu teuer und zu gefährlich.»

Die Atomstrom-Befürworter blieben eine Minderheit: Zusammen mit den Stimmen von Mitte und GLP lehnten SP, Grüne und AL ihren Antrag ab.

Suisse-Garantie-Strom

Auch die Herkunft des Stroms sorgte für Diskussionen. Grüne, AL und SP wollten, dass Zürcher Anbieter Strom möglichst aus «einheimischer Erzeugung» beschaffen. David Galeuchet (Grüne, Bülach) sagte, dass Gemeinden dazu angehalten werden sollten, Schweizer Strom zu beziehen, um den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben. Bis jetzt nutze nur eine Minderheit der Konsumenten Produkte aus Schweizer Strom. «Da gibt es noch viel Luft nach oben für Suisse-Garantie-Strom.»

Dem widerspricht Paul von Euw (SVP, Bauma): «Schweizer Strom ist nichts Schlechtes, wenn man ihn zu einem vernünftigen Preis produzieren kann. Aber wollen wir wie Deutschland blindlings Solarstrom produzieren, bis er keinen Wert mehr hat?»

Auch bei diesem Antrag folgte der Rat der Kommission, die den Vorschlag ablehnte. Der Kanton Zürich soll also bis 2040 klimaneutral werden und dabei auf erneuerbare Energien setzen statt auf Atomstrom – auch wenn diese aus dem Ausland stammen.

Auf nationaler Ebene bewegt sich die Schweiz in eine andere Richtung als der Zürcher Kantonsrat: Der Bundesrat möchte den Bau neuer Kernkraftwerke wieder ermöglichen. Initianten der Blackout-Initiative auf Bundesebene fordern, dass der Bau neuer AKW in der Schweiz wieder erlaubt werden solle.

Regional hat erst die Stadt Winterthur über Atomstrom abgestimmt: Am Sonntag lehnte dort die Stimmbevölkerung eine Initiative der SVP ab, die die Wiedereinführung eines Atomstrom-Pakets in der Stadt forderte.

Das letzte Wort zum Zürcher Energiegesetz könnte die Stimmbevölkerung haben: SVP und FDP drohen damit, das Referendum zu ergreifen.

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