Der Entscheid fällt mit dem knappestmöglichen Resultat – und das Geschäft kehrt nochmals ins Parlament zurück.
Im März lehnte das Zürcher Stimmvolk die Volksinitiative für einen durchgehenden Uferweg am Zürichsee mit 64 Prozent Nein deutlich ab. Ein Punkt betraf die Finanzierung, für die der Kanton allein zuständig sein sollte. Seit 2016 gibt es eine Bestimmung im Strassengesetz, wonach die jeweilige Standortgemeinde 20 Prozent der Kosten zu übernehmen hat.
Diese Frage beschäftigte am Montag erneut den Kantonsrat. Schon 2020 hatte er eine parlamentarische Initiative von Jonas Erni (SP, Wädenswil) vorläufig unterstützt, der diese Bestimmung aus dem Gesetz kippen will.
Die Initianten befürchten, dass die Mitfinanzierung Projekte für Abschnitte des Uferwegs verzögert oder gar verhindert. Zuerst bestand Ungewissheit, ob es sich dabei um neue Ausgaben handelt. In diesem Fall würde ein Beschluss der Gemeindeversammlung oder eines Stadtparlaments nötig, was eine zusätzliche Hürde wäre.
Hier schuf 2021 ein Gutachten des früheren Bundesrichters Peter Karlen Klarheit, in dem der Beitrag der Gemeinde an den Seeuferweg als gebunden festgelegt wurde. In diesem Fall fällt ein Beschluss in die Kompetenz ihrer Exekutive.
Gegen eine Lex Seeuferweg
In der Kommission für Planung und Bau ging es dann vor allem um die Mehrkosten, die eine Streichung des Gemeindebeitrags für den Kanton zur Folge hätte. Eine knappe bürgerliche Mehrheit wollte daran festhalten. Für die Minderheit gibt es keinen Grund, weshalb der Kanton nicht wie bei Strassen, Velorouten und Wanderwegen die vollen Kosten trägt.
In der Debatte betonte der Erstunterzeichner Erni denn auch die Rechtsgleichheit. Ein Uferweg bringe nicht nur für die betreffende Gemeinde, sondern auch für die Bevölkerung des Kantons einen Mehrwert. Auch als gebundene Ausgabe bestehe die Gefahr, dass sich Projekte durch lange Verhandlungen verzögerten.
Erwartungsgemäss wurde die Diskussion grundsätzlich, mit Bezug auf den Volksentscheid vom März. Die Gegenseite solle endlich zur Kenntnis nehmen, dass eine klare Mehrheit auch in den Seegemeinden keinen Seeuferweg auf Biegen und Brechen wolle, sagte Domenik Ledergerber (SVP, Herrliberg), Präsident des Vereins «Fair», der sich vehement gegen eine durchgehende Wegführung am Ufer wehrt.
Die Kostenbeteiligung der Gemeinde komme nur zum Zug, wenn für sie ein klarer Mehrwert in Form von zusätzlichem Erholungsraum entstehe. Die eindeutige Ablehnung des Seeuferwegs war laut Sonja Rueff-Frenkel (FDP, Zürich) auch ein Nein zur alleinigen Finanzierung durch den Kanton.
Für die Gegenseite ist die Mitfinanzierung völlig falsch und systemfremd, so Tobias Mani (EVP, Wädenswil). Hanspeter Göldi (SP, Meilen) sagte es so: Für Zusatzinvestitionen wie einen Park müssten Gemeinden aufkommen. Doch die Grundausstattung des Uferwegs sei Sache des Kantons.
Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) erklärte, weder werde durch die Kostenbeteiligung ein Stück Seeuferweg verzögert, noch zwinge der Kanton einer Gemeinde ein Projekt auf. Finanziell aber bestehe kein Spielraum für eine weitere Belastung des kantonalen Strassenfonds.
Zwischentöne aus Wädenswil
Das Geschäft hat einen starken Bezug zu Wädenswil mit einem vergleichsweise teuren Seeuferweg. Neben Jonas Erni gehört dort auch Astrid Furrer (FDP) dem Stadtrat an. Sie verdeutlichte, dass das Thema nicht eindimensional im Schema links-rechts einzuordnen sei. In der Praxis habe die vom Kanton versprochene Mitwirkung nicht stattgefunden, sagte sie. Alternativen zum Projekt, das Wädenswil zu einem Fünftel bezahlen müsse und seine Möglichkeiten übersteige, seien nicht geprüft worden.
Als Stadträtin zweifle sie, dass der Kanton seinen Wunschbedarf einfach teilweise der Gemeinde als gebundene Ausgabe aufbürden dürfe, meinte Furrer. Als Kantonsrätin akzeptiere sie hingegen den demokratischen Entscheid vom März gegen die alleinige Finanzierung durch den Kanton.
Es war mit Alexia Bischof (Mitte) eine weitere Kantonsrätin aus Wädenswil, die sich daran störte, dass Gemeinden einfach die Rechnung präsentiert erhielten. Sie scherte als Einzige aus der bürgerlichen Phalanx aus und verschaffte mit ihrer Stimme dem links-grünen Lager einen hauchdünnen Sieg von 88 zu 87 Stimmen.
Damit wird die Initiative an die Kommission zurückgewiesen, um eine Änderung des Strassengesetzes auszuarbeiten. Viel Spielraum bleibt nicht abgesehen davon, die umstrittene Bestimmung zu streichen. Dann kommt das Geschäft erneut in den Rat und dürfte angesichts der knappen Verhältnisse wieder zu einer Zitterpartie werden. Streicht der Rat die Beteiligung der Gemeinden dann erneut, unterliegt dieser Entscheid dem fakultativen Referendum.