Mittwoch, Februar 12

Der frühere Chefökonom der Grossbank macht Kasse: Er verkauft die Firma Zwei Wealth an Swiss Life. Was verspricht sich der Versicherungskonzern von der Übernahme?

Wie heisst der Chefökonom der UBS? Es ist keine Schande, wenn Ihnen der Name nicht einfällt. Welche Person bei einer Bank die Finanzmärkte analysiert, Prognosen erstellt oder Anlageentscheide trifft, ist für eine breite Öffentlichkeit unerheblich.

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Es gibt eine bemerkenswerte Ausnahme: Klaus Wellershoff. Vielen Menschen in der Schweiz ist der frühere Chefökonom der UBS, der dieses Amt bis 2009 innehatte, noch immer ein Begriff.

Das hat mit Wellershoffs Begabung zu tun, die Welt der Wirtschaft und der Börsen eloquent zu erklären. Und mit seinen vielen Auftritten. Wellershoff unterrichtet nicht bloss Nationalökonomie an der Universität St. Gallen.

Er ist bis heute regelmässiger Gast bei Radio und Fernsehen, schreibt Kolumnen in der «Handelszeitung» und gibt Interviews in verschiedenen Zeitungen. Der 61-Jährige will «ak­tiv an der ge­sell­schaft­li­chen De­bat­te partizipieren».

Keine Angst vor Kontroversen

Dabei ist er meinungsstark und scheut sich nicht, kontroverse Dinge zu sagen. Wellershoff äusserte sich zum Beispiel mehrfach kritisch zur Geldpolitik der Nationalbank, insbesondere bei der Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Jahr 2015.

War ihm die Geldpolitik damals zu restriktiv, bezeichnete er diese vor zwei Jahren dann als zu expansiv. Der «NZZ am Sonntag» sagte Wellershoff, die Nationalbank solle ihre Interventionen am Devisenmarkt einstellen und den Franken aufwerten lassen.

Sein sicheres Auftreten und geschicktes Selfbranding haben dem deutschen Ökonomen nach seinem Karriereende bei der UBS den Schritt in die Unabhängigkeit mit Sicherheit stark erleichtert.

Zwei Firmen ins Leben gerufen

Er hat gleich zwei Firmen gegründet: 2009 das Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners und 2014 zusammen mit dem früheren Banker Patrick Müller auch noch Zwei Wealth: eine Firma mit 30 Mitarbeitern, die vermögenden Kunden und institutionellen Anlegern wie zum Beispiel Stiftungen bei der Wahl ihrer Vermögensverwalter hilft.

Dieses Unternehmen verkaufen die beiden Gründer nun zu einem unbekannten Preis an den Versicherungskonzern Swiss Life. Sowohl das heutige Angebot von Zwei Wealth als die Marke bleiben weiter bestehen. Die beiden Mitgründer behalten zudem ihre Funktionen, Wellershoff im Verwaltungsrat und Müller als Geschäftsführer.

Swiss Life Schweiz will mit der Akquisition ihrem Ziel näherkommen, bis 2027 das Anlagegeschäft für Privatpersonen zu einem «Kerngeschäft» auszubauen, ergänzend zum bisherigen Vorsorgeangebot.

Einzigartiges Geschäftsmodell

Zwei Wealth verwaltet selbst kein Geld, sondern hilft seinen 3500 registrierten Kunden, einen geeigneten Anbieter zu finden und dessen Leistung zu messen. Deshalb spricht die Firma von «Assets under control», von Vermögenswerten unter ihrer Kontrolle.

Es sind derzeit 3,5 Milliarden Franken, die Zwei Wealth im Auftrag von Kunden betreut. «Über 70 Prozent der Vermögensverwaltungen liefern unbefriedigende Resultate und sind zu teuer», schreibt die Firma auf ihrer Webseite.

Indem sie die Leistung von über 450 Banken und Vermögensverwaltern vergleichbar macht, sorgt sie für mehr Transparenz. Und womöglich auch für einen positiven Selection-Bias, eine Stichprobenverzerrung. Es stellen sich wahrscheinlich nur jene Vermögensverwalter einem Vergleich auf der Plattform von Zwei Wealth, die sich eine Chance ausrechnen, gut abzuschneiden.

Fokus auf reiche Privatkunden

Und was hat Swiss Life von der Übernahme? Wie viele Versicherungskonzerne legt sie nicht nur die eigenen Prämiengelder an, sondern bietet ihre Vermögensverwaltungs-Dienstleistungen auch Dritten an. So kann Swiss Life mit dem Know-how der eigenen Anlageexperten zusätzliche Einnahmen generieren.

Mitte 2024 verwaltete Swiss Life Asset Managers knapp 117 Milliarden Franken im Kundenauftrag: allerdings primär für institutionelle Kunden.

Schweizer Privatkunden werden ausschliesslich in der Division Swiss Life Schweiz betreut: Dank der Übernahme von Zwei Wealth kommt der Versicherungskonzern dort nun erstmals in Kontakt mit sehr reichen Privatkunden, die mindestens 1 Million Franken anlegen.

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