Mittwoch, November 27

Haiangriffe sind selten, trotzdem steckt die Angst davor bei Surfern und Schwimmern meist irgendwo im Hinterkopf. Ein simpler Trick könnte die Raubfische von menschlicher Beute fernhalten.

Auge in Auge einem Hai zu begegnen, ist ausgesprochenes Pech. Trotzdem treibt die Urangst des Menschen, von einem solchen Tier getötet und gefressen zu werden, Forscherinnen und Forscher weltweit an, Lösungen zu finden.

Schon bisher gab es Abwehrmittel in verschiedensten Formen, von speziell gemusterten Surfanzügen über Armbänder und Fussfesseln, die ein elektronisches Spannungsfeld aussenden, bis hin zu Surfbrettwachs, das einen Geruch abgibt, den Haie hoffentlich als unappetitlich empfinden. Eine weitere Möglichkeit, Haie von badenden und surfenden Menschen fernzuhalten, sind Netze. Doch diese sind genauso umstritten wie effektiv, da sich immer wieder Tiere in ihnen verheddern und qualvoll verenden.

Was Haie am Menschen anzieht

Kommt es zu einer Attacke, so könnte dies daran liegen, dass die Tiere provoziert wurden oder ihr Revier verteidigen. Der wahrscheinlichste Fall ist jedoch, dass die Raubfische einen Surfer auf seinem Brett vermutlich einfach mit ihrer normalen Beute, meist einer Robbe, verwechseln. Studien haben ergeben, dass die Tiere eine weitaus geringere Sehschärfe haben als der Mensch und Formen und Details weniger gut erkennen können. Ausserdem sollen sie farbenblind sein oder bestenfalls über eine eingeschränkte Farbwahrnehmung verfügen.

Für die Theorie der Verwechslung spricht, dass ein Hai meist schnell nach dem ersten Biss vom Menschen ablässt, wie es bei der Naturschutzorganisation WWF heisst. Dagegen, dass Haie aufgrund ihrer Supersinne vor dem Angriff längst bemerkt haben müssten, wer da schwimmt. «Vielleicht sind sie nur neugierig und probieren einfach mal einen Happen», so die Fachleute.

Eine Gruppe Forscherinnen und Forscher aus Australien glaubt nun jedoch, eine einfache und effektive Methode gefunden zu haben, um die Raubfische künftig zumindest von Surfern fernzuhalten. Dabei arbeiteten sie mit Attrappen, die der Form einer Robbe ähnelten.

Und um besonders viele Haie – in diesem Fall Weisse Haie – an einem Ort anzutreffen, reisten die Wissenschafter extra zu einem Hotspot für Weisse Haie in Südafrika. In der dortigen Mossel Bay, wo sich unzählige Robben tummeln – ein gefundenes Fressen für Weisse Haie –, zogen sie stundenlang seehundförmige Attrappen hinter Booten her.

Für ihre Studie, die kürzlich im Fachmagazin «Current Biology» veröffentlicht wurde, testeten die Wissenschafter den Einsatz von LED-Beleuchtung aber nicht nur an der Unterseite der Attrappen, sondern auch an der von Surfbrettern und Kajaks. Dabei kam heraus, dass die Leuchten – richtig angebracht – die Fähigkeit von Weissen Haien, Silhouetten vor dem Sonnenlicht darüber zu erkennen, störten. Damit wurde die Geschwindigkeit verringert, mit der die Haie der künstlichen Beute folgten und sie angriffen. Je heller die Lichter, desto wirksamer war die Abschreckung.

Die Hauptautorin der Studie, Laura Ryan von der Macquarie University in Sydney, erklärte, Weisse Haie schienen sich auf die visuellen Hinweise eines dunklen Objekts zu verlassen, das sich vor einem helleren Hintergrund abzeichne. Vor allem jüngere Weisse Haie könnten Robben von unten betrachtet wahrscheinlich nicht deutlich von Schwimmern oder Menschen auf Surfbrettern unterscheiden.

Abschreckende Wirkung von Licht

Die Experimente machten klar, dass es wichtig war, wie die Lichter an den Attrappen angebracht waren. Die Unterseite vollständig mit Lichtern zu bedecken, ist beispielsweise nicht praktikabel, wie die Forscherin der australischen Ausgabe von «The Guardian» sagte. Denn dafür würde man «eine riesige Menge an Batterieleistung» benötigen.

Auch Längslichtstreifen und Stroboskoplichter, die den Haien nur einen kurzen Blick auf die Silhouette ermöglichten, funktionierten nicht. «Interessanterweise reichte dieser kleine Blick auf die gesamte Silhouette, damit die Weissen Haie anfingen, die Attrappen zu beissen», sagte Ryan.

Horizontale Streifen aus LED-Lichtern zeigten dagegen eine abschreckende Wirkung. In diesem Falle erscheine die Silhouette eher breit als lang und sehe somit weniger wie ein Seehund aus, erklärte Ryan. Ob dieser Trick jedoch nicht nur bei Weissen Haien, sondern etwa auch bei Bullen- und Tigerhaien funktioniert, muss erst noch getestet werden, wie die Fachleute in ihrer Studie einräumten.

Selbst ohne LED-Lichter lässt sich einem Haiangriff vorbeugen, indem Surfer und Schwimmer sich an einige Verhaltensregeln halten. Vor allem in der Dämmerung, nachts oder in der Nähe von Flussmündungen sollte man lieber auf Surfen und Schwimmen verzichten – zumindest, wenn man sich im Revier von Haien befindet, die auch Menschen angreifen.

Trotz der tiefsitzenden Angst vieler Menschen vor einem Hai – es gilt, die Relationen zu wahren. Im letzten Jahr starben weltweit 10 Menschen durch einen Haiangriff. 4 dieser tragischen Fälle ereigneten sich vor den Küsten Australiens. In Australien ertranken im selben Zeitraum 125 Menschen im Meer, und 1266 Menschen starben auf den Strassen.

Das Florida Museum of Natural History hat sich sogar den Spass gemacht und nachgerechnet: Laut ihm liegt die Wahrscheinlichkeit, von einem Hai gebissen zu werden, bei 1 zu 3,7 Millionen. Damit sei die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Haiattacke zu werden, geringer, als im Lotto zu gewinnen, bei einem Autounfall zu sterben oder vom Blitz getroffen zu werden, sagte Gavin Naylor, Leiter der Haiforschung des Museums, einst im amerikanischen Fernsehen.

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