Die befürchtete «unheilige Allianz» der Rechten und der Linken ist ausgeblieben. Damit ist das Risiko eines budgetlosen Zustands praktisch vom Tisch. Der Streit aber geht weiter.
Es hat geklappt. Nach einer gesamten Redezeit von zwölf Stunden, verteilt auf drei Tage, hat der Nationalrat am Donnerstag die Debatte über das Budget für das Jahr 2025 erfolgreich abgeschlossen. Der von manchen befürchtete Absturz hat nicht stattgefunden. Insbesondere ist es nicht zu einer «unheiligen Allianz» zwischen dem rot-grünen Lager und der SVP gekommen, die in der Lage gewesen wäre, das Budget aus gegensätzlichen Motiven zu versenken.
Stattdessen hat der Voranschlag am Ende dank den Stimmen von SVP, FDP und Mitte eine relativ deutliche Mehrheit gefunden (120 gegen 73 Stimmen). Die SP, die Grünen und die GLP lehnten das Budget ab, insbesondere aus Protest gegen die schnellere Erhöhung des Armeebudgets sowie die Kürzungen bei der Entwicklungshilfe und der Bundesverwaltung. Während die zwei linken Parteien rhetorisch mächtig zugeschlagen haben – bis hin zur Aussage, die Bürgerlichen würden mit der Reduktion der Auslandhilfe Tote in Kauf nehmen –, haben sich die Grünliberalen nicht derart im Ton vergriffen.
Mit dem Entscheid des Nationalrats ist das vielzitierte Risiko eines «Government-Shutdown», wie er in den USA gelegentlich droht, hierzulande praktisch schon vom Tisch. Nach der Einigung ist so gut wie sicher, dass der Bund mit einem genehmigten Voranschlag in das kommende Jahr gehen kann und es kein «Notbudget» brauchen wird. Theoretisch könnte sich zwar der Ständerat noch querlegen. Aber weder verfügen die Linke und die SVP hier über eine Mehrheit, noch würde eine solche Politik dem Selbstverständnis der kleinen Kammer gerecht werden.
Der Nationalrat seinerseits kann das Budget nach der Zustimmung vom Donnerstag nicht mehr torpedieren. Das gilt selbst dann, wenn es bei einzelnen Budgetpositionen bis am Ende keine Einigung geben wird, was durchaus realistisch ist. In diesem Fall wird eine Einigungskonferenz eingesetzt. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass diese in beiden Parlamentskammern scheitern sollte, würde das Budget trotzdem gelten.
Folgenloser Entscheid für Nachtzüge
Das Budget in der Variante des Nationalrats ist klar bürgerlich geprägt, aber nicht in allen Punkten. Zu den auffälligsten Themen, bei denen sich eine Mitte-links-Mehrheit durchgesetzt hat, gehört der Streit um die Nachtzüge: Obwohl das Parlament beschlossen hatte, ab dem nächsten Jahr 30 Millionen Franken Subventionen an die SBB zu bezahlen, damit diese zusätzliche Nachtverbindungen anbieten können, hat der Bundesrat just hier eine Kreditsperre beschlossen. Er machte dies, um ein Hin und Her zu verhindern, da er diese Subvention sowieso möglichst rasch wieder abschaffen will.
Nun hat sich aber der Nationalrat am Donnerstag gegen die Kreditsperre ausgesprochen. Ändern dürfte dies gemäss der Finanzministerin Karin Keller-Sutter indes nichts: Sie sagte, die SBB hätten dem Bund bereits mitgeteilt, dass die geplanten Nachtzüge 2025 für Rom und Barcelona ohnehin nicht zur Verfügung stünden.
Emotionaler Streit um Auslandhilfe
Das grösste Konfliktpotenzial besteht bei der Entwicklungshilfe. Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat hat gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats eine Kürzung um gesamthaft 250 Millionen Franken vorgenommen. Im Ständerat dürfte dies nicht mehrheitsfähig sein. Seine Finanzkommission schlägt nur eine Reduktion um 30 Millionen vor, um nicht kurzfristig den Abbruch laufender Projekte zu riskieren. Stattdessen wollen die Finanzpolitiker des Ständerats in anderen Bereichen stärker kürzen, um die Erhöhung des Armeebudgets zu ermöglichen.
Falls die Bürgerlichen im Nationalrat bei der 250-Millionen-Kürzung bleiben, werden sie sich am Ende durchsetzen: Ohne Einigung zwischen den beiden Kammern wird am Ende automatisch der tiefere Betrag in das Budget geschrieben. Mit hitzigen Debatten in den nächsten Tagen ist zu rechnen, der Widerstand ist gross, der Ausgang scheint offen.
Das Aussendepartement von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis versucht im Hintergrund weiterhin, die Reduktion abzuwenden. Im Nationalrat hat neben der SVP auch die FDP mit einer einzigen Ausnahme für die grössere Kürzung gestimmt, die Mitte war gespalten.
Defizit trotz Schuldenbremse
Gesamthaft sieht das Budget in der Variante des Nationalrats bei Ausgaben von 86,5 Milliarden Franken ein Defizit von 830 Millionen vor. Somit ist im kommenden Jahr erneut mit einer Zunahme der Verschuldung zu rechnen. Gemäss dem Budget dürften sich die Nettoschulden des Bundes Ende des Jahres 2025 im Bereich von 145 Milliarden Franken bewegen.
Dieses Ergebnis ist jedoch kompatibel mit der Schuldenbremse, die in Jahren mit relativ schwacher Wirtschaftslage Fehlbeträge explizit erlaubt. Der Nationalrat hat diesen Spielraum weitgehend ausgereizt, indem er die Ausgaben gegenüber den Plänen des Bundesrats unter dem Strich um fast 100 Millionen Franken erhöht hat.
Die grösste Aufstockung hat der Nationalrat bei der Armee vorgenommen, für die er nächstes Jahr 530 Millionen Franken mehr ausgeben will als vom Bundesrat geplant. Der Fokus liegt auf den Rüstungsbeschaffungen, welche die Bürgerlichen forcieren wollen, um die militärische Verteidigungsfähigkeit wieder herzustellen. Das Armeebudget soll im Vergleich mit dem laufenden Jahr von 5,7 auf 6,4 Milliarden Franken zunehmen.
Wiederaufbau der Armee bis 2030 oder 2032?
Doch auch bei der Landesverteidigung ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zwar dürfte sich der Ständerat bei der Erhöhung im Jahr 2025 dem Nationalrat anschliessen. Bei der Frage aber, wie stark die Armeeausgaben in den Jahren 2026 bis 2028 steigen sollen, gehen die Meinungen auseinander. Im Nationalrat haben SVP, FDP und Mitte ein anhaltend kräftiges Wachstum festgeschrieben, das die ohnehin drohenden Milliardendefizite weiter vergrössert, da eine Gegenfinanzierung fehlt. Dahinter steht das Ziel, das Armeebudget per 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) anzuheben.
Die Finanzkommission des Ständerats will das Tempo drosseln, weil sie diesen Anstieg nicht als realistisch erachtet. Nach ihrem Plan würde der Bund das 1-Prozent-Ziel zwei Jahre später erreichen. Es bleibt spannend. Die Budgetdebatte des Ständerats findet am Montag statt.