Samstag, Dezember 21

Ein Heer aus Spieldesignern, Marktforschern und Händlern fragt sich unaufhörlich: Womit wollen Kinder heute noch spielen? Viele Ideen scheitern am Eigensinn der Klientel. Ein Ausflug in den Irrgarten der Spielwarenindustrie.

Viele Grossereignisse können inzwischen vorhergesagt werden. Virologinnen halten den nächsten potenziellen Auslöser einer Epidemie im Blick, Geologen messen aus, wo der Berg ins Tal stürzen könnte, Konjunkturforscher berechnen, wann welches Land in die nächste Rezession rutscht.

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Nur in der Spielwarenindustrie weiss keiner so genau, worauf die Kinder als Nächstes abfahren werden.

Den Fidget-Spinner jedenfalls hat keiner kommen sehen.

Im Frühling 2017 tauchte er auf Bubenfingern rund um Schulhäuser auf der ganzen Welt auf. Der Handkreisel hat in der Mitte ein Kugellager und drei Arme. Mit etwas Geschicklichkeit dreht er sich rasend schnell um die eigene Achse. Irgendwann hatte von der ersten Klasse bis zur Oberstufe nicht nur jeder Junge, sondern auch fast alle Mädchen einen – oder gleich ein ganzes Bündel davon, denn der knallige Fidget-Spinner ist ein Sammelobjekt.

Der Fidget-Spinner kostet je nach Ausführung taschengeldfreundliche 10 Franken. Die meisten Eltern hatten zunächst nichts einzuwenden, denn im Internet stand geschrieben, das Ding könne Zappelphilippe und Unruhegeister für einige Stunden am Tag in Schach halten.

Der Fidget-Spinner wurde innerhalb von ein paar Wochen weltweit zum knappen Gut und war in Europa irgendwann gar nicht mehr erhältlich.

Wie «Tschau Sepp», nur teurer

«Wir sahen nicht, was man mit dem Fidget-Spinner überhaupt machen kann», erinnert sich der Spielwarenhändler Peter Gygax. Als die Manie aus Amerika langsam die Schweiz ergriff, hatte er sich seit über dreissig Jahren mit der Frage beschäftigt, welche Spielzeuge bei Kindern ankommen. 1986 hatte er mit seinem Vater ein Kartenspiel entwickelt und dafür ein Unternehmen gegründet. Anfangs wurden sie für das Spiel ausgelacht, weil es kaum mehr als «Tschau Sepp» war, «bloss teurer» – doch dann gelang Gygax’ Spiel der Durchbruch. Nach drei Jahren war «Uno» das meistverkaufte Kartenspiel der Schweiz.

Nach sechs Monaten war der Spuk vorbei

Gygax weiss so einiges über Spielzeugtrends, das wird sofort klar, wenn man ihn in seinem nigelnagelneuen Fabrikgebäude in Brunnen im Kanton Schwyz besucht: 12 000 verschiedene Artikel lagern dort auf 2000 Quadratmetern über 25 Meter Höhe, und zu wirklich jedem Ding – Puppe, Spiel, Gummiviech, Puzzle, Holztöggel – kann Gygax etwas Spannendes erzählen: über Geschichte, Entwicklung, Herstellung, Zukunftspotenzial. Wer, wenn nicht er, kann präzise erklären, was auf dem Markt funktioniert und was scheitert?

Weder Gygax’ Erfahrung noch die konzentrierte Fachkompetenz seiner Entwickler, Trendscouts und Einkäuferinnen brachten ihn im Jahr 2017 dazu, das Fummelding aus Gummi und Metall in China zu bestellen. «Wir waren einfach nicht in der richtigen Stimmung», sagt er. Und so verschlief Gygax den Trend sozusagen im Wachzustand.

Der Unternehmer hantiert während des Gesprächs mit kleinen Plastikteilchen eines Brettspiels, das vor ihm auf dem Tisch steht: «Die magischen Schlüssel». Darauf ist er stolz. «Haben wir selbst entwickelt», sagt er. Die Kartonverpackung kommt aus Europa, alles andere wird in China produziert. Wenn er die kleinen Plastikschlüssel oder die braune Schatztruhe des Spiels nachbestellt, muss Gygax mindestens vier Monate darauf warten: So lange dauert erstens die Produktion und zweitens der Transport mit der chinesischen Staatsbahn vom Fernen Osten bis nach Duisburg, wo die Spielfiguren auf den Güterwaggon Richtung Schweiz verladen werden. Einige Bestandteile des Spiels kommen per Frachtschiff, weniger wird auf dem teuren Luftweg importiert. Gygax will mit diesen Ausführungen zeigen, warum es sich für ihn nicht lohnt, in kurzlebige Trends zu investieren: Während die Ware noch auf dem Wasser Richtung Kap der Guten Hoffnung dümpelt (der Suez-Kanal ist heute praktisch unpassierbar), flacht in Europa die Nachfrage vielleicht schon wieder ab.

Die Regale der wenigen Läden in der Schweiz, die den Fidget-Spinner im Frühjahr und Sommer 2017 verkauften, leerten sich schnell. Bald waren auch die Zwischenhändler der Online-Shops ausgeschossen. Gygax zuckt mit den Schultern. «Nach sechs Monaten war der Spuk vorbei.» Das heisst: Die Kinder wandten sich neuen Dingen zu. Zum Niedergang beigetragen hat, dass das Störpotenzial beträchtlich war und Schulen auf der ganzen Welt dem Fidget-Spinner kurzerhand Hausverbot erteilten.

Der Fidget-Spinner steht für das Dilemma einer ganzen Branche: Welches Plüschtier werden uns die Kinder als Nächstes aus den Regalen zerren? Welche Spielfigur aus den 1980ern werden Händler plötzlich lastwagenweise bestellen, weil der Tiktok-Post eines Teenagers aus Marburg-Biedenkopf die Sammelwut des gesamten deutschsprachigen Sprachraums entfacht hat? Die Suche nach der Antwort treibt eine ganze Industrie um.

Natürlich testen Entwickler, Einkäufer, Designer ihre Spielzeuge direkt bei der Zielgruppe, bevor sie in die Produktion eines Spielzeugs investieren. Doch was in der Produkteentwicklung normalerweise Erfolg garantiert, stösst bei Kindern an Grenzen.

Gamen, Chatten, Videoschauen

«Mit einem Lastwagen??? Habe ich vielleicht vor zwei Jahren das letzte Mal gespielt.» Ayus findet die Frage, ob er noch mit seinem Fahrzeugpark spiele, peinlich. Er ist ja nun mit seinen zehn Jahren kein Baby mehr! Ausserdem sitzt er neben seinem älteren Bruder Akus, da will er den richtigen Eindruck hinterlassen. Dass der Zwölfjährige sein Vorbild ist, würde er natürlich nie zugeben. Der Vater hat extra für den Besuch der Fotografin die Zimmer der beiden Buben aufgeräumt, aber auch an anderen Tagen liegen ausser Kleidern und Schulsachen keine Spielsachen herum, wie Akus versichert. Damit spielen sie nicht mehr, Playmobil und Lego liegen in Kisten verpackt im Keller. Auf die Frage, womit sie sich beschäftigen, wenn sie frei wählen dürfen, nennen sie «Games uf em Tablet». Für die Foto holt Akus ein Brettspiel hervor, das er von der Mutter, die als Ärztin an einem Spital arbeitet, bekommen hat. Eigentlich wird das Spiel erst ab vierzehn Jahren empfohlen. Es heisst «Smart 10», und darin stehen ganz viele Fragen, die sogar Erwachsene ins Schwitzen bringen. «Was bedeutet die Abkürzung SUV? In welcher Dekade sangen die Bee Gees ‹Staying Alive›?» Auch Ayus spielt mit. Seine Spezialität, sagt der Drittklässler, seien Daten und Zahlen von Ländern.

Ihre Allgemeinbildung mag überdurchschnittlich sein, aber etwas macht die Brüder zu typischen Vertretern ihrer Altersgruppe: Sie haben sich bereits früh von traditionellen Spielsachen verabschiedet.

«Bis vor fünfzehn Jahren spielten auch zwölfjährige Mädchen noch mit Barbies, heute verlieren sie viel früher das Interesse», sagt Kurt Meister vom Marktforschungsinstitut GfK/NIQ. Er analysiert seit zwanzig Jahren die Daten der Branche. «Die Phase, in der Kinder sich mit Spielzeug beschäftigen, hat sich stark verkürzt», sagt er. Bis in die 1990er Jahre konnte es gut sein, dass ein Dreizehnjähriger mit seinem Feuerwehrauto auf dem Spielplatz auftauchte oder gleichaltrige Mädchen sich in den Pausen zum Gummitwist trafen.

Heute würden die meisten Kinder mit acht oder neun Jahren langsam, aber sicher zu digitalen Beschäftigungen wechseln: Gamen, Chatten, Videoschauen. «Die Digitalisierung macht die Kinder nicht früher erwachsen, aber sie spielen Erwachsene», sagt Meister. Ob das nun aus erzieherischer Sicht gut oder schlecht sei, will der Trendforscher nicht beurteilen.

Neue Kundschaft trägt Bart

Für wen die Entwicklung aber garantiert schlecht sein muss: die Spielzeughändler. Wenn sich immer weniger Kinder Barbies und Playmobil zu Weihnachten wünschen, leidet dann nicht das Geschäft?

Falsch. Ein Blick in die Statistik von GfK zeigt: Der Schweizer Umsatz von traditionellen Spielzeugen – also exklusive Videospielen – pendelte in den vergangenen zwanzig Jahren immer um die 400-Millionen-Marke mit einem deutlichen Anstieg in den Pandemiejahren, als der Nachwuchs während des Lockdowns beschäftigt sein wollte. Heute hat sich dieser Effekt wieder gelegt, das Volumen war aber mit über 515 Millionen Franken im Jahr 2023 immer noch deutlich höher als in den Jahren zuvor.

Diese Zahlen sind umso eindrücklicher, wenn man weiss, dass der Spielwarenhandel seit ein paar Jahren ernsthafte Konkurrenz aus China bekommen hat – Temu zum Beispiel liefert dank Freihandelsabkommen Spielzeuge in die Schweiz. Das ist spottbillig und passiert unter Umgehung der strengen Vorgaben zur Produktsicherheit, die in der EU und in der Schweiz für Spielzeuge gelten. Angesichts dieser furchteinflössenden Konkurrenz spricht sogar der Verband der Spielwarenhändler von «mirakulösen Gründen», die ein Einbrechen der Umsätze verhindert haben.

Was ist also passiert? Warum läuft das Geschäft rund, wenn doch die Kinder sich immer früher von Puppen und Playmobil abwenden?

Meister sagt, das habe vor allem mit dem plötzlichen Auftauchen einer neuen Zielgruppe zu tun. Typische Vertreter tragen heute fast immer Bart, manchmal sind die Schläfen schon leicht ergraut. Sie bestellen in der Regel online, denn sie lassen sich nur ungern in Spielzeugwarenläden erwischen: erwachsene Männer. Im Marketing-Slang heissen sie «Kidults». Sie retten gerade die Umsätze der Spielwarenhändler.

«Spielende Männer reissen im Moment die ganze Branche heraus», sagt der Unternehmer Gygax. Sie kaufen zum Beispiel 600 Franken teure Lego-Sets oder 3-D-Puzzles. Es gab sie eigentlich schon vor der Pandemie, aber erst die Häuslichkeit des Lockdowns scheint das Kind im Manne so richtig entfesselt zu haben. Viele kaufen sich teure Figuren aus Filmen, Fernsehserien oder Games, die sie in ihrer Kindheit geliebt haben, um sich dann einen Darth Vader oder ein Piratenschiff auf den Schrank im Büro oder in die Vitrine im Wohnzimmer zu stellen.

Blackbox Kind

Spielende Männer mögen kaufkräftiger sein als ein Dreikäsehoch an der Coop-Kasse – aber Spielwaren bleiben ein Kinder-Business. Die Entwickler setzen deshalb alles daran, aus der immer kürzeren Spielphase mehr herauszuholen und die Kinder bei der Stange zu halten, zum Beispiel mit Lizenzierungen: Lego oder Playmobil kaufen sich die Rechte an Filmfiguren und gehen Kooperationen mit Firmen wie Disney und Marvel ein. Aber auch das funktioniert nicht immer.

«Wenn ich das wüsste, würde ich sofort einen Spielwarenhandel aufmachen», sagt Kurt Meister, der Marktforscher. Natürlich gibt es Kinderlieblinge: Burgen, Ritter, Piraten und Fahrzeuge von Rettungsdiensten waren in den letzten zwanzig Jahren immer etwa gleich begehrt. Mädchen lieben seit Jahrzehnten Puppen, Prinzessinnen, Zootiere, Pferde. Meister kennt diese Konstanten als Marktforscher. Als Vater von zwei inzwischen erwachsenen Töchtern sagt er: «Die Zielgruppe der Kinder wird mehr und mehr zu einer Blackbox.» Heute mögen sie Schleich-Tiere aller Gattungen, bis sie damit die komplette Arche Noah füllen können, morgen wandert der ganze Zoobestand auf den Tierfriedhof. Im Sommer durfte Lillifee noch mit im Bett schlafen, am Jahresende findet die Tochter die dünne Elfe mit dem platten Gesicht nur noch peinlich.

Loni zum Beispiel liebt ihr Einhorn. Die Dreijährige lebt in einer Genossenschaftssiedlung in Zürich. Als sie gefragt wird, was ihr Lieblingsspielzeug sei, hofft die Mutter, dass sie den Doktorkoffer hervorholt. Doch davon will Loni nichts wissen. Ihr Liebling ist ein faustgrosses Stück billiger, ausgestopfter Plüschstoff aus China.

Einhörner sind seit den neunziger Jahren ein Dauerbrenner. In seinem Show-Room in Brunnen geht Gygax durch die Regale, vorbei an meterweise Einhornförmigem: Plüschtiere, Gummigestalten, Aufdrucke, Glitterabziehbilder. Die Mädchen-Abteilung ist ein einziges Meer von verhuscht blickenden Fabelwesen. Man merkt Gygax an, dass ihm bei dem Anblick nicht recht wohl ist. Wie die meisten Erwachsenen mag auch er schöne, funktionale, langlebige Spielsachen von hoher Qualität. Am Ende blickt der Unternehmer auf die rosa Meile zurück und stellt eine rhetorische Frage. «Wie lange lebt eigentlich so ein Einhorn?»

Einhörner mögen unsterblich sein – so wie die Liebe der Mädchen zu Barbies. Und zu Plüschtieren mit riesigen Augen, «Cute»-Effekt nennt man das in der Branche. Aus diesen Gesetzmässigkeiten könnte man auf die Idee kommen, ein glubschäugiges Einhorn mit rosa Mähne und einem Glitzersattel zu versehen, auf den ein Barbie-Hintern perfekt passt. «Barbies rosa Kuschel-Einhorn» – warum ist Mattel noch nie auf diese Idee gekommen?

Ganz einfach: Weil Mattel schon auf eine sehr ähnliche Idee gekommen ist: «Barbies Pegasus», ein Pferd mit pinker Mähne, riesigen Augen und Glitterflügeln. Doch das Ross brach sich auf dem Markt für herzige Meitli alle Knochen. Seither fristet der schöne Pegasus sein Dasein als Restbestand im Online-Shop. Und vermutlich liegt es nicht daran, dass dem Pferd das Horn an der Stirn fehlte. Pegasus liess die meisten Mädchenherzen einfach kalt.

Selbstverständlich testen Hersteller ihre Spielzeuge, bevor sie sie auf den Markt bringen. Aber selbst die sorgfältigste Versuchsreihe mit Kindern garantiert keinen Erfolg. Davon erzählt Florian Sieber, Geschäftsführer der internationalen Simba-Dickie-Gruppe in Deutschland. Vor ein paar Jahren entwickelte sein Unternehmen die sogenannten «Rescue Hybrids». Die Idee war, Buben noch etwas länger für ihre geliebten Rettungsfahrzeuge zu begeistern. Die Umsetzung war aufwendig und phantasievoll: futuristische, roboterhafte Krankenwagen oder Polizeiwagen, die sich zu Raumschiffen umfunktionieren liessen. Verletzte Hunde per Raumschiff ins Spital auf dem Mars transportieren? Die Erwachsenen waren begeistert. Die Idee klang «failproof», wie es im Jargon heisst.

Also investierte Simba Dickie einen höheren sechsstelligen Betrag, steckte zwei Jahre in Entwicklung und Marketing. «Wir waren alle begeistert und freuten uns auf den Launch», erinnert sich Sieber. Etwas stutzig wurden die Entwickler einzig, als die Testspieler nicht gleich verstanden, was man eigentlich mit den neuartigen Gefährten machen sollte. Aber nachdem sie den Kindern die Funktionsweise erklärt hatten, spielten sie doch noch damit.

Nur: Die Rettungsraumschiffe hoben nie richtig ab. Die Verkäufe waren trotz teuren Werbemassnahmen bescheiden. Die meisten Kinder fanden das futuristisch aussehende Spielzeug uninteressant. Die «Rescue Hybrids» wurden wieder aus dem Sortiment genommen.

Auf der Suche nach dem Super-Spielzeug

Warum funktionierte weder Raumschiff-Krankenwagen noch Barbie-Pegasus? Obwohl beide aus Elementen bestehen, mit denen Kinder seit Jahrzehnten gerne spielen.

Eine mögliche Antwort: Erwachsene suchen eigentlich nicht nach dem nächsten guten Spielzeug, sondern nach einem neuen Fidget-Spinner, nach einem Megatrend. Um mehr aus einer kurzlebigen Zielgruppe herauszuholen, versuchen sie ein Super-Spielzeug zu kreieren, das möglichst viele Attraktivitätsmerkmale auf sich vereinigt. Das Ergebnis enttäuscht, weil ein solch fixfertiger Kindertraum keinen Raum mehr für eigene Projektionen lässt. In der Phantasie von spielenden Kindern können auch ganz normale Feuerwehrautos fliegen – manchmal sogar bis zum Mond.

Einkäuferinnen und Händler sagen, dass sie an der Spielzeugmesse in Nürnberg, der wichtigsten Messe der Branche weltweit, schon seit Jahren keine echten Innovationen mehr gesehen hätten. Was fehlt, ist etwas Überraschendes, Neuartiges. Etwas, mit dem Kinder mehrerer Generationen der Zukunft spielen werden.

Zum Beispiel ein Becher mit zweifelhaft riechendem, grell leuchtendem Schleim.

Schweizer Schleim in Hollywood

Slimy heisst diese Innovation, und es gibt sie seit Jahrzehnten an jeder Coop-Kasse und am Kiosk für um die 5 Franken zu kaufen. Entstanden ist sie Mitte der 1970er Jahre als Nebenprodukt eines Blockbuster-Films namens «Alien». Auf der Suche nach Requisiten stiessen Gesandte des Regisseurs Ridley Scott auf eine kleine Fabrik in Kerzers im Kanton Freiburg. Und so kam es, dass Schweizer Schleim in Containern über den Atlantik nach Hollywood gebracht wurde, wo man ihn unter anderem über den Lockenschopf der Hauptdarstellerin Sigourney Weaver leerte.

Der Hersteller sah das Potenzial und füllte den Glibber in verschiedenen Schockfarben in Becher, die er zum Sackgeldpreis in Spielzeugläden anbot. Die Eltern waren entsetzt: Was macht man denn mit so etwas Ekligem, das auch noch seltsam chemisch riecht? Und hinterlässt das Flecken auf unserem Sofa?

Doch gegen ein entflammtes Kinderherz kommt keine elterliche Strenge an. Und so ist der Slimy bis heute begehrte Ware. Doch auch der ekligste Schleim ist nur Teil einer Phase. Irgendwann landet auch er im Abfall oder in der Toilette und entschwindet wie alle seine Vorgänger im Spielzeug-Himmel. Was bleibt, sind Kindheitserinnerungen an einen eigentümlichen Geruch und eine Fussnote der Spielzeuggeschichte: Der Slimy riecht heute anders als in den 1980ern. Der Hersteller musste die toxische Borsäure entfernen.

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