Montag, November 25

Seine Songs leben von melodischem Schwung und prägnanten Texten. Oft wurden sie von Stars interpretiert, bevor sie Kris Kristofferson selber herausbrachte. Am Samstag ist er im Alter von 88 Jahren gestorben.

Er gilt als bedeutender Singer-Songwriter. Im Falle von Kris Kristofferson würde man die Bezeichnung besser umdrehen. Der «Songwriter-Singer» hat mit seinen Liedern das Repertoire einer ganzen Generation von Künstlerinnen und Künstlern aus der Country-, Folk- oder Rock-Szene bereichert. Das führte allerdings dazu, dass er selbst als Sänger in den Schatten seiner Songs geriet, die andere auffälliger interpretierten; nicht unbedingt besser, aber mit mehr Pathos und Dramatik.

Beispielhaft zeigt sich das an seinen Klassikern. «Me and Bobby McGee» hat Kristofferson Ende der sechziger Jahre geschrieben, zur Hymne der Hippie-Generation aber wurde der Song dann durch die ekstatische Interpretation von Janis Joplin, deren Aufnahme vom Herbst 1970 datiert. Kristoffersons persönliche Version, die im gleichen Jahr erschien, ist eher von lakonischer Zurückhaltung und Melancholie getönt.

Eine Schnulze für Elvis

Ähnlich war das auch mit «Help Me Make it through the Night». Während der Komponist das Stück in einer Art Sprechgesang vorführte, machte Elvis Presley eine Schnulze daraus, indem er die Endsilben stets mit viel Vibrato ausschwingen liess. Dank Sammi Smith’ weinerlicher Inbrunst wurde der Titel dann zu einem der grössten Hits in der Country-Geschichte.

«Sunday Mornin’ Comin’ Down» verdankte Kris Kristofferson insofern seinen Durchbruch in der Country-Szene, als er damit seinem Entdecker und Förderer Johnny Cash zu einem Hit verhelfen konnte. Womit mochte der aufstrebende Songwriter den Country-Star beeindruckt haben? Schlichte Melodik und organische Form bilden in den Kristofferson-Liedern ein sicheres Fundament für jede Interpretation. Die Musik drängt nicht in den Vordergrund, sie bewährt sich als Begleiterin von Texten mit literarischem Flair.

«I’s feelin’ near as faded as my jeans», ich fühlte mich beinah so verwaschen wie meine Jeans, heisst es in «Bobby McGee», bevor der Hippie-Leitspruch folgt: «Freedom is just another word for nothin’ left to lose» – Freiheit heisse, nichts mehr zu verlieren zu haben. In «Sunday Mornin’ Comin’ Down» erlebt der Sänger eine Art proustschen Madeleine-Moment: Er schlendert durch eine verlassene Strasse, wo ihn der Geruch eines Hühnerbratens an die Kindheit erinnert und in Melancholie versetzt.

Literatur und Militär

Kristoffersons poetische Begabung kam nicht von ungefähr. 1936 in Brownsville, Texas, als Sohn eines Generals geboren, studierte er später Literatur in Oxford, wo er sich auch erstmals als Musiker versuchte. Nach dem Abschluss des Studiums trat er 1960 in die US-Army ein. Als Helikopterpilot war er 1962 bis 1965 in Deutschland stationiert.

Bei der Rückkehr in die USA hätte er an einer Militärakademie englische Literatur unterrichten sollen. Stattdessen fand Kristofferson sein Glück nun in Nashville. Nach den ersten Erfolgen als Komponist brachte er in den siebziger Jahren auch eigene Alben heraus. Das Debüt «Kris Kristofferson» (1970) wurde von der Kritik gelobt, aber der Erfolg blieb noch aus. «Jesus Was a Capricorn» hingegen stieg 1972 an die Spitze der Country-Charts.

Kris Kristofferson setzte sich bald auch als Schauspieler in Szene. In der Neuverfilmung von «A Star Is Born» trat er an der Seite von Barbra Streisand auf; für diese Rolle gewann er 1976 einen Golden Globe. In Michael Ciminos Western «Heaven’s Gate» spielte er die Hauptrolle.

Einfluss des Idols

1985 gründete Kristofferson zusammen mit Waylon Jennings, Willie Nelson und Johnny Cash die Supergroup The Highwaymen. Die vier Sänger zählten unterdessen zu den «Outlaws» Nashvilles, weil ihre lebensnahen, mitunter kämpferischen Songs nicht mehr in die kommerzielle Country-Szene passten.

Mit Johnny Cash in einer Band zu spielen, war für Kris Kristofferson eine grosse Genugtuung. Das Idol blieb bis zum Schluss auch eine grosse Inspiration. Das zeigte sich noch in den letzten Aufnahmen. Wie Johnny Cash auf den legendären «American Recordings» reduzierte Kristofferson die Begleitung, um im spröden Gesang ein Maximum an Ehrlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Am Samstag ist der Musiker 88-jährig auf Hawaii gestorben.

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