Die Republikaner im Repräsentantenhaus weigern sich nicht mehr, über ein neues Hilfspaket für die Ukraine zu debattieren. Es soll Teil einer Reihe von Abstimmungen sein, mit denen Washington nach der Eskalation im Nahen Osten ein Zeichen setzen will.

In die festgefahrene Debatte über die Fortsetzung der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine kommt plötzlich Bewegung, und zwar ausgerechnet dank dem iranischen Angriff auf Israel vom Wochenende. Denn nach der direkten Attacke auf den Verbündeten im Nahen Osten sieht sich der Speaker des Repräsentantenhauses in Washington gezwungen, die Blockade über die Verabschiedung neuer Hilfspakete für alliierte Staaten zu lösen. Zuvor hatte sich Mike Johnson wochenlang geweigert, eine Aussprache im Plenum zu erlauben.

Johnson will die grosse Kammer des Kongresses bis am Ende der Woche über ein sicherheitspolitisches Paket abstimmen lassen, das Hilfsgelder für Israel, die Ukraine und Taiwan enthält. Im Gegensatz zum Senat, der eine ähnliche Vorlage bereits im Februar verabschiedet hatte, sind für das Repräsentantenhaus aber separate Abstimmungen vorgesehen.

Auch scheint Johnson weniger Geld ausgeben zu wollen. Gemäss einer Aufstellung, die am Montag im Capitol zirkulierte, soll die Gesamtsumme des Ukraine-Hilfspakets von 60 Milliarden Dollar auf vielleicht nur noch 48 Milliarden Dollar gekürzt werden. Nur ein kleiner Teil dieses Geldes wäre direkt für neue ukrainische Waffen aus amerikanischer Produktion vorgesehen, rund 14 Milliarden Dollar.

Auch das Israel-Hilfspaket könnte massiv zusammengestrichen werden. Die 10 Milliarden Dollar, die der Senat für die humanitäre Unterstützung der palästinensischen Zivilbevölkerung reserviert hatte, sind in Johnsons Plan nicht mehr vorgesehen.

Vorbehalte von links und rechts

Diese Zugeständnisse sind ein weiterer Hinweis darauf, dass der Speaker Johnson unter massivem Druck steht. Es ist völlig unklar, ob die einzelnen Vorlagen im Repräsentantenhaus überhaupt mehrheitsfähig sind. Der rechte Flügel der Republikaner und der linke Flügel der Demokraten werden, aus ganz unterschiedlichen Gründen, Vorbehalte und Kritik an den Hilfsgeldern anbringen.

Bereits die Debatte in der vorberatenden Kommission, die über die Eckpunkte der anstehenden Diskussion entscheiden wird, könnte deshalb eine Zitterpartie werden. Auch scheint unklar, ob der Senat sich noch einmal mit den Vorlagen beschäftigen würde, sollte die grosse Kammer das sorgsam geschnürte Februar-Paket zerzausen.

Parteifreundin droht mit Absetzungsantrag

Dennoch ist die Ankündigung des Speakers vom Montag ein wichtiger Schritt. Johnson geht damit ein grosses Risiko ein. Er könnte, falls das Ukraine-Paket von einer Mehrheit der Abgeordneten genehmigt wird, seinen Posten verlieren – drohte doch die rechtsextreme Abgeordnete Marjorie Taylor Greene bereits damit, sie werde einen Antrag stellen, den Speaker abzuberufen. Über einen ähnlichen Antrag war im vorigen Herbst Johnsons Vorgänger Kevin McCarthy gestürzt worden.

Greene verliess die Fraktionssitzung der Republikaner am Montag denn auch sichtlich aufgebracht. Johnson werde spätestens zu Beginn der nächsten Legislatur nicht mehr Speaker sein, sagte sie. Zuvor hatte Greene hinter verschlossenen Türen argumentiert, dass die Basis ihrer Partei neue Hilfsgelder für die Ukraine ablehne.

Johnson widersprach dieser Behauptung angeblich. Am Freitag hatte er eine Reise nach Florida unternommen, um dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump einen Besuch abzustatten. Trump sprach dabei in einer gemeinsamen Pressekonferenz Johnson sein Vertrauen aus und wandte sich überraschenderweise nicht direkt gegen neue Ukraine-Hilfsgelder.

Johnson sagte am Montag in Washington, dass er sich keine allzu grossen Sorgen um sein Amt mache. Er sei in Washington, um zu regieren. Eine Prognose, ob er die Abstimmung gewinnen werde, wollte er aber vorerst nicht abgeben.

Exit mobile version