Mittwoch, Oktober 9

Die Krypto-Branche wurde durch Skandale und Kursverluste in den vergangenen Jahren gebeutelt. Jetzt will man sich mit Sponsoring Glaubwürdigkeit und Reichweite verschaffen.

Der Krypto-Winter war gestern. Derzeit gibt sich die Branche selbstbewusst und sucht das Licht der Öffentlichkeit. Unternehmen aus den Bereichen Blockchain oder digitale Vermögenswerte haben in der laufenden Saison 129 Millionen Pfund in Sponsoringverträge mit der englischen Premier League investiert.

Unter den Klubs sind durchaus grosse Namen zu finden. So sponsert etwa die amerikanische Krypto-Börse Kraken Tottenham Hotspurs. OKX, eine andere Handelsplattform, ist bei Manchester City investiert. Dabei handelt es sich nur um eine vorläufige Summe. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt, wird der in der Premier League investierte Betrag noch weiter steigen, da während der Saison wahrscheinlich noch weitere Verträge bekanntgegeben werden.

Bei ihrem Engagement geht es der Branche um Glaubwürdigkeit. «Der gute Ruf der Sportklubs soll die Reichweite und das Vertrauen in die Krypto-Unternehmen stärken», sagt Phil Hardman, Marketingexperte beim Sportvermarkter Infront. Nach Skandalen wie dem Zusammenbruch der Krypto-Börse FTX von Sam Bankman-Fried 2022 und den massiven Kursverlusten bei den digitalen Vermögenswerten soll deren Strahlkraft auf die Branche abfärben und ihr neue Kunden bringen.

Die englische Profiliga ist dafür besonders interessant. «Ein Sponsoringvertrag erlaubt es den Unternehmen hier, für verhältnismässig wenig Geld sehr viele Menschen in Märkten in Asien, dem Nahen Osten und Afrika zu erreichen», sagt Martin Caladine, der seit mehreren Jahren zu Krypto-Geschäften im Fussball recherchiert. Laut Angaben der Premier League wurden ihre Spiele während der Saison 2023/24 in 189 Länder weltweit übertragen, 1,87 Milliarden Personen folgen den Geschehnissen in der Liga zumindest einmal wöchentlich.

Der finanzielle Druck auf die Klubs steigt

Dazu kommt, dass in Grossbritannien die Vereine bald auf einen Teil ihrer Einnahmen aus dem Sponsoring verzichten müssen. Ab Mitte 2026 dürfen sie in der Premier League auf ihren Trikots nicht mehr mit den Logos von Wettanbietern werben.

Die Krypto-Branche füllt die Lücke, denn vor allem Handelsplätze haben in letzter Zeit viel Geld verdient. Ausserdem hätten Sportwetten und Krypto-Unternehmen oft ein ähnliches Zielpublikum, sagt Christian Lang, der das Center für Sportmanagement an der Universität St. Gallen leitet: «Beide sind offen für Risiken.»

Für viele Klubs ist die Suche nach einem Sponsor schwieriger geworden. Ihr Geldbedarf ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Sie profitieren daher von Investitionen aus der Krypto-Branche: «Es gibt nicht mehr viele Unternehmen, die sich das Sponsoring eines grossen Fussballvereins oder Turniers leisten können», sagt er.

Wie gross der Anteil der Krypto-Branche am Sportsponsoring weltweit ist, lässt sich nur schätzen. Bei vielen Verträgen wird die Summe nicht genannt. Die Unternehmen sind aber längst nicht nur im Fussball präsent, in der Formel 1 oder im Tennis werden ebenfalls Teams oder Sportler unterstützt.

Bitpanda, eine Handelsplattform aus Österreich, sponsert unter anderem den Schweizer Tennisstar Stan Wawrinka und hat seit Anfang Jahr einen Vertrag mit Bayern München. Kraken unterstützt neben Tottenham Hotspur auch noch Atlético Madrid und RB Leipzig in der deutschen Bundesliga.

Ausserdem hat Crypto.com, ein weiterer Krypto-Handelsplatz, im August bekanntgegeben, dass er die Champions League der Uefa bis 2027 sponsert. Das Unternehmen hat bereits die Weltmeisterschaft 2022 in Katar unterstützt. Wie viel die Unternehmen investieren, ist nicht bekannt. Weder Kraken noch Crypto.com haben bis Redaktionsschluss auf eine Anfrage reagiert.

Ein Risiko für die Reputation

Für die Sportler wie auch die Klubs sind die Engagements aus der Krypto-Branche immer auch ein mögliches Reputationsrisiko. Die Kurse der Kryptowährungen sind volatil, die Branche ist anfällig für Skandale. Der Publizist Caladine wirft den Vereinen vor, die Herkunft des Geldes und die Solvenz der Unternehmen nicht immer genau zu prüfen. 2021 musste etwa der englische Spitzenklub Manchester City einen Vertrag mit dem Krypto-Startup 3key Technologies wieder lösen, da es Zweifel gab, ob sich hinter dem Namen überhaupt ein legitimes Unternehmen verbirgt.

In der Schweiz war etwa die Flowbank, welche von der Finanzmarktaufsicht im Sommer wegen mangelnder Eigenmittel in Konkurs geschickt wurde, im Sportsponsoring tätig. Sie hatte unter anderem mit dem deutschen Tennisstar Alexander Zverev einen dreijährigen Vertrag abgeschlossen. Ob der Sponsoringvertrag noch weiter besteht, ist nicht bekannt. Die Krypto-Börse FTX war vor ihrem Zusammenbruch 2022 ebenfalls massiv im Sportsponsoring tätig. Sam Bankman-Fried kaufte sich für 135 Millionen Dollar die Rechte an einem Basketballstadion in Miami.

Dass Krypto-Unternehmen manchmal genauso rasch wieder verschwinden, wie sie aufgekommen sind, ist für das Sportsponsoring ein grosses Problem. Hardman spricht von einem Kompromiss, den die Vereine damit eingehen. Um sich abzusichern, sei es daher nicht unüblich, dass die Klubs bei solchen Verträgen Vorauskasse verlangen würden.

Vom Sponsoring der Krypto-Börse FTX ist mittlerweile nichts mehr zu sehen. Die FTX Arena wurde in der Zwischenzeit in Kaseya Center umbenannt. Ganz unverfänglich nach einem IT-Unternehmen.

Exit mobile version