Dienstag, April 22

In sechs schimmernden Blasen will sich die Schweiz in Japan als innovativstes Land der Welt präsentieren. Helfen sollen dabei auch die Schokoriegel eines Nahrungsmittelriesen.

Manuel Salchli steht vor einem Gebäude aus Blasen. Sechs sind es genau, die den futuristischen Schweizer Pavillon auf der Weltausstellung in Japan bilden. In den fünf am Boden wird die Schweiz dargestellt, von Hightech bis Heidi. Darüber schwebt das Heidi-Café mit Leckereien aus Helvetien.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Salchli ist stolz auf das Gebäude. «Es handelt sich um eine innovative Baustruktur mit Membranen statt Wänden, die gerade 400 Kilogramm wiegen und danach weiterverwendet werden», sagt er. Und er fühlt sich damit am richtigen Ort. «Wenn wir jetzt keine Expo machen, wann dann?»

Alle fünf Jahre findet die World Expo als Zeichen der Völkerverständigung statt, dieses Mal just zu einer Zeit, in der Präsident Donald Trump die Globalisierung mit seinem Handelskrieg zu sprengen droht. Die Ausstellung wirkt da wie ein Gegenentwurf für eine andere Zukunft. «Die ganze Welt ist hier auf einem kleinen Fleck zu sehen», berichtet Salchli – harmonisch, gemeinsam, im Gespräch.

Japan will ein Zeichen für Völkerverständigung setzen

Dieser Eindruck ist kein Zufall. Schon der architektonische Weltrekord der Expo verkörpert die Idee von Frieden und Harmonie in einer Welt im Krieg. Das Gelände wird von der grössten Holzkonstruktion der Welt umgeben, einem 2,1 Kilometer langen und bis zu 20 Meter hohen massiven Holzgerüst, von dem die Besucher auf die Weltversammlung herabschauen können. «Einheit in der Vielfalt» soll der Bau symbolisieren.

Der Schlusspunkt des täglichen Programms macht den Geist der Veranstaltung auch den letzten Besucherinnen und Besuchern klar. Jeden Abend zeichnen Hunderte von Drohnen das Motto an den Himmel: «One World, One Planet» – eine Welt, ein Planet. Danach geht man nach Hause, hoffentlich mit zahlreichen positiven Eindrücken für die Zukunft der Welt.

Hiroyuki Ishige, der Generalsekretär des Veranstaltungskomitees, erklärt, was Japan den Besuchern zeigen will: «Das Thema lautet ‹Gestaltung der zukünftigen Gesellschaft für unser Leben›.» Mit dem Veranstaltungsort, der aufgeschütteten künstlichen Insel Yumeshima, will er das Konzept noch unterstreichen. Die Messe solle ein experimenteller Raum für die Gesellschaft der Zukunft sein, sagt er: «Es gibt keine Veranstaltungen dieser Art auf der Welt ausser der Expo.»

Roboter und ein gezüchtetes Herz

Ob das Konzept aufgeht, wird sich zeigen. Im Vorfeld der Messe gab es viel Kritik an zu hohen Kosten, zu geringem Interesse, dem angeblich hässlichen Maskottchen Myaku-Myaku und Methanausdünstungen aus dem aufgeschütteten Untergrund. Doch die Veranstalter hoffen, dass die Exponate die negative Berichterstattung in den Hintergrund drängen werden.

Einer der Höhepunkte der Messe ist ein kleines, schlagendes Herz aus menschlichen Stammzellen. Stammzellen sind Zellen, aus denen sich theoretisch beliebige Gewebe und Organe züchten lassen, in diesem Fall eine Blutpumpe. An den ersten Tagen stehen die Besucher bis zu 90 Minuten Schlange, um sich dieses Wunder der Gentechnik aus Japan anzuschauen.

An einer Bushaltestelle findet der erste Grosseinsatz von neuen biegsamen Solarzellen aus Perowskit statt. Roboter dürfen natürlich auch nicht fehlen. Im zentralen Zukunftspavillon wagt der Roboterpionier Hiroshi Ishiguro mit einem kleinen Heer aus humanoiden Maschinen einen Blick in die Welt, in der Roboter und digitale Avatare mit Menschen in der realen und virtuellen Welt leben. Unweit davon steht der Schweizer Pavillon – auch mit Robotern.

Die World Expo als Sprungbrett für die Schweiz

«Der Nutzen der Weltausstellung ist für uns wirklich die Pflege des Schweizer Images», sagt Salchli. Die Japaner hätten ein Bild von Heidi, schönen Bergen, pittoresken Städten und Skifahren im Kopf, erklärt der Pavillonchef. «Aber das reicht uns nicht, wir wollen die Schweiz vielfältiger darstellen», als das «innovativste Land der Welt».

In der ersten Blase werden die Japaner von einem raumfüllenden dreidimensionalen Scherenschnitt begrüsst. Dort werden sie mit ihren Vorstellungen abgeholt – den Bergen, den Alphörnern, Heidi – und über ein Konterfei von Albert Einstein im Zentrum zum Image der Schweiz als Hightech-Nation geführt.

Danach treten die Besucher in einen dunklen Raum, in dem riesige Seifenblasen schweben. Durch Strahler im Kugelblau wirken sie wie bunte Kunstwerke, bis sie zerplatzen. Wer möchte, kann einen Wunsch in ein Mikrofon sprechen, der dann sinnbildlich als Rauch in eine neue Seifenblase geblasen wird. Am Ausgang wird den Besuchern eine Auswertung der Wünsche präsentiert, zusammengestellt von künstlicher Intelligenz (KI).

KI hilft auch beim nächsten Schritt: An grossen Bildschirmen wird den Besuchern nach ihren Wünschen eine KI-Welt in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ausgemalt. In der anschliessenden Blase folgen die nahe Zukunft und eine Besonderheit des Schweizer Konzepts: Hier stellen in wechselnden Ausstellungen Schweizer Startups ihre Ideen vor.

Essbare Batterien sind ein Hit im japanischen Fernsehen. Aber auch Robotertechnik wird präsentiert, etwa ein schwimmender Tintenfisch-Roboter. Dabei geht es nicht nur darum, Eindruck zu schinden. Der Pavillon will auch die Startups mit Investoren, Hochschulen und Unternehmen in Japan vernetzen. Dabei können die Veranstalter auf das Netzwerk des Schweizer Technikkonsulats Swissnex zurückgreifen, das seit Jahren in Osaka ansässig ist.

Zum Abschluss gibt es einen Fototermin mit Heidi und eine weitere Blase mit Souvenirs. Der Renner ist eine Kitkat-Version von Nestlé, eigens für die Weltausstellung kreiert. Kitkat ist in Japan als Snack und Mitbringsel beliebt. In den letzten Jahrzehnten hat der Schweizer Lebensmittelriese in Japan zahlreiche Varianten der Schokowaffel auf den Markt gebracht.

Salchli wird noch ein halbes Jahr bleiben, bis die World Expo Osaka ihre Tore schliesst. Doch er freut sich schon auf die nächste, kleinere, auf Erziehung, Kultur und Innovation spezialisierte Expo, die 2027 in Serbien stattfinden soll. «Da hat sich die Schweiz schon als erstes Land angemeldet», verrät er. Der Grund ist nicht nur die enge Verbindung durch die grosse serbische Gemeinschaft in der Schweiz. «Wir erhoffen uns auch, über den Balkan wieder Brücken in den weiteren Osten Europas zu bauen.»

Exit mobile version