Mittwoch, Januar 22

Millionen illegal eingewanderter Mexikaner droht die Ausschaffung aus den USA, dem Golf von Mexiko der Verlust seines Namens. Auch im bilateralen Handel und bei der Kriminalitätsbekämpfung droht Trump dem Nachbarn.

Drei Busse mit 65 Mexikanern sind am Dienstagmorgen in der mexikanischen Grenzstadt Matamoros angekommen. Es waren die ersten illegal in den USA lebenden Migranten, die unter der neuen Regierung von Donald Trump ausgeschafft wurden. Weitere folgten im Laufe des Dienstags entlang der amerikanisch-mexikanischen Grenze. In seiner Antrittsrede am Montag hatte Trump die Ausschaffung von «Millionen krimineller Ausländer» sowie die Entsendung des Militärs an die Südgrenze zu Mexiko angekündigt, um die «Invasion» zu stoppen. Zudem konnte er sich verbale Ausfälle gegen Mexiko nicht verkneifen.

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Die mexikanische Presse reagierte empört. Die geplante Umbenennung des Golfs von Mexiko verletzt den mexikanischen Nationalstolz. Ein führender Oppositionspolitiker nannte Trump sogar einen noch grösseren Tyrannen als Präsidentin Claudia Sheinbaum. Die Opposition, die in der Nichteinladung Sheinbaums zur Amtseinführung Trumps ein schlechtes Omen für die bilateralen Beziehungen sieht, warnte vor einem Handelskrieg mit den USA.

Doch Sheinbaum, die seit Oktober im Amt ist, nahm Kritikern und Mahnern den Wind aus den Segeln. Sie werde stets die Souveränität und Unabhängigkeit Mexikos sowie die in den USA lebenden Mexikaner verteidigen, versicherte sie am Dienstag vor der Presse. Allerdings gelte es, Konfrontationen mit den USA zu vermeiden und einen kühlen Kopf zu bewahren. Ihr Mantra lautet: Verhandlungen und Kooperation ja, aber auf Augenhöhe und ohne Unterwerfung.

Erfahrungen von Trumps erster Amtszeit

Die Wortwahl Trumps kommentierte sie nicht. Wichtiger sei, was tatsächlich in seinen Executive Orders stehe. So sei das Dekret, mit dem Trump den Ausnahmezustand an der Südgrenze der USA ausgerufen habe, praktisch identisch mit einem Dekret, das er im Februar 2019 erlassen habe. Damals sei es ihrem Vorgänger Andrés Manuel López Obrador gelungen, mit den USA zu kooperieren. Das werde auch jetzt gelingen.

Gleiches gelte für die Wiedereinführung der «Remain in Mexico»-Regelung, nach der Asylsuchende in Mexiko auf die Entscheidung der amerikanischen Justiz warten müssen. Genau dies hatte Trump bereits im Dezember 2018 angeordnet. Auch jetzt werde humanitäre Hilfe für die an der Grenze wartenden Menschen geleistet, versprach Sheinbaum.

Soweit es sich um Ausländer handle, die sich illegal in Mexiko aufhielten, würden diese nach Möglichkeit in ihre Heimatländer zurückgeführt. Über die Details werde man mit den USA sprechen, sagte Sheinbaum. Experten weisen jedoch darauf hin, dass eine Rückführung in Länder wie Venezuela oder Nicaragua, die sich weigern, Migranten zurückzunehmen, schwierig ist.

Auf Druck der USA hatte Mexiko bereits Anfang 2024 seine Migrationspolitik verschärft. Die Zahl der Länder, deren Bürger nun ein Einreisevisum für Mexiko benötigen, wurde ebenso ausgeweitet wie die Kontrollen an der mexikanischen Südgrenze und entlang der Migrationsrouten. Seit Mitte 2024 sei ein massiver Rückgang der Migrantenzahlen an der Grenze zu den USA zu verzeichnen, erklärte der mexikanische Aussenminister Juan Ramón de la Fuente.

Er belegte dies mit Zahlen der amerikanischen Grenzschutzbehörde. Laut diesen sei die Zahl der an der Südgrenze der USA aufgegriffenen illegal anwesenden Migranten zwischen Dezember 2023 und Januar 2025 um 78 Prozent zurückgegangen. Am 18. Januar, zwei Tage vor Trumps Amtseinführung, seien nur noch 2800 Menschen aufgegriffen worden. Die Massnahmen von Präsident López Obrador und Präsidentin Sheinbaum hätten Wirkung gezeigt.

Dennoch nimmt Sheinbaum Trumps Drohung mit Massenausschaffungen ernst. In den 53 Konsulaten stünden den in den USA lebenden Mexikanern Anwälte zur Verfügung. Zudem bereite sich die Regierung unter dem Motto «México te abraza» (Mexiko umarmt dich) auf die Versorgung der Ausgeschafften vor. Entlang der Grenze werden derzeit neun Auffanglager eingerichtet, auch Überbrückungsgelder stehen für die Rückkehrer bereit. Ausserdem sollen sie Zugang zu Sozialprogrammen und Hilfe bei der Wiedereingliederung erhalten.

Die Polemik um die von Trump angeordnete Umbenennung des Golfs von Mexiko in Golf von Amerika hat die Präsidentin derweil belächelt. Bereits Anfang Januar hatte sie humorvoll auf die Initiative reagiert und an ihrer täglichen Pressekonferenz eine Karte des Südwestens der USA gezeigt, welchen die Amerikaner im 19. Jahrhundert von Mexiko erobert hatten. Dieses Gebiet will sie nun als Reaktion auf Trump als «Mexikanisches Amerika» bezeichnen.

Sheinbaum betonte, dass das Meeresgebiet seit dem 16. Jahrhundert als Golf von Mexiko bezeichnet werde. Zudem gelte die von Trump angeordnete Umbenennung laut seiner Executive Order nur für die Hoheitsgewässer vor der amerikanischen Küste. «Für uns bleibt es also der Golf von Mexiko und für den Rest der Welt auch», versprach sie.

Zusammenarbeit mit den USA gegen organisierte Kriminalität

Schärfer äusserte sich die Präsidentin zu Trumps Plänen, die mexikanischen Drogenkartelle als Terrororganisationen einzustufen. Laut Experten könnte dies zu militärischen Interventionen der USA in Mexiko führen. Die USA hätten das Recht, innerhalb ihrer Grenzen – und nicht in Mexiko – gegen diese Organisationen vorzugehen, sagte Sheinbaum. «Und das sollten sie auch tun. Denn diese Organisationen verkaufen Drogen wie Fentanyl in den USA.» Mexiko sei zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe bereit.

Sheinbaum selbst hat inmitten einer Welle der Gewalt, die Mexiko erschüttert, den Kampf gegen die Kartelle intensiviert. In den vergangenen Wochen konnten die Sicherheitskräfte grosse Mengen Fentanyl und Grundstoffe zu dessen Herstellung beschlagnahmen sowie Tausende korrupte Polizisten und Kartellmitglieder verhaften. Sheinbaum hatte bereits bei ihrem Amtsantritt im Oktober erklärt, im Kampf gegen die organisierte Kriminalität eng mit den USA zusammenarbeiten zu wollen.

Dunkle Wolken ziehen hingegen in den bilateralen Handelsbeziehungen auf. Trump hat angekündigt, ab dem 1. Februar Zölle von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko und Kanada zu erheben. Diese Länder sind Partner der USA im Freihandelsabkommen USMCA, das derart hohe Strafzölle nicht vorsieht. Trump behauptet, die USA würden von ihren Partnern unfair behandelt.

In Mexiko, das über 80 Prozent seiner Exporte in die USA liefert, befürchtet man sogar einen Ausstieg der USA aus dem Abkommen. Doch Sheinbaum machte gute Miene zum bösen Spiel. Derzeit werde das Freihandelsabkommen ganz normal weitergeführt, sagte sie mit einem gequälten Lächeln.

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