Freitag, Januar 31

Der britische Designer tritt von seinem Posten als Kreativdirektor bei Dior Men zurück – nur eine Woche nach seiner jüngsten Schau und dem Erhalt des höchsten zivilen Ordens Frankreichs.

Was in der Branche schon seit einer Weile viele munkelten, hat sich nun bewahrheitet: Nur eine Woche nach seiner triumphalen Show bei der Pariser Männermodewoche, bei der bereits viele der Anwesenden vermuteten, dass es seine letzte im Dienste für Dior sein würde, tritt Kim Jones zurück. Dies bestätigt eine Mitteilung von Freitag, 31. Januar, aus dem Pariser Modehaus. Die französische Maison drückt darin ihre höchste Dankbarkeit für den Kreativdirektor der Ready-to-wear- und Accessoire-Kollektionen von Dior Men aus.

Er habe die Entwicklung der Herrenkollektionen international vorangetrieben und wesentlich zum weltweiten Einfluss des Hauses beigetragen, heisst es. Dies dank einer inspirierenden Garderobe, die sowohl klassisch als auch zeitgenössisch ist und mitunter einige Künstler in seine Kollektionen integrierte.

Viele Hinweise deuteten auf den Abgang hin

Im Nachhinein erkennt man: Der Tag von Jones’ letzter Dior-Kollektion war gespickt mit Hinweisen auf einen baldigen Abgang. Da war einerseits die Präsentation selbst mit ihrem minimalistischen Set, einer riesigen, strahlend hell beleuchteten Treppe. Am Ende der Show verschwanden die Models und Kim Jones in den Untergrund. Dazu: ein sehnsüchtiger, hochsentimentaler Soundtrack, der für eine dramatische, rührende Inszenierung sorgte, die in ihrem Pathos fast schon an ein Staatsbegräbnis erinnerte.

Auch die Maske im Eröffnungslook der Show (und später jene bei weiteren Models) war ein Indiz: eine Augenbinde, wie man sie von Abbildungen der Göttin Justitia her kennt. Sie waren mit einer eleganten Schlaufe am Hinterkopf versehen, bei einigen stand der Name Dior über den Augen – als ob Kim Jones einem damit sagen wollte, er beherrsche quasi blindlings das Spiel mit den Dior-Stilcodes.

Die letzte Kollektion von Kim Jones für Dior Men: Herbst/Winter 2025.

Die Kleider selbst waren in dieser Kollektion die Essenz sowohl der Maison Dior wie auch von Kim Jones’ Schaffen: eine Ode an die Werte höchster Pariser Schneiderkunst mit femininem Flair, aber auch mit einer Neufassung einer facettenreichen Männlichkeit – von fast mächtiger Präsenz und doch mit stillen, zarten Noten.

Von Louis Vuitton zu Christian Dior

Zwar machte Kim Jones ab 2003 mit seiner Eigenmarke vor allem mit urbanen, sportiven Kollektionen erstmals auf sich aufmerksam, betrat aber 2008 das Parkett in der Luxusmode. Erst als Kreativchef der britischen Marke Dunhill, 2011 besetzte er den Posten als Chefdesigner der Herrenkollektionen von Louis Vuitton. Bis 2018 wurde er dort durch seine Fähigkeit, Luxus mit zeitgenössischen Codes wie Street- und Sportswear glaubhaft und begehrlich zu vermählen, fast so weltberühmt wie sein anfängliches Pendant bei den Damenkollektionen von Louis Vuitton, Marc Jacobs.

Entwürfe von Kim Jones für Louis Vuitton aus dem Jahre 2012.

2018 wechselte Jones dann zu Dior. In der gleichen Position wie vormals bei Louis Vuitton sollte er nun Ähnliches richten: dank attraktiven Designs die Marke auch für das männliche Publikum attraktiv gestalten. Das geschah in einer entscheidenden Zeit der Modebranche, in der die Herrenmode einen grossen Wandel in Form stilistischer Weiterentwicklungen erlebte. Den Wandel bei Dior läutete er nicht nur mit der Namensänderung von vormals Dior Homme zu Dior Men ein, sondern auch mit einer Abkehr von den eher unterkühlten, rigide wirkenden Looks, die seine Vorgänger prägten: Kris Van Assche war von 2007 bis 2018 Kreativchef von Dior Homme, Hedi Slimane von 2000 bis 2007.

Unter Kim Jones flossen neu zwei wichtige Markencodes der Maison Dior stark in die Männerkollektionen ein: Feminität und Haute Couture. Unter ihm weitete sich die vormals so klassische Farbpalette auf zarteste Puder- und Pastelltöne aus; Kleider waren aufwendig bestickt und mit glitzernden Blütenmotiven dekoriert. Neu war auch, dass ein Mann ohne Handtasche aus modischer Sicht als unvollständig galt – zumindest in seinen Shows. Dass die Männerhandtasche auf der ganzen Welt fast schon als selbstverständlich gilt und kaum mehr für Aufsehen sorgt, ist mitunter seiner Kreativität – mithilfe der Macht der potenten Marke Dior – zu verdanken. So brachte er die fast verschollene Saddle-Bag auch für Männer aus den Archiven hervor und machte sie zu einem neuen Bestseller.

Delphine Arnault bedankt sich

Am Ende der Show vor einer Woche umarmte Kim Jones seine Chefin Delphine Arnault, CEO von Christian Dior Couture, herzlich, fast schon überschwänglich. Arnault schreibt im heutigen Communiqué zu seinem Abgang: «Ich bin Kim Jones, seinem Studio und den Ateliers sehr dankbar für die bemerkenswerte Arbeit, die sie geleistet haben. Mit all seinem Talent und seiner Kreativität hat er das Erbe des Hauses immer wieder neu interpretiert, mit echter Freiheit im Ton und überraschenden, höchst wünschenswerten künstlerischen Kooperationen.»

Dem fügt Kim Jones in der Mitteilung hinzu: «Es war mir eine grosse Ehre, meine Kollektionen im Haus Dior, einem Symbol für absolute Exzellenz, entwerfen zu dürfen. Ich möchte meinem Studio und den Ateliers, die mich auf dieser wunderbaren Reise begleitet haben, meine tiefe Dankbarkeit aussprechen. Sie haben meine Kreationen zum Leben erweckt. Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen, um den Künstlern und Freunden zu danken, die ich durch meine Zusammenarbeit kennengelernt habe. Und schliesslich bin ich Bernard und Delphine Arnault zu grossem Dank verpflichtet, die mich voll und ganz unterstützt haben.»

Dass der 55-jährige Brite, der seine Kindheit in Ecuador, der Karibik und Afrika verbrachte, am Freitagabend des 24. Januars die höchste zivile Ehrung Frankreichs, den Chevalier de la Légion d’Honneur, erhielt, war nicht nur ein krönender Abschluss eines äusserst erfolgreichen Show-Tages, sondern auch seiner Karriere bei Dior.

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