Nationalrat beschränkt sich selbst +++ Unbewilligte SVP-Demo +++ Jositsch transparent gegen Transparenz +++ Nachrichten aus der Bundesgasse
Matter, Migräne, Mirakel
fab.
Immer dann, wenn man es nicht erwartet, wenn die einen geistig schon im Feierabend sind und die anderen auch physisch, fällt das Parlament plötzlich einen historischen Entscheid. So geschehen am Montag, kurz vor Schluss um 18 Uhr 55. Mit einer einzigen Stimme Unterschied hat sich der Nationalrat für eine Initiative von Thomas Matter (SVP) ausgesprochen.
Das ist an sich schon erstaunlich. Aber geradezu sensationell ist es, wenn man den Inhalt kennt: Matter will eine Obergrenze für Vorstösse einführen. Quasi eine Vorstoss-Bremse. Pro Legislatur dürfte jede und jeder nur noch 32 Vorstösse einreichen.
Der Weg bis zur Umsetzung ist noch weit. Aber dass der Nationalrat einer Selbstbeschränkung schon nur im Grundsatz zustimmt, dürfte in die Geschichte eingehen als das neue Wunder von Bern. Um das Problem zu veranschaulichen, erwähnte Matter einen Vorstoss von Fabian Molina (SP) für einen Bericht zur besseren Behandlung von Migräne. Molina fand das nicht lustig. Er warf Matter vor, das Problem herunterzuspielen.
Matter entgegnete, er kenne die Krankheit gut, Familienangehörige von ihm litten darunter. «Aber sagen Sie mal, Herr Kollege: Hat eine Person nach Ihrem Vorstoss weniger Migräne gehabt als vorher?»
Sicher ist: Hätten Molinas Vorstösse heilende Kräfte, wären längst alle Krankheiten ausgerottet. Er hat in sechs Jahren 293 Vorstösse eingereicht.
Fast-Fenstersturz
bin.
Apropos Fabian Molina: Am Dienstag gab der Aussenpolitiker einem asiatischen TV-Sender ein Interview. Derweil führte das FDP-Duo Laurent Wehrli und Hans-Peter Portmann eine arabische Delegation durch die Gänge. War am Dienstag der grenzenlose Tag der offenen Tür im Bundeshaus?
Die SVP-Fraktion ihrerseits war in corpore ausgeflogen, um dichtzumachen. Mit rot-weissem Schlagbaum lancierte sie vor dem Bundeshaus West ihre Grenzschutz-Initiative. Die unbewilligte Demo vor dem Amtssitz des Justizministers Beat Jans zog viele Blicke auf sich. Oberhalb der sich für das Gruppenbild formierenden SVP-Fraktion reagierten die Bundesbeamten unterschiedlich. Die einen schlossen schleunigst das Fenster. Eine Mitarbeiterin aber lehnte sich für ein Foto so weit heraus, dass sie fast hinunter in die Menge zu stürzen drohte.
War sie neugierig, froh um Abwechslung oder ein heimlicher SVP-Fan? Letztere dürften im Bundeshaus West, wo neben dem SP-Mann Beat Jans auch der FDP-Aussenminister Ignazio Cassis und der GLP-Kanzler Viktor Rossi residieren, Seltenheitswert haben.
Jositsch behält die Hosen an
fab. Der SP-Ständerat Daniel Jositsch ist transparent gegen mehr Transparenz. In einem fulminanten Votum sprach er sich am Dienstag gegen einen Vorstoss der Grünen aus, der verlangte, dass Parlamentarier Einkünfte aus Nebentätigkeiten offenlegen. O-Ton Jositsch: «Ich muss nicht alles – gewissermassen bis zu meinen Unterhosen – zeigen, nur weil ich Mitglied dieses Parlaments bin.»
Recht hat er. Das sieht sogar die Gegenseite so. Ständerat Mathias Zopfi von den Grünen versicherte Jositsch, «dass kein einziger Vertreter der Minderheit – und auch niemand sonst – ihn in der Unterhose sehen will. Mindestens gehe ich davon aus.»
Eine kurze Umfrage im Medienzentrum ergab: Das sehen sogar die abgebrühtesten Enthüllungsjournalisten so.