Montag, Oktober 21

Sportlich hat die Basketball-Legende LeBron James alles erreicht. Nun steht er als Erster gemeinsam mit einem Sohn auf dem NBA-Parkett – ein Traumduo werden sie aber kaum.

Wieder ein Rekord. Das muss der amerikanische Basketballspieler LeBron James gedacht haben, als er im August mit seinen Teamkollegen in die Vereinigten Staaten zurückflog. Die Mannschaft der USA hatte in Paris soeben das olympische Basketballturnier gewonnen – Dream-Team, Goldmedaille, was sonst? Obendrein avancierte der 39 Jahre alte James in Frankreich zum ältesten amerikanischen Basketballer, der je an Olympischen Spielen teilgenommen hat; es waren James’ vierte Sommerspiele.

Einem Ausnahmesportler wie ihm müssen irgendwann die Träume ausgehen. James ist dreifacher Olympiasieger, vierfacher NBA-Champion, seit 2005 wurde er in jeder Saison ins All-Star-Team gewählt, in die Auswahl der besten Ligaspieler. Und seit letztem Jahr ist er der Rekordschütze in der weltbesten Basketball-Liga, 48 474 Punkte sammelte er seit seinem Debüt als 18-Jähriger. Hat James also alles erreicht in seiner Karriere? Fast.

Eine wichtige Stimme im Kampf um ethnische Gleichheit

Als er 2018 zu den Los Angeles Lakers wechselte, sagte James, er hege einen letzten grossen Traum. Die Verkörperung des wahr gewordenen amerikanischen Traums war er da schon längst. Er, der in ärmlichen Verhältnissen in Akron, Ohio, aufgewachsen war, hatte als Jugendlicher im Rust Belt unermüdlich an seinem Talent gearbeitet, wurde Milliardär, der beste Basketballer seiner Zeit, ja vielleicht der Geschichte. Und auch neben dem Court eine einflussreiche Person. Insbesondere während der Präsidentschaft Donald Trumps war er eine wichtige Stimme im Kampf um ethnische Gleichheit und gegen Polizeigewalt.

«I have a dream», sagte James damals also. Er wolle unbedingt noch mit einem seiner Söhne im gleichen NBA-Team spielen. Nun, sechs Jahre später, wird sein Traum wahr. Wenn die Lakers in der Nacht auf Mittwoch im ersten Spiel der neuen Saison die Minnesota Timberwolves empfangen, wird LeBron mit Bronny James auf dem Parkett stehen, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert. Damit wird er der erste Basketballer, der mit einem Sohn ein reguläres NBA-Spiel absolviert.

Bronny, 20, ist der Bruder von Bryce, 19, und Zhuri, 9, den zwei anderen Kindern von LeBron James und dessen Frau Savannah Brinson. Wie der Vater vor über 20 Jahren ist Bronny schon reich, ehe er sein erstes NBA-Spiel bestritten hat. Rund 10 Millionen Dollar soll er besitzen, auch dank Werbeverträgen mit Nike.

LeBron James hatte das Talent seines ältesten Sohnes früh erkannt. In der Vorbereitung auf die neue Saison erzählte er: «Als ich ihn im Alter von fünf Jahren Basketball spielen sah, sagte ich zu Savannah: ‹Er ist special. Irgendwann wird er in der NBA spielen.› Meine Frau hielt mich für verrückt.» Später schickten die Eltern Bronny auf eine Privatschule in Kalifornien. Dort spielte er im Schulteam und später in der Highschool-Liga, wo er immer besser wurde.

Doch dann folgte ein Rückschlag, der die Karriere ernsthaft gefährdete: Im Juli 2023 brach Bronny im Training unerwartet zusammen. Wie sich im Spital herausstellte, hatte er einen Herzstillstand erlitten, aufgrund eines angeborenen Herzfehlers. Vor dem Zusammenbruch hatte Bronny als Anwärter auf einen Top-Platz im NBA-Draft 2024 gegolten – obwohl er bis dahin noch kein College-Spiel absolviert hatte.

Nach dem Herzstillstand rechnete niemand mehr damit, dass er bereits in diesem Herbst in der NBA debütieren würde. Doch Bronny kehrte schon im letzten Dezember auf den Court zurück, und spielte von da an eine ordentliche College-Saison. Danach meldete er sich zum Draft an.

NBA Today | "Bronny is destroying LeBron legacy" - Brian Windhorst reacts to Lakers father-son duo

Als ihn die Lakers dann spät in der zweiten Draft-Runde auswählten, lautete das Urteil vieler Kritiker: Bronny sei von der Franchise aus Los Angeles nur deshalb verpflichtet worden, weil der Vater LeBron seinen Einfluss geltend gemacht habe. Völlig abwegig ist das nicht. Als gesichert gilt, dass LeBron James in die Wahl des neuen Lakers-Trainers J. J. Redick involviert war. Dieser gilt als Vertrauter James›; die beiden produzierten gemeinsam einen Basketball-Podcast, bevor Redick im Sommer das Team der Lakers übernahm.

Redick schwärmte in der Saisonvorbereitung wiederholt von James junior, lobte dessen Spielintelligenz und Lernwillen. Bereits an der Pressekonferenz direkt nach dem Draft hatte er der Auffassung widersprochen, der Shooting Guard sei bei der Wahl bevorzugt worden: «Wir haben Bronny überhaupt nichts ermöglicht, sondern ihn wegen seiner spielerischen Fähigkeiten geholt. Er hat sich die Verpflichtung mit harter Arbeit verdient. Nun kann er ein exzellenter NBA-Spieler werden.»

Was, wenn Bronny für zu leicht befunden wird?

Solches Lob kann motivieren, dürfte für Bronny aber vor allem eines bedeuten: Druck. In seinen ersten Einsätzen in der Pre-Season wurde deutlich, dass er vom gehobenen NBA-Niveau noch weit entfernt ist. Als Bronny gegen die Phoenix Suns erstmals mit dem Vater auf dem Platz stand, gelangen ihm in dreizehn Minuten lediglich zwei Rebounds.

Den amerikanischen TV-Sendern ist das egal. Seit Bronny im Lakers-Team mitspielt, zeigen sie jede noch so belanglose Szene mit ihm als «Highlight». Als ob er die neue Attraktion der Liga wäre. Ein Kommentar unter einer Match-Zusammenfassung auf Youtube wirkte da wie ein Hohn auf den Neuling. «No Bronny Highlight?», fragte ein User. Anders ausgedrückt: Von Bronny war nichts zu sehen, er hatte schlicht nichts beigetragen zum 107:102-Sieg der Lakers gegen die Milwaukee Bucks.

In fünf Testspielen für die Lakers stand er durchschnittlich zwölfeinhalb Minuten auf dem Court, wobei er 1,6 Punkte erzielte; seine Feldwurfquote von 20 Prozent war tief.

Nach den ersten Eindrücken ist davon auszugehen, dass Bronny im NBA-Alltag zunächst nur wenig Einsatzzeit erhalten wird; meistens dürfte er auf der Bank sitzen, oder nicht einmal das. Für seine Entwicklung wäre es wohl sinnvoller gewesen, er hätte eine weitere College-Saison angehängt. Doch dann hätte James senior weiter auf die Erfüllung seines Traums warten müssen.

Vor diesem Hintergrund wird eine Frage besonders interessant sein: Was geschieht, falls die Klubchefs der Lakers Bronny James für zu leicht befinden? Würde der Kaderplaner Rob Pelinka es wagen, ihn zum Farmteam in die G-League, die Entwicklungsliga, abzuschieben? Und wie würde LeBron James auf eine solche Degradierung reagieren?

So schön die Erfüllung von LeBron James’ Traum auf den ersten Blick erscheinen mag: Die rührende Vater-Sohn-Geschichte birgt viel Brisanz.

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