Freitag, November 1

Alle reden von Langlebigkeit und wie sie zu erreichen sei: mit Vitaminpräparaten, Stammzellen oder Gentherapie? Weniger spektakulär, dafür nachweislich wirksam sind fünf Verhaltensweisen. Ein Beitrag aus der Rubrik «Hauptsache, gesund».

Es ist gerade die Zeit für gute Vorsätze. Wie immer am Jahresende. Vor einem Jahr habe auch ich mir etwas vorgenommen: Ich wollte im neuen Jahr zehn Kilogramm abnehmen und fitter werden. Darüber habe ich dann ab Januar wöchentlich berichtet. Mitte April hatte ich mein Ziel bereits übertroffen: Ich war zwölf Kilogramm leichter und fühlte mich so gut wie schon lange nicht mehr.

«Hast du das Gewicht seither halten können?», werde ich immer wieder gefragt. Die Antwort ist bis zum heutigen Tag: ja. Und in all den Monaten habe ich keine grössere Gewichtsschwankung erlebt. Ich denke, das hängt damit zusammen, dass ich von Anfang an den grössten Feind beim Abnehmen vor Augen hatte: den Jo-Jo-Effekt. Er führt dazu, dass viele nach einer erfolgreichen Diät schnell wieder zunehmen – manchmal sogar über das Gewicht hinaus, das sie vor dem Abnehmen hatten.

Für mich war klar, dass ich den fiesen Jo-Jo-Effekt nur austricksen kann, wenn es mir gelingt, meinen Lebensstil langfristig umzustellen. Langfristig bedeutet hier: lebenslang. Diese Vorstellung machte mir am Anfang schon etwas Angst. Was machen wir schon lebenslang? Doch ich sah keine andere Möglichkeit. Deshalb musste ich aus meinem Vorsatz, gesünder zu essen und mich mehr zu bewegen, rasch eine Gewohnheit machen. Das ist mir gelungen.

Begonnen habe ich mein «neues Leben», um mich mit 56 Jahren wieder besser und fitter zu fühlen. Ein neues Ziel könnte jetzt lauten: möglichst lang in guter Gesundheit weiterzuleben. Das trendige Fachwort dafür heisst longevity. Forscher arbeiten weltweit daran, beim Menschen diese Langlebigkeit mit chemischen Substanzen, Stammzellen oder Gentherapie zu fördern. Bis jetzt gibt es mehr vollmundige Versprechen als überzeugende Resultate.

Statt auf lebensverlängernde Hightech-Produkte und -Behandlungen zu warten, kann jeder schon heute aktiv an seiner Langlebigkeit arbeiten. Das gelingt nachweislich, wenn man sich an die fünf von der Harvard University empfohlenen gesunden Lebens- und Verhaltensweisen hält. Diese sind: nicht rauchen, gesund essen, sich täglich mindestens 30 Minuten bewegen, ein normales Gewicht halten und möglichst wenig Alkohol trinken.

Diese Faktoren haben Wissenschafter bei Tausenden von Frauen und Männern identifiziert, die sie in Studien jahrzehntelang regelmässig untersucht hatten. Im Vergleich zu Personen, die sich an keine der Empfehlungen hielten, lebten jene, die alle beherzigten, bis zu 14 Jahre länger. Die fünf Empfehlungen können somit als Grundrezept für ein langes, gesundes Leben gelten.

Ein gesunder Lebensstil verlangsamt nicht nur den biologischen Alterungsprozess, sondern reduziert auch das Risiko für viele mit dem Alter assoziierte Krankheiten – von Herzinfarkt über Diabetes bis zu Alzheimer. Wie stark etwa die Herz-Kreislauf-Gesundheit und der Alterungsprozess zusammenhängen, zeigt eine neue Studie mit mehr als 6500 Erwachsenen. Demnach wirkten Personen mit guter Herz-Kreislauf-Gesundheit biologisch sechs Jahre jünger als solche, deren Herz-Kreislauf-System angeschlagen war.

In der wöchentlichen Rubrik «Hauptsache, gesund» werfen die Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin, Gesundheit, Ernährung und Fitness. Bereits erschienene Texte finden sich hier.

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