Freitag, Januar 31

Am Bundesstrafgericht in Bellinzona wurden alle Angeklagten schuldig gesprochen. Zwei der drei Verurteilten müssen ins Gefängnis, unter anderem der ehemalige COO. Der Firma wird eine Busse in Millionenhöhe auferlegt.

Die Geister der Vergangenheit holen einen grossen Rohstoffhändler aus der Schweiz ein. Am Bundesstrafgericht in Bellinzona wurde am Freitag das Urteil zu Korruptionsvorwürfen rund um Trafigura verkündet, die Firma mit wichtiger Niederlassung in Genf. Dabei wurden drei Personen sowie das Unternehmen Trafigura schuldig gesprochen.

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Ein Mittelsmann, der zuvor selber für Trafigura gearbeitet hatte, hat nach Ansicht des Gerichts im Auftrag des Rohstoffkonzerns zwischen April 2009 und Oktober 2011 Schmiergelder im Umfang von umgerechnet knapp 5 Millionen Franken an einen angolanischen Amtsträger bezahlt. Er wurde vom Bundesstrafgericht mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten belegt.

Mike Wainwright, der damalige Leiter des operativen Geschäfts bei Trafigura, habe die Schmiergelder laut dem Bundesstrafgericht angeordnet und organisiert. Sein Strafmass beträgt 32 Monate teilbedingt, davon muss er mindestens 12 Monate absitzen. Es ist das erste Mal, dass ein hochrangiger Mitarbeiter eines grossen Schweizer Konzerns wegen Korruption im Ausland verurteilt wird. Wainwright verliess die Firma im vergangenen März in den Ruhestand.

Der bestochene Amtsträger heisst Paulo Gouveia Junior, er ist der ehemalige CEO eines angolanischen Tochterunternehmens des staatlichen Ölkonzerns Sonangol. Ihn bestraft das Gericht mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten, davon 14 Monate unbedingt.

Dem Unternehmen Trafigura wirft das Bundesstrafgericht organisatorische Mängel vor. Die Firma habe nicht entschieden genug versucht, die Bestechungsgelder zu verhindern. Trafigura wurde eine Busse von 3 Millionen Franken auferlegt. Zudem muss die Firma eine Ersatzforderung von rund 145 Millionen Dollar leisten – so hoch seien die Gewinne ausgefallen, die Trafigura dank der Bestechung verbuchen konnte.

Der verstorbene Mitgründer kam schlecht weg

Der Prozess verschaffte einen seltenen Einblick in den Rohstoffhandel – eine Branche, die wichtige Güter wie Öl und Rohstoffe lenkt und dennoch oft unter dem Radar einer breiteren Öffentlichkeit bleibt.

Der ehemalige angolanische Amtsträger Paulo Gouveia Junior soll insgesamt mehr als 4,3 Millionen Euro auf einem privaten Bankkonto und 604 000 Dollar in Cash entgegengenommen haben. Die Ursprünge der Zahlungen liessen sich laut der Bundesanwaltschaft auf Konten der Firma Trafigura zurückführen.

Gouveia soll Trafigura im Gegenzug mehrjährige Charterverträge für acht Schiffe und ein Geschäft über die Lieferung von Schiffstreibstoff verschafft haben. Das habe Trafigura Gewinne in Höhe von 143,7 Millionen Dollar beschert, schrieb die Bundesanwaltschaft.

Auch der 2015 verstorbene Claude Dauphin, Mitgründer und ehemalige CEO von Trafigura, kam im Prozess schlecht weg. Laut der Anklageschrift soll er über die Abläufe in Angola informiert gewesen sein. Dauphin habe den Mittelsmann intern als «Herr Nicht-Konform» bezeichnet, im Wissen, dass die Zahlungen in Trafiguras Büchern nicht gut ausgesehen hätten. Seine Angehörigen bezeichneten den Gerichtsprozess als eine postume Abrechnung mit dem ehemaligen Chef.

Die Firma Trafigura hatte die Vorwürfe an der Hauptverhandlung zurückgewiesen und auf unschuldig plädiert. Das Unternehmen schreibt, es bedauere den Entscheid des Bundesstrafgerichts.

Die Bundesanwaltschaft nimmt das Urteil mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Sie schreibt: «Dies ist ein starkes Signal, das die Entschlossenheit der Bundesanwaltschaft widerspiegelt, alle Formen der grenzüberschreitenden Korruption, insbesondere im Rohstoffsektor, zu bekämpfen.»

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann angefochten werden. Trafigura teilt mit, den Entscheid prüfen zu wollen. Die nächste Instanz wäre die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. Die Anwälte von Mike Wainwright, liessen bereits verlauten, ihr Mandant werde davon Gebrauch machen, er poche weiterhin auf seine Unschuld.

Frühere Fälle endeten aussergerichtlich

Der Prozess war für die Schweiz ein Novum. Es war das erste Mal, dass das Bundesstrafgericht die strafrechtliche Verantwortung eines Unternehmens in Bezug auf Bestechung fremder Amtsträger zu beurteilen hatte. Ähnliche Vorwürfe gab es bereits gegenüber anderen Rohstofffirmen wie Glencore, Gunvor oder Vitol, sie endeten jedoch alle mit aussergerichtlichen Einigungen.

Die grossen Handelsfirmen betonen stets, die Branche habe sich in den letzten Jahren stark verändert. Trafigura verspricht, seine Compliance-Strukturen ausgebaut zu haben, etwa mit obligatorischen Schulungen für alle Mitarbeiter. Die Firma arbeite seit 2019 nicht mehr mit externen Vermittlern. Wenn heute ein Händler einen Rohstoff-Deal abschliesst, seien die betriebsinternen Hürden höher, als sie es in der Vergangenheit waren.

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