Freitag, Oktober 4

Der Mitte-Präsident Gerhard Pfister zweifelt am ungewöhnlichen Vorgehen des Bundesrats in der Finanzdebatte. Bereits am Montag haben die ersten Treffen am runden Tisch stattgefunden.

Dass es schnell gehen soll, war bekannt. Aber dass es so schnell geht, kam dann doch überraschend. Am Donnerstag der vergangenen Woche hat der Bundesrat den Bericht der Expertengruppe präsentiert, die in seinem Auftrag Vorschläge für die Sanierung der Bundeskasse erarbeitet hatte. Bereits am Montag – vier Tage später – haben die ersten Spitzentreffen am runden Tisch stattgefunden, an dem der Bundesrat die relevanten Kreise anhören will, bevor er selbst weitere Entscheide fällt.

Die Treffen finden im Bernerhof statt, am Sitz des Finanzdepartements. Der Bundesrat ist jeweils mit einer Delegation vertreten, immer mit von der Partie ist Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Am Montag waren als Erste die Exponenten der Wirtschaftsverbände und der Gewerkschaften zum Austausch eingeladen. Danach folgte das Treffen mit den Parteispitzen.

Für Stirnrunzeln sorgte die offizielle Traktandenliste: Die ganze Sitzung dauerte gut zwei Stunden, den Grossteil davon beanspruchte der Bundesrat für sich selbst und den Präsidenten der Expertengruppe, Serge Gaillard, der auch Fragen beantwortete. Für die Stellungnahmen der sechs Parteien waren gesamthaft 30 Minuten vorgesehen.

Wenig Neues von den Bundesrätinnen

Was sie gesagt haben, ist geheim. Zwar traten Bundespräsidentin Viola Amherd und Finanzministerin Keller-Sutter nach dem Treffen vor die Medien. Viel Neues zu sagen hatten sie aber nicht. Stattdessen erklärten sie noch einmal das Prozedere und die Ziele, betonten, der Bundesrat könne nicht allein handeln (Amherd) und wolle an der bewährten Schuldenbremse festhalten (Keller-Sutter). Das höchste der Gefühle war die Aussage der Bundespräsidentin, sie habe die Atmosphäre beim Treffen mit den Parteien als «angenehm und konstruktiv» wahrgenommen. Aber selbstverständlich gebe es verschiedene Standpunkte.

Auch die Vertreter der Parteien wurden angehalten, die Vertraulichkeit zu wahren. Sie dürfen zwar über ihre eigene Position sprechen, aber nicht über die der anderen. Allerdings haben die meisten Parteien ihre Sicht der Dinge vergangene Woche bereits klar dargelegt – mit einer prominenten Ausnahme: die Mitte-Partei. Ihre Zurückhaltung fällt umso mehr auf, als just sie in den bevorstehenden Debatten im Parlament als Mehrheitsmacherin eine wichtige Rolle spielt.

Bis anhin beschränkte sich der Beitrag der Mitte auf eine Kurzmitteilung auf der Plattform X: Der Bericht der Expertengruppe fokussiere einseitig auf die Ausgabenseite. Der Bundesrat müsse dies «in einem ausgewogeneren Vorschlag für die Vernehmlassung korrigieren». Frei übersetzt: Obwohl die Expertengruppe ausreichend Sparvorschläge präsentiert hat, um die Probleme auf diese Weise zu lösen, will die Mitte einnahmenseitige Möglichkeiten ebenso vertieft prüfen lassen.

Was will die Mitte?

Parteichef Gerhard Pfister hat dies am Montag nach dem Treffen im Bernerhof bestätigt: «Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie wir ohne Mehreinnahmen ein ausgewogenes Paket schnüren könnten, das in einer Volksabstimmung eine Chance hat.» Gerade einige der grösseren Kürzungen, welche die Expertengruppe vorschlage, seien politisch praktisch chancenlos. Dies gelte etwa für die Idee, in der Klimapolitik von Subventionen wieder vermehrt auf Lenkungsabgaben umzuschwenken. «Ich persönlich würde das sofort unterstützen. Aber das haben wir mit dem CO2-Gesetz versucht. Das jetzt zu einem Pfeiler des Sparprogramms machen zu wollen, ist Wunschdenken.»

Gleichzeitig geht Pfister davon aus, dass das Parlament den Ausbau des Armeebudgets gegenüber der bisherigen Planung beschleunigen wird. Damit werden zwangsläufig die Finanzierungslücken noch grösser ausfallen. «Ich sehe nicht, wie wir uns völlig ohne höhere Einnahmen aus dieser Situation befreien könnten.» Bei welchen Einnahmen er konkret ansetzen würde, lässt Pfister offen. Es sei nun am Bundesrat, endlich konkrete Vorschläge zu präsentieren. Ein Ansatz liegt bereits auf dem Tisch, eine Gruppe von Ständeräten um Benedikt Würth (Mitte) schlägt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für AHV und Armee vor.

Zwischen den Zeilen lässt der Mitte-Präsident Pfister Zweifel am ungewöhnlichen Vorgehen des Bundesrats anklingen. Darauf angesprochen, sagt er: «Der Ball liegt beim Bundesrat, er soll seine Führungsverantwortung wahrnehmen. Der Mehrwert dieses unüblichen Zwischenschritts mit einem einzigen, kurzen, angeblich runden Tisch will sich mir nicht ganz erschliessen.» Denn bis jetzt lägen nur die Vorschläge der Gruppe Gaillard vor. Einzig relevant sei aber das Paket, das der Bundesrat in die Vernehmlassung schicken werde.

Falls es dem Bundesrat ernst gewesen sei mit dem vertieften Austausch, hätte er den Parteien und Verbänden mehr Zeit geben müssen, um den Bericht der Expertengruppe zu studieren, findet Pfister. «Wenn jemand heute substanzielle Rückmeldungen erwartet hat, dann war das ziemlich naiv.»

Am Dienstag geht es weiter

Während das Treffen mit den Parteien offensichtlich nicht sehr ergiebig war, kann der Bundesrat hoffen, dass das Echo beim nächsten Austausch klarer ausfällt: Am Dienstag wird sich eine Delegation des Bundesrats mit Vertretern der Kantone treffen, die vor allem jenen Massnahmen kritisch gegenüberstehen, von denen sie selbst betroffen wären.

Danach sollen die Dinge den üblichen Weg gehen. Der Bundesrat muss sich entscheiden, welche Sparvorschläge der Expertengruppe er übernimmt, ob er sie allenfalls um eigene Ideen ergänzen will – und ob am Ende auch Steuererhöhungen Teil des Pakets sein sollen. Die Gesamtvorlage soll im Januar 2025 in eine ordentliche Vernehmlassung gehen. Dann erst will sich auch die Mitte-Partei festlegen.

Abgerechnet wird nächstes Jahr im Parlament. Dann müssen alle, nicht nur die Mitte, Farbe bekennen.

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