Donnerstag, November 28

Kath.ch erhob massive Vorwürfe gegen den radikalen Staatskritiker Markus Krall. Und knickt nun ein.

Markus Krall ist ein Mann, der polarisiert. Auf X hat der frühere Geschäftsführer der deutschen Goldhandelsfirma Degussa und Autor von Bestsellern wie «Der Draghi-Crash» eine grosse Fangemeinde. Bis Februar war er ein prominentes Mitglied der Werteunion, die als AfD-nah gilt. Krall ist ein dezidierter Gegner der «Brandmauer», die die Rechtsaussenpartei von der Macht abhalten soll.

Entsprechend hat der libertäre Ökonom auch viele Feinde. Als er 2022 vom Bistum Chur für einen Auftritt an der Vollversammlung des Dekanats als Gastreferent eingeladen wurde, löste das Widerstand aus. Neben anderen protestierte Christian Cebulj, der Rektor der Theologischen Hochschule Chur, gegen den Auftritt. Mit Erfolg: Das Bistum sagte Krall ab.

Die Ausladung selbst hat Krall nicht gross gestört, wie er sagt. Wohl aber die begleitende Berichterstattung, vor allem auf dem Portal der katholischen Kirche, aber auch in Bündner Zeitungen. Eine Journalistin von Kath.ch schrieb, Krall werde «eine antidemokratische und antisemitische Gesinnung vorgeworfen».

«Rechtsradikaler Hintergrund»

Und sie zitierte den Religions- und Politikwissenschafter Michael Blume, der Beauftragter gegen Antisemitismus der Landesregierung von Baden-Württemberg ist: Krall würde «Verschwörungsmythen über eine angebliche Kulturmarxismus-Weltverschwörung der deutsch-jüdischen Frankfurter Schule» verbreiten, behauptete Blume.

Ähnliche Aussagen machte Rektor Cebulj in einem weiteren Artikel auf Kath.ch. Seine Recherchen hätten ergeben, dass Krall einen «rechtsradikalen Hintergrund» habe. «Er sympathisiert mit Verschwörungstheorien, muss sich den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen, will die Kirchensteuer ebenso wie die parlamentarische Demokratie abschaffen und bezeichnet sich auf Twitter gerne als intellektuellen Krawallmacher.» Er habe es für seine politische und theologische Pflicht gehalten, den Dekan des Bistums darauf hinzuweisen, erklärte Cebulj.

Insbesondere den Vorwurf, ein Antisemit zu sein, wollte Krall nicht auf sich sitzen lassen. Und klagte deshalb sowohl das Portal als auch die Journalistin, die den ersten Artikel verfasst hatte, ein. Im Januar gab ihm das Bezirksgericht Zürich recht und sprach die Journalistin der üblen Nachrede schuldig. Der Richter kritisierte, dass es zu wenig Belege gebe, um Krall eine «allgemein antisemitische Gesinnung anzudichten». Problematisch war auch, dass Kath.ch Krall trotz den schweren Vorwürfen nicht zu Wort kommen liess.

Völlige Kapitulation von Kath.ch

Nun sind jedoch alle rechtlichen Streitigkeiten beendet, der massive Druck von Krall hat offensichtlich gewirkt. Kath.ch veröffentlichte kürzlich eine «gemeinsame Erklärung», die einem «mea culpa» gleichkommt. In vier Online-Artikeln seien «gewisse Äusserungen» wiedergegeben worden, die Krall eine antisemitische Haltung unterstellen würden. «Diese Äusserungen sind unhaltbar.»

Und weiter: «Der Verein Katholisches Medienzentrum sowie Christian Cebulj distanzieren sich in aller Form von diesen Äusserungen und entschuldigen sich aufrichtig dafür. Markus Krall ist kein Antisemit.» Er trete seit Jahren aktiv für das jüdische Volk und den Staat Israel ein.

Überdies habe er sich als Mitglied des Kuratoriums und als Vorstand des Fördervereins der Dormitio-Abtei Jerusalem engagiert, die sich für Frieden im Nahen Osten einsetzt. Cebulj und das Medienzentrum anerkennen, dass Krall «zutiefst in seiner Persönlichkeit verletzt und als Mensch herabgesetzt» worden sei. Sie mussten sich verpflichten, der Abtei eine «namhafte Spende» auszurichten. Zudem hat Kath.ch alle vier Artikel zur Affäre Krall gelöscht.

Auf Anfrage der NZZ zeigt sich Krall befriedigt über die Lösung. «Ich habe die Entschuldigung der Beteiligten akzeptiert und bin überzeugt, dass sie aufrichtig gemeint war.» Er fordert nun jedoch auch andere Zeitungen, die die Kath.ch-Berichterstattung kritiklos und eins zu eins übernommen hätten, auf, die Behauptungen bezüglich Antisemitismus zurückzunehmen.

Im Thurgau glücklich

Gegen den Antisemitismus-Beauftragten Blume, auf den sich Kath.ch bezogen hatte, ging Krall in einem separaten Verfahren vor. Doch da macht er sich wenig Hoffnungen auf einen Erfolg: Blume werde als Mitarbeiter der Landesregierung von Baden-Württemberg in der strafrechtlichen Sache wohl vom Justizministerium geschützt, glaubt er.

Krall lebt mittlerweile in der Schweiz, die er als eine Art freiheitliches Paradies betrachtet – gerade im Vergleich mit seiner deutschen Heimat. Er fühle sich hier «ausgesprochen wohl», betont er. Seinen genauen Wohnsitz im Kanton Thurgau will Krall nicht bekanntgeben, weil er im Visier der Antifa sei. Der Ostschweizer Kanton gilt als eine Hochburg von Kreisen, die den Staat ablehnen und dessen Existenz negieren. Laut Recherchen der «Süddeutschen Zeitung» pflegt Krall Kontakte zur deutschen Reichsbürger-Szene, die ähnlich tickt.

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