Samstag, Dezember 28

Der Casino-Verband Liechtenstein hält den Austausch für Augenwischerei, weil nur die beiden Länder betroffen sind.

Etwa zwei Drittel der Spielerinnen und Spieler in den Spielbanken in Liechtenstein stammen aus der Schweiz. Laut Mutmassungen befinden sich unter ihnen auch Leute, deren Name in der Schweiz auf einer Sperrliste steht und denen damit der Zutritt zu den schweizerischen Kasinos verwehrt bleibt. Die Zahl der Gesperrten, die zum Spiel in die derzeit sechs Spielbanken in Liechtenstein ausweichen, ist nicht bekannt. Aber das Treiben wird am 7. Januar ein Ende haben. Zu jenem Zeitpunkt nämlich tritt das Abkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein in Kraft, das den automatischen Austausch der Sperrlisten vorsieht.

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Mit dem Abkommen verpflichten sich die beiden Länder zur Zusammenarbeit beim Schutz vor exzessivem Geldspiel und werden künftig die Listen über verhängte Spielsperren gegenseitig austauschen. Das liechtensteinische Geldspielgesetz, das sich in Teilen auf die Schweizer Gesetzgebung abstützt, enthält verschiedene Voraussetzungen für Spielsperren. Spielerinnen und Spieler werden mit einer Sperre belegt, wenn eine Überschuldung vorliegt oder wenn diese Personen ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Ebenso, wenn Spieleinsätze riskiert werden, die in keinem Verhältnis zum Einkommen oder zum Vermögen stehen. Die Spielsperren gelten laut Übergangsbestimmung auch für bereits gesperrte Spielerinnen und Spieler, und zwar unabhängig vom Grund der Sperre: also auch für Personen, die sich selbst in einer Art Selbstschutz sperren liessen.

Viele präventive Massnahmen

Die Forderungen zum Austausch von Sperrlisten sind beinahe so alt wie der 2017 erfolgte Start der Spielbankenbranche. Als vor den ersten Kasinos die Autos mit schweizerischen Kontrollschildern gesichtet wurden, gab es sofort Vermutungen, in diesen Fahrzeugen könnten nur Spielerinnen und Spieler angereist sein, die in der Schweiz mit einer Spielsperre belegt seien. Dass die Kasinos per Gesetz zu einem umfassenden Spielerschutz verpflichtet sind, spielte bei diesen Mutmassungen keine Rolle. Dabei sind die Spielbanken im Rahmen eines gesetzlich vorgeschriebenen Sozialkonzepts angehalten, Präventivmassnahmen bei Spielsüchtigen in die Wege zu leiten, wie etwa Beschränkungen der monatlichen Kasinobesuche, das Festlegen einer maximalen Spielsumme oder der Verzicht auf Kreditkarten. Wenn Prävention jedoch nicht hilft, bleibt nur eine Sperre, was nicht selten passiert. Ende 2023 waren in den sechs Spielbanken nicht weniger als 4517 Spielerinnen und Spieler mit einer Sperre belegt. Im laufenden Jahr sind laut Auskunft des Casino-Verbands weitere Spielverbote verhängt worden.

Für Markus Kaufmann, Präsident des Casino-Verbands Fürstentum Liechtenstein, sind diese Sperren ein Ausdruck davon, dass die Spielbanken ihren Verpflichtungen zum Spielerschutz nachkommen. Die Branche sperre sich deshalb nicht gegen den Sperrlistenaustausch zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Kaufmann hält aber den Listenaustausch für eine Augenwischerei. Mit einer solchen Massnahme werde keinem einzigen Spielsüchtigen wirklich geholfen. Wenn eine spielsüchtige Person in der Schweiz gesperrt sei und damit künftig auch in Liechtenstein nicht mehr in den Kasinos zugelassen sei, könne sie einfach ein Stück weiter fahren: In den Kasinos im Vorarlberger und süddeutschen Bodenseeraum schere sich niemand um Sperren in der Schweiz und Liechtenstein.

Rückgang von 30 Prozent prognostiziert

Diese Problematik wurde auch im liechtensteinischen Parlament angesprochen, als das Abkommen mit der Schweiz zur Diskussion stand. Aber mehr als die Frage, ob es sich um «einen zahnlosen Tiger» handle, war an kritischen Tönen nicht zu hören. Vielmehr erntete Wirtschaftsministerin Sabine Monauni grosses Lob für ihren Einsatz zum Abschluss des Sperrlistenabkommens mit der Schweiz. Auf die Frage, ob ein ähnliches Abkommen auch mit Österreich oder Deutschland abgeschlossen werden könnte, hatte Monauni schon früher die damit verbundenen Hoffnungen gedämpft. In Österreich existiere keine bundesweit anbieterübergreifende Sperrdatenbank, was eine Voraussetzung für den Austausch von Sperrlisten wäre. Auch gebe es in Europa keine vergleichbare Vereinbarung zwischen zwei Ländern wie das liechtensteinisch-schweizerische Abkommen.

Die von der Regierung eingesetzten Experten gehen offenbar davon aus, dass ein erheblicher Teil der Spielerinnen und Spieler in Liechtenstein auf einer Sperrliste in der Schweiz stehen. Wirtschaftsministerin Monauni erklärte dazu im Parlament, ein Fachbeirat prognostiziere einen Rückgang von 30 Prozent des Bruttospielertrags. Bei einem Eintreffen dieser Prognose würde der Staatshaushalt merklich betroffen. Im Rechnungsjahr 2023 resultierten aus den Geldspielen Einnahmen von ungefähr 50 Millionen Franken, was etwa einem Fünftel der Erträge aus der Mehrwertsteuer entspricht. Der Casino-Verband äussert sich nicht konkret zu den Auswirkungen auf die Staatseinnahmen, geht aber ebenfalls von einem Rückgang aus. Mehr Sorgen bereiten dem Verband das regulatorische Gefälle für die Spielbanken gegenüber der Schweiz sowie die rund zwanzig Verschärfungen des Geldspielgesetzes und der dazu gehörenden Verordnungen in den letzten sieben Jahren. Dazu zählen laut dem Präsidenten Kaufmann die Abgabenerhöhungen, Eingriffe bei der Abgabe von Gratisspielmarken oder die Änderung des Verhältnisses von Tisch- und Automatenspielen. Die noch junge Geldspielbranche geniesse keine Rechtssicherheit, vielmehr schwebe über den Spielbanken dauerhaft das Damoklesschwert neuer staatlicher Vorgaben.

Exit mobile version