Mittwoch, Februar 12

Die gebürtige Luzernerin war eine der grossen Sängerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie hat mit ihrer kostbaren Stimme sowohl in der Oper wie auch im Lied und in der Kirchenmusik unvergessliche Aufnahmen hinterlassen. Nun ist Edith Mathis knapp 87-jährig gestorben.

Es war eine Rückkehr zu den Wurzeln. Bei einem Kammerkonzert zu ihrem 80. Geburtstag trat Edith Mathis 2018 – als Rezitatorin, nicht als Sängerin – nochmals am Lucerne Festival auf, in jenem Sommer, als das Festival-Motto «Kindheit» lautete. Kindheit, das bedeutete für Edith Mathis Luzern, dort ist sie aufgewachsen, dort ist ihre Stimme entdeckt und ausgebildet worden, dort hat sie 1957, noch nicht zwanzigjährig, als zweiter Knabe in Mozarts «Zauberflöte» ihre Bühnenlaufbahn begonnen.

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Lange hielt es sie dann aber nicht mehr in ihrer Geburtsstadt. Zürich war die nächste Station einer Karriere, die sie bald um den Erdball führen sollte, aber ihre Ankerstellen hatte: Berlin, Hamburg, München, Wien und Salzburg. Ihrer Herkunft blieb sich Edith Mathis dabei dennoch bewusst.

Charme und Anmut

Geistliche Musik, mit der sie aufgewachsen war, bildete einen Schwerpunkt in ihrem Repertoire, die Passionen Bachs, Haydns «Schöpfung». Ihre Stimme hütete sie sorgsam als jenes kostbare Instrument, das ihr die Natur geschenkt hatte: einen schlackenfreien Sopran von eminent lyrischem Charakter, silbern glänzend in der Höhe, tragend auch in der tieferen Lage, agil geführt, leicht im Tonansatz. Stimme und Person waren bei ihr stets eins, wenn sie als Cherubino oder Susanna in Mozarts «Le nozze di Figaro», als Pamina in der «Zauberflöte» oder als Sophie in Strauss’ «Rosenkavalier» das Publikum mit ihrem natürlichen Charme und ihrer Anmut bezauberte.

Ihr Rollenspektrum hat sie kontinuierlich ausgeweitet, von Cherubino und Susanna zur «Figaro»-Gräfin, vom Ännchen in Webers «Freischütz» zur Agathe, von der Sophie zur Marschallin. Auch zeitgenössische Werke wie «Der Zerrissene» von Gottfried von Einem und «Der junge Lord» von Hans Werner Henze konnten von ihrer Ausstrahlung profitieren. Doch dabei ist sie immer innerhalb der Grenzen ihres Fachs geblieben.

Edith Mathis - W.A. Mozart "Die Zauberflöte" "Ach, Ich fuhls"

Und die Oper war nur ein Teil ihres Sängerinnenlebens, ebenso wichtig waren ihr die Konzertpodien, wo sie sich als Liedinterpretin oder Solistin in Orchesterwerken ganz der Musik verschreiben konnte. In einem Gespräch vor ihrem Auftritt am Lucerne Festival 2018 meinte sie im Rückblick auf ihre 2001 beendete Bühnenlaufbahn: «Den Konzertsaal vermisse ich mehr als die Bühne, in der Oper ist man eine andere Person: die Figur, die man darstellt; im Konzertsaal ist man die eigene Person mit eigener Aussage, eigener Verantwortung.»

Vergangenheit und Gegenwart

Als ausübende Künstlerin gehörte Edith Mathis einer anderen Zeit an. Der Zeit von Pultstars wie Herbert von Karajan und Karl Böhm, aber auch von Wolfgang Sawallisch und Karl Richter, also der Epoche der grossen Opernensembles, der legendären Schallplattenaufnahmen, der Zeit von Regisseuren wie Oscar Fritz Schuh oder Günther Rennert, die, wie Edith Mathis einmal anmerkte, «noch inszenierten, was in den Noten und im Text stand, nicht um alle Ecken herum».

Als Pädagogin aber hat sie die Vergangenheit in die Gegenwart übergeführt. Gesangsunterricht im Sinne von stimmtechnischer Schulung wollte sie nie erteilen: «Das Singen kann man eigentlich nicht erklären», sagte sie seinerzeit in Luzern, «es ist so schwierig, es gibt hundert Arten, die Stimme an den richtigen Platz zu bringen.» Eine Professur für Lied- und Oratorien-Interpretation an der Wiener Musikhochschule bot ihr dann von 1992 bis 2006 das Wirkungsfeld, auf dem sie von ihrer Kunst und ihrer Erfahrung das weitergeben konnte, was sie als vermittelbar und essenziell erachtete. Zwei Tage vor ihrem 87. Geburtstag ist Edith Mathis am 9. Februar in Salzburg gestorben.

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