Gestohlen, verkauft, vergessen: Die Suche nach dem Bass des Ex-Beatle hat alle Zutaten für einen guten Krimi.
Im Jahr 1972 stahlen Unbekannte eine der legendärsten Gitarren: Paul McCartneys E-Bassgitarre, bekannt als «Beatle Bass».
Mit der Bassgitarre verschwand ein Stück Musikgeschichte. Paul McCartney zupfte ihre Saiten auf den ersten Tourneen der Beatles, den ersten beiden Studioaufnahmen. Die Gitarre ist bei den Hits wie «All My Loving», «Love Me Do», «Twist and Shout» oder «She Loves You» zu hören. Lieder, mit denen die Beatles weltberühmt wurden.
Paul McCartney hatte die Gitarre im Jahr 1961 in Hamburg bei der deutschen Instrumentenbauer-Firma Höfner gekauft. 287 Deutsche Mark soll er für die Gitarre des Typs 500/1 bezahlt haben, umgerechnet sind das 140 Franken. Damals war McCartney 20 Jahre alt, seit kurzem Bassist bei den Beatles, musikalisch noch kaum beachtet. Heute hat die Gitarre einen geschätzten Wert von mehreren Millionen Dollar.
Ein halbes Jahrhundert galt die Bassgitarre als verschollen – niemand schien zu wissen, wer sie gestohlen hatte und wann genau sich der Diebstahl ereignet hatte.
Und jetzt das: Paul McCartney teilte am Donnerstag mit, seine Bassgitarre sei wieder aufgetaucht. Und man fragt sich: Wer hat sie ihm zurückgebracht?
Suchaktion sorgte für internationale Schlagzeilen
Die Mitteilung auf Paul McCartneys Website ist kurz. Die Bassgitarre sei auf ihre Echtheit geprüft worden. Und sie sei dank dem «Lost Bass Project» zurückgegeben worden; einer Initiative von Beatles-Fans, Kulturschaffenden, Journalisten.
Der Brite Nick Wass hat das «Lost Bass Project» 2018 gestartet. Wass ist Gitarren-Experte und war einst Marketingleiter bei Höfner, der Herstellerfirma der Bassgitarre. McCartney habe Nick Wass um seine Hilfe gefragt. So erzählt es Scott Jones, britischer Journalist, der sich mit seiner Frau Naomi Jones 2023 dem Projekt angeschlossen hat. Scott Jones ist Medienprofi, Naomi Jones spezialisiert auf journalistische Recherche.
Internationale Medien berichteten daraufhin über die Suche. Fans aus der ganzen Welt unterstützten die privaten Gitarren-Ermittler. Insbesondere ein Artikel in der britischen Zeitung «The Sunday Telegraph» im September 2023 sorgte für Aufsehen. Laut dem Blog des «Lost Bass Project» meldeten sich 600 Personen bei der Gruppe, viele davon mit wichtigen Hinweisen.
Einer der Informanten war Ian Horne, der damalige Tontechniker der Band Wings, die Paul McCartney nach der Auflösung der Beatles gegründet hatte. Horne wusste, dass die Gitarre am 10. Oktober 1972 in London gestohlen worden war.
Tontechniker Horne erzählte laut dem «Lost Bass Project», McCartney hätte im Oktober 1972 in London mit seiner neuen Band das Album «Red Rose Speedway» aufgenommen. Man sei von Studio zu Studio gefahren. Eines Abends hätte er den Lieferwagen mit dem Band-Material im Londoner Stadtteil Notting Hill parkiert und mit einem Vorhängeschloss gesichert. Am nächsten Morgen sei das Schloss kaputt gewesen. Und McCartneys Bassgitarre verschwunden.
Für die Recherche-Gruppe waren dies neue Erkenntnisse. Bislang hatten sie angenommen, McCartneys Bassgitarre sei im Jahr 1969 gestohlen worden. «Das war der Durchbruch, den wir brauchten», schreiben sie auf dem Blog. Sie befragten Anwohner, durchblätterten lokale Zeitungen, die über den Vorfall berichtet hatten. Und fanden den Namen des Diebes heraus.
Der Dieb kehrte offenbar mit der Gitarre in sein Londoner Stammlokal ein und fragte den Wirt, ob er das Diebesgut für ihn verstecken könne. Dieser sagte Ja. Wenig später kaufte er dem Dieb die Gitarre ab – laut dem Journalisten Scott Jones «für ein paar Pfund und Freibier».
Die Mitglieder des «Lost Bass Project» vermuteten, dass sich die Bassgitarre noch immer in Besitz der Familie des Wirtes befinden könnte, und rekonstruierten den Stammbaum. Dann kam eine Frau aus Südengland ihnen zuvor.
Bei Umzug auf dem Dachstock entdeckt
Cathy Guest aus der englischen Kleinstadt Hastings kontaktierte Paul McCartneys Management: In ihrem Estrich befinde sich eine Bassgitarre, die jener von McCartney zum Verwechseln ähnlich sehe.
Und siehe da: Es war tatsächlich die Bassgitarre von Paul McCartney. Cathy Guest ist die Schwiegertochter des Wirtes, der 1972 dem Dieb die Gitarre abgekauft hatte.
Als sie mit ihren Kindern umgezogen sei, habe sie auf dem Dachstock die Bassgitarre entdeckt, sagt Cathy Guest in einem Interview mit der «Sun». Sie habe die Marke Höfner gegoogelt. Und sei auf das «Lost Bass Project» gestossen.
Sie sei schockiert gewesen über die Meldungen zum Diebstahl, sie würde nie jemandem etwas wegnehmen wollen, sagte Cathy Guest. Deshalb habe sie die Gitarre zurückgegeben. Sie hoffe nun auf einen Finderlohn.
Nach 52 Jahren hat McCartney seine Bassgitarre zurück. «Paul ist allen Beteiligten unendlich dankbar», heisst es auf seiner Website. Die Bassgitarre habe kleinere Schäden, die repariert werden könnten.
Bald könnte Paul McCartney wieder mit der legendären Bassgitarre spielen. Gut möglich, dass er «All My Loving» spielt.