Donnerstag, November 21

Die Demokratin Sarah McBride zieht als erste Transfrau in den Kongress ein. Bereits vor Beginn der Legislatur sorgt dies für Aufregung: Republikanerinnen wollen «dem biologischen Mann» den Zugang zur Damentoilette verbieten – im Auftrag des Volkes.

Sarah McBride schreibt nicht zum ersten Mal Geschichte. Vor acht Jahren hielt sie als erste Transgender-Amerikanerin am Parteitag der Demokraten eine Rede, zuvor arbeitete sie als Praktikantin im Weissen Haus unter Barack Obama. Nun gewann die heute 34-Jährige im Gliedstaat Delaware mit einem deutlichen Wahlsieg einen Sitz im Repräsentantenhaus. Eine Transfrau im Kongress, auch das gab es noch nie.

Doch während die Demokraten dieses Novum als Fortschritt feiern, stösst McBride bei der konservativen Mehrheit in der grossen Parlamentskammer auf Ablehnung. Die republikanische Abgeordnete Nancy Mace schlug am Montag eine Resolution vor, die es Transgender-Personen im Repräsentantenhaus verbietet, einem bestimmten Geschlecht zugeordnete Einrichtungen zu benützen, die nicht ihrem «biologischen Geschlecht» entsprechen.

Eine «kranke» Idee

Mace machte kein Geheimnis daraus, dass ihr Vorschlag auf McBride abzielt: «Sarah McBride hat kein Mitspracherecht. Ich meine, das ist ein biologischer Mann», sagte sie gegenüber Journalisten. Die demokratische Trans-Abgeordnete gehöre nicht in für Frauen bestimmte Toiletten oder Umkleidekabinen. Sie selbst empfinde dies als Opfer einer Vergewaltigung als Übergriff in ihre Privatsphäre: «Wenn jemand mit einem Penis in einem Umkleideraum für Frauen steht, ist das nicht in Ordnung.»

Für Mace sollte der Zugang für Transpersonen zu Frauentoiletten aber nicht nur im Kongress, sondern in allen öffentlichen Gebäuden – wie etwa Schulen – verboten werden. Die Idee sei «krank» und «unredlich». Es handle sich um «einen Krieg gegen Frauen». Ähnlich äusserte sich auch die rechtskonservative Abgeordnete Marjorie Taylor Greene. «Er ist ein Mann», sagte sie über McBride. Der Wahlsieg habe den Republikanern ein Mandat des Volkes gegeben, um in der Sache etwas zu unternehmen: «Die Amerikaner haben die Trans-Ideologie satt, die uns eingetrichtert wird.»

Die Republikaner werden voraussichtlich eine hauchdünne Mehrheit im Repräsentantenhaus besitzen. Ihr amtierender und wohl auch künftiger Speaker Mike Johnson reagierte zunächst zurückhaltend auf den Vorstoss der Abgeordneten Mace. Es handle sich um eine Frage, die sich der Kongress noch nie habe stellen müssen, meinte er am Dienstag. Aber man werde den Bedürfnissen jeder einzelnen Person gerecht werden. Später wurde der konservative Christ indes deutlicher: «Ein Mann ist ein Mann, eine Frau ist eine Frau. Und ein Mann kann sich nicht in eine Frau verwandeln.»

McBride wich am Dienstag den Fragen der Journalisten aus. Auf dem Kurznachrichtendienst X schrieb sie indes: «Jeden Tag gehen gewöhnliche Amerikaner mit Leuten, die unterschiedliche Lebenswege haben, zur Arbeit und behandeln sie mit Respekt.» Sie hoffe, dass die Kongressabgeordneten dies auch tun würden. Gleichzeitig fand McBride auch scharfe Worte: «Das ist ein unverschämter Angriff von Rechtsextremisten, um davon abzulenken, dass sie keine echten Lösungen für die Probleme der Amerikaner haben.»

Kommt es zum Faustkampf?

Die Debatte im Kongress kommt derweil nicht überraschend. Rund ein Dutzend konservative Gliedstaaten haben in den vergangenen Jahren bereits sogenannte Toiletten-Gesetze («bathroom bills») verabschiedet. Noch 2016 führte eine solche Regelung in North Carolina zu einem öffentlichen Aufschrei und einem Imageschaden für die Republikaner. Doch insbesondere der wachsende Widerstand in der Bevölkerung gegen die Teilnahme von Transfrauen im Frauensport machte auch die Toiletten-Gesetze populärer. Rund die Hälfte der Gliedstaaten haben in jüngster Vergangenheit zudem den Zugang für Minderjährige zu geschlechtsangleichenden Therapien eingeschränkt.

Nun ist dieser Trend auf Bundesebene angelangt. Auch Speaker Johnson kann sich dem nicht entziehen. Am Mittwoch sprach er sich klar für die Toiletten-Resolution von Mace aus. Er erinnerte daran, dass es im ganzen Capitol auch Toiletten für beide Geschlechter gebe und jeder Abgeordnete in seinem Büro über ein Klo verfüge.

Trotzdem bleibt die Frage, wie das Sicherheitspersonal die Bestimmung für die Damentoilette des Repräsentantenhauses durchsetzen könnte, ohne die Privatsphäre der betroffenen Personen zu verletzen. Die Abgeordnete Greene soll in einer Sitzung hinter verschlossenen Türen gesagt haben, gegen eine Transgender-Frau kämpfen zu wollen, die versuche, die Damentoilette zu benutzen. Auf Nachfrage einer Reporterin wollte Greene die Aussage weder bestätigen noch dementieren. Sie solle nicht so dumme Fragen stellen, meinte Greene: «Setzen Sie sich doch nicht für geisteskranke Männer ein, die sich als Frauen ausgeben.»

McBride wird im Kongress zweifellos unter besonderer Beobachtung stehen. Vor allem auf ihrem Weg zur Toilette.

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