Dienstag, Oktober 15

Wegen eines Vergewaltigungsversuchs im Zürcher Unterland bestätigt das Obergericht, dass der Beschuldigte die Schweiz verlassen muss.

Die Geschichte, die einem Berufungsprozess am Obergericht zugrunde liegt, ist eher undurchsichtig: Klar ist: Am 4. Oktober 2020 fuhr ein im Kanton Zürich niedergelassener, heute 40-jähriger kurdischer Flüchtling aus Syrien mit seinem Auto nach Liechtenstein ins Kasino Admiral. Dort lernte er eine Frau kennen, die ebenfalls im Kanton Zürich wohnhaft war. Sie tranken und spielten zusammen. Der Kurde will ihr dabei 600 Franken Bargeld geliehen haben.

Am 5. Oktober frühmorgens fuhr der Mann seine neue Bekanntschaft mit dem Auto nach Hause, davon ging die Frau zunächst aus. In der Anklageschrift steht allerdings, dass sie ihm an ihrem Wohnort gesagt habe, sie wolle ihn nicht zu sich in die Wohnung einladen. Daraufhin soll der Mann aggressiv geworden sein, herumgeschrien und das Auto wieder beschleunigt haben. Sie soll ihn mehrfach angefleht haben, sie aussteigen und nach Hause gehen zu lassen.

Gemäss Anklage versuchte die Frau während der folgenden mindestens 15-minütigen Fahrt dreimal, aus dem fahrenden Auto zu springen. Das sei aber unmöglich gewesen, weil der Beschuldigte zu schnell gefahren sei. Erst in einem Wald hielt er an. Er entriss der Frau das Mobiltelefon, als sie damit die Polizei anrufen wollte. Dann soll er seinen Hosengurt geöffnet und der Frau gesagt haben, sie würden nun Sex im Auto haben.

Noch ein Gewaltdelikt in Aussersihl

Die Frau begann zu weinen und flehte den Mann an, sie aussteigen zu lassen. Da soll der Beschuldigte weich geworden sein, die Türe geöffnet und sie hinausgeschubst haben. Ihr Mobiltelefon behielt er. In einem weiteren Anklagepunkt wird dem Mann vorgeworfen, im Juli 2021 in einem Haus im Zürcher Kreis 4 einen Mann mit einer abgebrochenen Glasflasche geschlagen und verletzt zu haben.

Das Bezirksgericht Bülach verurteilte den Beschuldigten im Juli 2023 wegen sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung, Körperverletzung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten und einem Landesverweis von 7 Jahren. Der Beschuldigte habe dem Gericht keine schlüssige Erklärung vorgelegt, in welchem Umfang und weshalb er in Syrien verfolgt werde.

Der 40-jährige Kurde lebt seit 2013 in der Schweiz. Er habe keine Verwandten mehr in Syrien. Sein Vater und sein Bruder seien bei einem Angriff von IS-Terroristen getötet worden, erzählt er vor Obergericht. Er hat die Aufenthaltsbewilligung B und lebt mit seiner syrischen Ehefrau und vier Kindern zusammen. Er ist selbständig erwerbend und führt eine eigene Firma für Transporte und Umzüge. Diese sei ihm von einem Verwandten geschenkt worden, sagt er.

Zum Vergewaltigungsversuch erklärt er, er schwöre beim Allmächtigen, bei allen heiligen Psalmen und seinen Kindern, dass er nichts versucht habe. Jedenfalls übersetzt es der Dolmetscher auf diese Weise. Er sei mit der Frau von ihrem Wohnort weitergefahren, weil sie ihm gesagt habe, sie werde an ihrem Arbeitsort Geld holen, um es ihm zurückzugeben. Die Frau habe gesagt, wo er durchfahren müsse.

Tatvorwürfe erfunden?

Sein Verteidiger beantragt Freisprüche und eine Verurteilung nur in einem Nebenpunkt wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand. Der Anwalt behauptet, die Frau habe die Tatvorwürfe nur erfunden, um dem Beschuldigten das geliehene Geld nicht zurückzahlen zu müssen. Sie habe ihn zu einem Ort gelotst und gesagt, er solle dort im Auto warten, sie hole das Geld im Büro. Dann habe sie das Auto verlassen und sei nicht mehr zurückgekommen.

Selbst bei einer Verurteilung komme zudem ein Landesverweis nicht infrage, so der Verteidiger, der Beschuldigte sei ein Flüchtling und es handle sich um einen schweren persönlichen Härtefall.

Das Obergericht bestätigt das Urteil der Vorinstanz und auch den Landesverweis von 7 Jahren. Die Frau habe glaubhaft ausgesagt. Die Schilderungen des Beschuldigten hätten Lücken, und die Angaben des Opfers stimmten auch mit den GPS-Daten von Handys und Navigation überein. Dass nichts passiert sei, sei nur dem Umstand zu verdanken, dass die Frau habe flüchten können.

Das Gericht sei zwar davon ausgegangen, dass es sich beim Beschuldigten tatsächlich um einen schweren persönlichen Härtefall handle. Bei Sexual- und Gewaltdelikten sei die Rechtsprechung des Bundesgerichts aber hart. Und zudem habe das Staatssekretariat für Migration in einer Verfügung festgehalten, dass die Angaben des Beschuldigten nicht glaubhaft seien und kein Hindernis für eine Ausweisung bei ihm bestehe.

Urteil SB230530 vom 7. 10. 2024, noch nicht rechtskräftig.

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