Donnerstag, März 13

Das Parlament fordert in der ausserordentlichen Asylsession der SVP weitreichende Gesetzesanpassungen.

SVP-Politiker sind in der Regel alles andere als zimperlich, wenn es um Schuldzuweisungen in der Asylpolitik geht. Doch Ständerätin Esther Friedli begann ihr Votum am Donnerstag mit einer überraschenden Aussage: «Der überwiegende Teil der Asylsuchenden in der Schweiz verhält sich grundsätzlich absolut korrekt», sagte sie und wiederholte damit eine Botschaft, die auch Asylminister Beat Jans häufig bringt. Nur bei 6,6 Prozent der Beschuldigten gemäss Strafgesetzbuch handelte es sich im Jahr 2023 um Personen aus dem Asylbereich.

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Allerdings verzeichnet das Bundesamt für Statistik eine Zunahme: Im Jahr 2022 waren es noch 4,2 Prozent gewesen. Friedlis «Aber» kam daher prompt: «Es gibt eben auch einen kleinen, aber wachsenden Teil von Asylsuchenden und vorläufig Aufgenommenen, die kriminell sind und kriminelle Taten begehen», sagte sie.

Dabei wies Friedli auf einen Fall hin, welcher in der laufenden Session schon häufig genannt wurde: die Attacke eines vorläufig aufgenommen Afghanen auf einen älteren Mann in der Appenzeller-Bahn vor ein paar Wochen. Mittlerweile befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Er war aber bereits im Vorfeld durch Gewaltdelikte aufgefallen, kam aufgrund der hohen Anforderungen an eine Untersuchungshaft allerdings wieder frei. «Es ist kaum zu fassen, dass eine solche Person in unserem Land immer noch frei herumläuft», sagte Friedli.

Die Mehrheit des Ständerats stimmte ihr zu und überwies gleich zwei Motionen an den Bundesrat. Personen im Asylverfahren, die wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, soll das Bleiberecht entzogen werden. Und sogar verdächtigten Personen im Asylbereich ohne Schuldspruch sollen in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, beispielsweise durch «die Eingrenzung und Unterbringung in besonderen Zentren oder durch dauernde Überwachung».

Schon heute ausgewiesen

Der zuständige Bundesrat Beat Jans (SP) wehrte sich erfolglos gegen die Motionen. Die Ausschaffung krimineller Personen im Asylverfahren sei bereits heute möglich, gab er zu bedenken. Gerichte hätten 2023 im Ausländerbereich 2250 Landesverweisungen ausgesprochen. Auch das Staatssekretariat für Migration (SEM) könne Straftäter vom Asyl ausschliessen. Doch verbiete es die Verfassung, Personen ohne Einzelfallprüfung vom Asylverfahren auszuschliessen oder einzusperren, das sei unverhältnismässig. Und es fehle auch an entsprechenden Einrichtungen und am Willen der Kantone, solche aufzubauen. Laut Kriminalstatistik hätten im Jahr 2023 allein bei der Asylbevölkerung über 7000 Personen eingesperrt werden müssen.

Jans wird sich trotzdem mit den Forderungen befassen müssen, zumal auch der Nationalrat Anfang Woche eine gleichlautende Motion verabschiedet hat.

Keinen Widerstand leistete Jans bei den Grenzkontrollen. Die Staatspolitischen Kommissionen des Ständerats forderte, die Grenzkontrollen zu «intensivieren», um Personen ohne gültige Aufenthaltsberechtigung «konsequent wegzuweisen und die grenzüberschreitende Kriminalität einzudämmen».

Es handelt sich um einen Gegenvorschlag zu einer Motion von SVP-Ständerat Marco Chiesa, der «systematische Grenzkontrollen» forderte. Dies in Anlehnung an Deutschland, wo die Behörden seit September 2024 alle Grenzen kontrollieren. Gemäss Deutscher Regierung sank die irreguläre Migration seither deutlich.

Was «systematische Kontrolle» bedeutet, ist allerdings nicht klar. Deutschland überprüft nicht jeden Grenzübertritt, sondern handelt «situativ und dynamisch». Und SVP-Ständerat Chiesa liess offen, wie viele Kontrollen er für die Schweiz als zielführend erachtet. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission sehe das als «Schwäche», argumentierte Sprecher Mathias Zopfi (Grüne).

Pro Tag überqueren 2,2 Millionen Menschen die Schweizer Grenze, die Behörden kontrollieren 3 Prozent davon. Eine 100-prozentige Kontrolle erfordere eine massive Erhöhung des Zollpersonals und der Kosten, warnte Zopfi. Die Staatspolitische Kommission schlug daher den Begriff der «Intensivierung der Kontrollen» als Alternative zur «systematischen Kontrolle» vor, und überliess es dem Bundesrat, die konkrete Umsetzung zu bestimmen. Ziel müsse sein, dass damit nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl, sondern auch die objektive Sicherheit erhöht werde, so Zopfi. Die Mehrheit des Rates sah ebenso und gab dem Gegenvorschlag den Vorzug.

In den letzten Monaten hatte sich Beat Jans immer wieder gegen erhöhte Kontrollen ausgesprochen, auch die zuständigen Bundesämter kamen gemäss Informationen der NZZ zum Schluss, dass solche wenig nützen. Dennoch zeigte sich der Bundesrat nun offen für die Motion.

Zusätzlich nahm er auch Forderungen der Finanzkommission bereitwillig entgegen. Die ständerätlichen Finanzpolitiker haben auf Initiative von Mitte-Ständerat Benedikt Würth Massnahmen definiert, um die Asylverfahren zu beschleunigen, die Pendenzen abzubauen und die Kosten zu senken. Der Ständerat stimmte dafür. Jans dürfte entgegenkommen, dass die Asylzahlen weiter sinken. Gemäss SEM haben im Februar 1764 einen Antrag auf Asyl gestellt, das sind 28 Prozent weniger als im Januar.

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