Montag, Oktober 21

Die Linksaussenpartei findet, die Stadt Zürich beschneide die politischen Rechte der Bevölkerung.

110 000 Valser Quarzitsteine bedecken den Sechseläutenplatz vor dem Zürcher Opernhaus. Seit der Neugestaltung scheiden sich an dem 16 000 Quadratmeter grossen Platz inmitten der Limmatstadt die Geister. Den einen ist er zu kalt und zu urban, sie wünschen sich die Grünfläche zurück, die diese Bezeichnung zugegebenermassen nicht immer verdiente. Die anderen argumentieren, der Platz könne nun besser genutzt werden und komme seit der architektonischen Frischekur endlich richtig zur Geltung.

Die Bevölkerung nutzt den Platz rege zum Verweilen. Darüber, wie oft und von wem Zürichs neuer Treffpunkt ausserdem genutzt werden darf, wird derweil seit bald zehn Jahren immer wieder gestritten.

Grossveranstaltungen wie das Sechseläuten, die Street Parade, das Filmfestival, das Weihnachtsdorf und die «Oper für alle» sind fix für die Belegung des Sechseläutenplatzes eingeplant. Im Frühling gastiert jeweils der Circus Knie einen ganzen Monat neben dem Bellevue.

Nein zur Volksinitiative «Freier Sechseläutenplatz»

Eine Volksinitiative verlangte bereits ein Jahr nach der Fertigstellung des Platzes, die Anzahl Veranstaltungstage auf 65 pro Jahr zu limitieren. Einzig die Grünen und die Alternative Liste (AL) stellten sich bei der Abstimmung 2018 hinter die Initiative. Das Begehren erlitt an der Urne eine klare Niederlage. Stattdessen kam der Gegenvorschlag des Stadtrats zum Zuge.

In der Polizeiverordnung ist seither festgehalten, dass an maximal 180 Tagen im Jahr Veranstaltungen auf dem Sechseläutenplatz stattfinden können, bis zu 45 zwischen Anfang Juni und Ende September.

AL sieht die Versammlungsfreiheit eingeschränkt

Seit der Abstimmung sind sechs Jahre vergangen, und die Umsetzung des Reglements lässt in den Augen der AL zu wünschen übrig.

Die beiden Stadtparlamentarier Moritz Bögli und David Garcia Nuñez sehen gar die Versammlungsfreiheit beeinträchtigt und monieren, die politischen Rechte der Stadtzürcher Bevölkerung würden beschnitten. So habe das Sicherheitsdepartement Gesuchstellern, die den Sechseläutenplatz als Besammlungsort für Demonstrationen nutzen oder dort eine Schlusskundgebung durchführen wollten, die Bewilligung verwehrt. Abgesehen vom 1. Mai würden kaum politische Veranstaltungen auf dem Sechseläutenplatz bewilligt.

Überhaupt sei im Abstimmungskampf um die Volksinitiative kaum die Rede davon gewesen, dass die neue Regelung politische Veranstaltungen einschränken könnte. Bögli und Garcia Nuñez verlangen deshalb in einer Motion, dass politische Demonstrationen und Kundgebungen, die den Platz nur für wenige Stunden in Anspruch nehmen, ungehindert stattfinden können.

Der Stadtrat teilt die Meinung der beiden AL-Parlamentarier nicht. In seiner Antwort auf die Motion hält er fest, es sei nicht ersichtlich, inwiefern das geltende Nutzungskonzept für den Sechseläutenplatz die politischen Rechte einschränke. Die Stadt räume der Meinungs- und Versammlungsfreiheit einen «ausserordentlich hohen Stellenwert» ein.

87 Demonstrationen und 251 Kundgebungen

Allein im vergangenen Jahr hätten 87 Demonstrationen und 251 Kundgebungen auf Stadtzürcher Gebiet stattgefunden, schreibt der Stadtrat mit Verweis auf die Statistik. Für politische Veranstaltungen wie Demonstrationen und Kundgebungen gebe es in der Stadt Zürich demnach genügend Raum an zentralen Lagen in der Innenstadt. Es gebe allerdings keinen Anspruch darauf, eine Demonstration an einem bestimmten Platz durchführen zu können.

Für den Sechseläutenplatz könnten bereits heute Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Beispielsweise 2022, nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine, als eine Friedensdemonstration mit Zehntausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern dort endete.

Den Platz generell für politische Anlässe zu öffnen würde laut dem Stadtrat dazu führen, dass neben den wiederkehrenden Anlässen nur ein Teil der Gesuche für politische Veranstaltungen genehmigt werden könnte. Zudem würde der Platz der breiten Öffentlichkeit seltener zur Verfügung stehen.

Auf dem Sechseläutenplatz sollen politische Demonstrationen deshalb nach Ansicht des Stadtrats nur äusserst eingeschränkt möglich sein. Das habe die Stadtbevölkerung bei der Abstimmung 2018 und dem Ja zum Gegenvorschlag deutlich gemacht. Die Verordnung im Sinne des Vorstosses von Bögli und Garcia Nuñez anzupassen, käme einer Missachtung des Volkswillens gleich.

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