Die Landesregierung wird beauftragt, den Kantonen bei den Ausweisungen besser auf die Finger zu schauen.
Der zuständige Bundesrat ist neu: Am 1. Januar hat Beat Jans das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement übernommen, zu dem auch das Staatssekretariat für Migration (SEM) gehört. Sonst bleibt im Asylwesen alles beim Alten. Das SEM rechnet auch für das angelaufene Jahr mit 30 000 neuen Asylgesuchen. Das sind gleich viele wie schon 2023. Dazu geht man davon aus, dass es bis Ende Jahr rund 25 000 neue Gesuche um Erteilung des Schutzstatus S geben werde.
In den letzten Monaten sei die Zahl der Ukrainer, die die Schweiz verlassen haben, zwar gleich hoch gewesen wie jene der neuen Anträge. Gleichwohl bleibt das Asyldossier auch unter dem neu zuständigen Bundesrat sehr angespannt, sehr teuer und sehr emotional. «Statt die Asylmigration zu stoppen, schaut auch der neue Justizminister dem Asyltreiben zu», schrieb die SVP Anfang Februar. Willkommen im Amt, Bundesrat Jans.
Sozialhilfepauschale erhöht
Kaum eingelesen, sieht sich dieser zudem mit Druck und Kritik von unerwarteter Seite konfrontiert. Es sind die Finanzpolitiker des Ständerats mit ihrer Präsidentin Johanna Gapany (FDP), die im Asylbereich die Schraube anziehen wollen. In einer Kommissionsmotion, die man noch im Rahmen der Budgetvorbereitung im vergangenen November eingereicht hatte, erteilt man der Landesregierung einen klaren Auftrag. Laut dieser wird der Bundesrat angehalten, die Kosten im Asylbereich auszubremsen, indem er – Achtung! – das bestehende Asylgesetz besser anwenden soll.
Dieses sieht nämlich vor, dass der Bund seine Pauschalabgeltungen, die er den Kantonen für die Unterbringung von Asylsuchenden ausrichtet, zurückfordern kann, wenn die Vollzugsaufgaben «nicht oder nur mangelhaft» sind. Weiter soll der Bund die Entschädigungszahlungen ganz zurückhalten, falls abgewiesene Asylsuchende wegen der versäumten Wegweisung länger in der Schweiz bleiben. Der Bundesrat hat den Vorstoss Ende Januar zur Annahme empfohlen. Startet Jans als Sparer im Asylwesen?
Man mache sich keine Illusionen, sagt die Kommissionspräsidentin Gapany. Eine eigentliche Kostenbremse sei schon allein angesichts der schieren Anzahl erwarteter Asylsuchender schwierig. Dennoch wolle man der Regierung klarmachen, dass der Bund von den Kantonen einen effizienten Vollzug einfordern müsse. Nicht zuletzt zugunsten der Asylsuchenden, die die Hilfe auch tatsächlich nötig hätten. Die Finanzkommission habe zusehends eine Steigerung der Ausgaben im Asylwesen festgestellt, ohne dass die Qualität der Unterbringung verbessert worden sei, so Gapany.
Allein die Sozialhilfepauschale an die Kantone habe man im Budget 2024 um fast 190 Millionen Franken anheben müssen, sagt Gapany. Weiteren Erhöhungen in dieser Grössenordnung werde man künftig nicht mehr zustimmen. Die Kommission beauftragt den Bundesrat nicht nur, bei den Ausweisungen Druck auf die Kantone zu machen. Auch bei der Erwerbsquote sehen die Ständeräte Sparpotenzial. So müssten viel mehr Ukrainer mit Schutzstatus S in den Arbeitsmarkt integriert werden, ebenso Flüchtlinge und schutzbedürftige Personen mit Aufenthaltsbewilligung. Weiter soll der Bundesrat Anreize schaffen, dass die Rückkehrquote der Status-S-Flüchtlinge gesteigert werde. Wie das Jans anstellen soll, lässt die Kommission offen.
Die Vorschläge sind nicht neu. Interessant ist der Umstand, dass die Standesvertreter den Bundesrat in die Pflicht nehmen, das bestehende Asylgesetz durchzusetzen und den Kantonen quasi von oben Beine zu machen. Das erinnert stark an die Debatte um die Asylcontainer.
Im vergangenen Jahr forderte der Ständerat die damalige Asylministerin Elisabeth Baume-Schneider auf, das Gesetz umzusetzen und zuerst bereits vorhandene Kapazitäten in den Kantonen auszunutzen, bevor der Bund provisorische Asylsiedlungen erstellt. Damals war Benedikt Würth federführend. Und auch bei der vorliegenden Kommissionsmotion steht der St. Galler Mitte-Ständerat am Ursprung.
Pendenzenberg in der Waadt
Was Würth vor allem sauer aufstösst, sind die kaum erklärbaren Unterschiede zwischen den verschiedenen Kantonen. So sei es vor allem der Kanton Waadt, der im Verhältnis zur Einwohnerzahl einen hohen Pendenzenberg bei den Rückführungen aufweise. Während der Kanton Genf wiederum die niedrigste Erwerbsquote ausweise. Die dazu immer wieder gehörten Erklärungen seien wenig plausibel, sagt Würth. So habe man versucht, die tiefe Ausweisungsquote in der Waadt auf den Druck des lokalen NGO-Umfelds zurückzuführen, die tiefe Erwerbsquote in Genf auf den dortigen Arbeitsmarkt. «Beide Begründungen sind nicht stichhaltig», sagt Würth. «Wir dürfen nicht vergessen: Es geht hier um öffentliche Gelder in einer angespannten Finanzlage.»
Würth denkt deshalb darüber nach, eine systemische Fehlkonstruktion im Asylgesetz anzugehen. Neben einem Malus könnte man sich auch einen Bonus für jene Kantone überlegen, die es besonders gut machten. Einfach nach Massgabe der Fallzahlen Abgeltungen auszuschütten, setze jedenfalls keine positiven Anreize für einen effizienten Vollzug. Von einem Malus- zu einem Bonussystem? Die offenen Fragen werden Bundesrat Jans nicht ausgehen.