Freitag, April 25

Um die Elektromobilität weiter zu fördern, müssen Ladevorgänge so schnell sein wie Benzintanken. Die Versorger stehen in der Pflicht, den dafür nötigen Strom bereitzustellen, ohne dass die Netze zusammenbrechen. Das geht nicht ohne neue Technologien.

Derzeit überbieten sich die Hersteller von Elektroautos mit Angaben zu Ladegeschwindigkeiten bei ihren Batteriepaketen. Das Aufladen des Akkus soll nun fast so schnell vonstattengehen wie das Trinken eines Espresso.

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Möglich wird das durch immer stärkere Ladeleistungen mit 300 Watt und mehr. Der chinesische Batterie- und Elektroauto-Gigant BYD hat jetzt eine Batterie vorgestellt, die sich mit 1000 Kilowatt Leistung aufladen lässt und für die rund 500 Kilometer Reichweite nur gerade fünf Minuten Ladezeit benötigt. Der weltgrösste Hersteller von E-Auto-Akkus CATL, ebenfalls aus China, legte flugs nach und berichtete von ähnlich schnellen Ladevorgängen.

Allerdings gibt es für enorme Leistungen wie einem Megawatt zum Aufladen noch kein passendes Ladenetz. Ein Luftschloss aus der Marketingabteilung?

Nein, sagt BYD. In China will der Hersteller innerhalb kurzer Zeit 3000 Ladepunkte installieren. Wenn an solchen Megawatt-Säulen viele Fahrzeugbatterien gleichzeitig Strom in hoher Leistung beziehen, entstehen Stromabfrage-Spitzen, die das Stromnetz kurzfristig zu stark belasten, befürchten viele Experten. Das Netz könne unter der Last gar zusammenbrechen. Dem wirkt BYD entgegen, indem es für jede Ladesäule Hilfs-Akkus aufstellen will, die den kurzfristig erhöhten Bedarf abdecken helfen. Das ist nicht mehr als eine Pflaster-Lösung.

Übertragen auf Europa und die Schweiz stellen sich mehrere Fragen. Und die sind relevant, denn BYD und die Hersteller mit CATL-Batterien wollen hierzulande insbesondere mit den ultraschnellen Ladezeiten auf Kundenfang gehen. Doch haben sie die Rechnung ohne die Stromanbieter und die Behörden gemacht. Denn diese müssen mögliche Netzausfälle aufgrund zu hoher Ladeleistungen verantworten und dürften erst einmal die Bremse ziehen.

Paradoxerweise sind es aber gerade die Besitzer von Elektroautos, die zur Stabilisierung der Stromnetze beitragen könnten. Und zwar dann, wenn sie von Strombezügern auch zu Stromlieferanten werden. Ein Beispiel: Eine KMU etwa könnte die tagsüber auf dem Firmenparkplatz ladenden E-Autos mit mehr oder weniger vollgeladenen Akkus als kurzfristige Stromquelle nutzen, um diese als Puffer in Zeiten von Verbrauchsspitzen im Netz zu verwenden. Die Rede ist vom bidirektionalen Laden.

Es gibt auf dem Markt sowohl Ladesäulen, die für das Zweiweg-Laden ausgerüstet sind, als auch eine ganze Reihe von E-Fahrzeugen, die sich für das Laden und Entladen ihrer Akkus eignen. Und der Markt für solche Ladesäulen und E-Autos wächst stetig.

In der Schweiz aber ist der Strommarkt nicht vollständig liberalisiert. Zwar können Grosskunden mit einem Jahresverbrauch von über 100 000 kWh ihren Stromanbieter selbst auswählen – kleinere Firmen, Privatkunden und -haushalte jedoch nicht.

Eine kleine Firma oder ein Privatkunde im Kanton Zürich kann also nicht eine ideale Lösung zum bidirektionalen Laden bei einem dafür spezialisierten Anbieter in Bern wählen, beide sind auf den regionalen Stromversorger angewiesen und müssen dessen Marktbedingungen akzeptieren.

Das erschwert die Situation gerade für private Kaufinteressenten von Elektroautos, die ihren Teil an der Energiewende beitragen wollen. Sie sind darauf angewiesen, dass ihr Stromanbieter einwilligt, Strom aus den Antriebsbatterien von Elektroautos im Netz aufzunehmen – natürlich mit einem funktionierenden Entgeltsystem. Und auch die Konsumenten müssen bereit sein, einen Teil ihrer E-Auto-Batterieladung zur Abgabe ins Netz freizugeben.

Gefragt ist also Öffnung. Einerseits sollte es in der Schweiz endlich zu einer kompletten Liberalisierung des Strommarkts auch für Kunden mit geringerem Bedarf als Grossfirmen kommen. Andererseits müssen die Versorger beginnen, die steigende Zahl von Batterien in ihr Stromnetz einzubeziehen. Im Idealfall wäre dies das Smart Grid, bei dem alle verfügbaren, nicht genutzten Stromspeicher im Verbund zur Netzstabilität beitragen. Aber auch die Konsumenten sollten offen für Elektroautos mit schnellen Ladezeiten sein, deren Strom auch in die andere Richtung fliessen kann. Das wäre Win-win.

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