Sonntag, November 24

Im Kanton Zürich arbeitet eine Gruppe erfahrener Tüftler an Einzelanfertigungen des Porsche 911 im Stil der 1960er und 1970er Jahre, aber der Technologie von heute. Das ist teuer und sehr exklusiv.

Sie gehören zu den begehrtesten neuen Autos im Sportwagenbereich: die vom kalifornischen Hersteller Singer modifizierten Porsche 911 sehen aus wie Fahrzeuge aus den 1960er Jahren, sind jedoch voll von moderner Technik für Antrieb und Fahrwerk. Damit sind sie sehr exklusiv, was durch die Preise zwischen 475 000 und 1,8 Millionen Dollar akzentuiert wird.

Dem gleichen Prinzip folgen immer mehr Manufakturen und Tuner. So gibt es von historischen Fahrzeugen wie Chevrolet Corvette oder Nissan Skyline eine Vielzahl an frisch aufgebauten Autos im klassischen Stil, aber mit neusten Motoren und modernster Chip-Technologie. Diese Bauart, die in den USA und Japan erstmals aufkam, nennt sich «Restomod» und ist mittlerweile auch in Europa angekommen.

Die Schweizer Tuningfirma Sportec aus Höri im Zürcher Unterland eifert Singer seit einigen Monaten nach, wenngleich sie in der Ausführung der Karosserien nicht nur auf die teuersten Materialien wie Carbon und Titan setzt, wie Singer dies pflegt. Auch Sportec befasst sich mehrheitlich mit Fahrzeugen der Marke Porsche, der klassische 911 hat es den Technikern rund um Geschäftsführer Gregor Burkard angetan.

Erstes Ergebnis der Bemühungen, einen Porsche 911 der besonders exklusiven Art zu entwerfen, war Ende 2022 das Fahrzeug mit dem symbolträchtigen Namen «Ferdinand», als Hommage an den Gründer der Stuttgarter Sportwagenmarke, Ferdinand Porsche. Für den Bau dieses Fahrzeugs beschäftigt Sportec, neben dem Autotuning auch im Motorsport aktiv, eine eigene Abteilung für Klassik-Fahrzeuge.

Als Basis für jeden neu aufgebauten Sportec Ferdinand dient – wie bei Singer in Los Angeles – ein Porsche 911 der Baureihe 964, wie er zwischen 1989 und 1993 gebaut wurde. Das gesamte Fahrzeug wird dabei von Grund auf neu aufgebaut und erhält dabei die klassische Form eines 911 der 1970er Jahre, komplett mit dem für die Zeit typischen Heckspoiler im Entenbürzel-Design. Allerdings wächst die Karosserie insgesamt sechs Zentimeter in der Breite, um Platz für ein besonders sportliches Fahrwerk mit breiter Spur zu schaffen.

Fahrwerksabstimmung vom Le-Mans-Sieger

Dieses Fahrgestell enthält alles, was in der Moderne beim Autobau möglich ist. Die Bodenfreiheit lässt sich zwischen 10 und 30 Millimeter variabel verringern. Die Stossdämpfer des Gewindefahrwerks sind zehnfach mechanisch verstellbar und ermöglichen besonders hohe Kurvengeschwindigkeiten. Auch das Einlenkverhalten ist besonders spontan ausgelegt. Das Set-up hat der dreifache Le-Mans-Sieger Marcel Fässler ausgetestet, der seit einigen Jahren zur Sportec-Belegschaft gehört.

Wie Singer setzt auch Sportec beim Ferdinand auf konsequenten Leichtbau. Verwendet wird ein Verbundstoff aus Carbon und Kevlar, der nicht nur weniger wiegt als Stahlblech, sondern auch deutlich verwindungssteifer ist. Der ursprüngliche Motor des Basisfahrzeugs wird bei Sportec auf 3,8 Liter Hubraum erweitert und erhält Komponenten wie Sportnockenwellen und neue Ventile. Im Herz des Triebwerks arbeiten geschmiedete Kolben von Mahle.

Im Ergebnis leistet der Ferdinand-Motor 325 PS und entfaltet ein maximales Drehmoment von 394 Nm. Da der Wagen nur rund 1,2 Tonnen wiegt, ist die Mischung aus Leichtbau, Steifigkeit und Leistungssteigerung hochsportlich. Für den passenden Klang sorgt ein Edelstahl-Auspuff, für die Kraftübertragung an die Hinterräder sorgt ein manuelles Fünfgang-Getriebe, optional ein Sechsgang-Schaltgetriebe mit kurzer Gangübersetzung und Sperrdifferenzial – alles, was das Sportwagenfahrer-Herz begehrt.

Auch im Innenraum zeigt sich, dass der Ferdinand exklusiv und handgefertigt entsteht. Die von Sportec angefertigten Schalter und Drehknöpfe wie auch der Schaltknauf sind aus Aluminiumblöcken gefräste Teile, eine induktive Smartphone-Ladeschale und ein neues Multimediasystem holen moderne Elektronik ins Auto. Die Sportec-Schalensitze sind nach Kundenwunsch mit Stoff, Alcantara oder Leder bezogen.

Doch der Käufer eines Sportec Ferdinand benötigt nicht nur ein Faible für Individualität, sondern auch einen grosszügigen Geldbeutel. Kauft man ein fertiggestelltes Auto von der Stange, sind rund 420 000 Franken fällig. Bringt der Kunde gleich ein Basisauto für den Umbau mit, kostet dieser immer noch mindestens 370 000 Franken. Und die Mehrwertsteuer kommt noch dazu.

Derzeit befinden sich die ersten beiden Exemplare des Sportec Ferdinand im Aufbau. So viel Handarbeit benötigt Bauzeit und Geduld bei den Kunden. Doch die Auflage bleibt exklusiv: Insgesamt fünf individualisierte Exemplare des Fahrzeugs sind bereits verkauft – mehr Ferdinand-Modelle wird es nicht geben.

Es geht noch etwas leichtgewichtiger

Wer die Idee des Restomod mag, jedoch ein noch konsequenter im Leichtbau gefertigtes Fahrzeug sucht, könnte sich für das zweite Projekt bei Sportec interessieren, das beim Vorgehen dem des Ferdinand ähnelt. Beim SUB1000 kommt als Basis ein Porsche 911 der G-Serie zum Einsatz, die von 1974 bis 1989 gebaut wurde.

Wie der Modellname bereits suggeriert, wiegt der vom Tuner modifizierte Wagen weniger als 1000 Kilogramm. Für die Gewichtsersparnis sorgt die Verwendung von Carbon-Kevlar-Verbundstoff bei Türen, Stossstangen, Kotflügeln, Motorhaube und Kofferraumdeckel. Zudem sind die Heck- und Seitenscheiben aus dem Kunststoff Makrolon hergestellt, der deutlich leichter als Verbundglas ist.

Der Nebeneffekt der modernen Materialien ist die erhöhte Steifigkeit gegenüber den originalen Blechteilen. Leichter als die Originalscheinwerfer sind auch die LED-Frontleuchten des SUB1000.

Innen wird mit reduzierten Dämmmaterialien und rudimentären Türverkleidungen weiteres Gewicht eingespart. Die Sportsitze sind aus Carbon gefertigt und mit Leder bezogen. Der Schalthebel ist verlängert, die Schaltwege für noch sportlicheres Fahren verkürzt.

Der Motor des Porsche 911 G wird beim SUB1000 komplett zerlegt und frisch aufbereitet. Wie beim Ferdinand bohrt Sportec die Zylinder-Laufbuchsen auf, so dass der Hubraum von 3,0 auf 3,4 Liter anwächst. Darin arbeiten geschmiedete Kolben und modifizierte Pleuel. Dadurch wird der Motor leichter und langlebiger. Ein angepasstes Ansaugsystem, neue Ventile und Nockenwellen sorgen zusätzlich für mehr Leistung. Nach allen Modifikationen resultieren maximal 270 PS und 340 Nm Drehmoment.

Auch beim Fahrwerk des SUB1000 hat Ex-Rennfahrer Marcel Fässler Abstimmungsarbeit geleistet. Es ist direkt vom Motorsport abgeleitet und lässt sich gemäss Sportec mit dem eines modernen Rennwagen der GT3-Klasse vergleichen. Dank separat für verschiedene Geschwindigkeitsbereiche einstellbaren Dämpfern ist die Wankneigung des Fahrzeugs auf ein sportliches Minimum reduziert. Passend zum Rest rollt der SUB1000 auf Rädern im klassischen Fuchs-Design in 16 Zoll Grösse.

Die ebenfalls auf fünf Exemplare limitierte Edition des SUB1000 sind bereits verkauft. Ein Exemplar ist bereits ausgeliefert, die restlichen vier befinden sich aktuell in Produktion. Die Umbaukosten liegen für den SUB1000 im gleichen Bereich wie beim Ferdinand, allerdings inklusive Mehrwertsteuer. Ein passendes Basisfahrzeug der 911-G-Serie ist allerdings etwas teurer als beim Auto, das dem Ferdinand als Ausgangspunkt dient. Gemäss Sportec-Marketingleiter Lukas Neyer ist mit Kosten von bis zu 85 000 Franken für das Basisauto zu rechnen.

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