Montag, September 30

The Market zeigt monatlich die Schweizer Unternehmen, die im Fokus der Leerverkäufer stehen. Diese setzen darauf, dass die Aktienkurse sinken werden. Im Juli steht ein neues Unternehmen auf der Liste.

Wie im Vormonat haben die Short-Seller auch im Juli ihre Wetten gegen Schweizer Aktien tendenziell erhöht. Unverändert an der Spitze steht DocMorris, wo sich der Anteil leerverkaufter Aktien noch einmal erhöht hat. Auf dem «Siegertreppchen» tauschen zudem Idorsia und Meyer Burger die Plätze, da sich beim Solarmodulhersteller die Short-Quote massiv erhöht hat. Am stärksten haben die Leerverkäufer ihre Wetten gegen Swatch Group ausgebaut. Während Leonteq aus den Top Ten fällt, schafft es Peach Property neu auf die Rangliste.

Short-Seller leihen sich Aktien aus, verkaufen sie am Markt und hoffen, sich später günstiger wieder mit den Titeln einzudecken, um sie dem Eigentümer zurückzugeben. Die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufkurs ist ihr Gewinn. In der Schweiz werden die Short-Positionen nicht offiziell erfasst. The Market präsentiert deshalb im Monatsrhythmus Erhebungen von S&P Global Market Intelligence. Der Datenanbieter trägt das Volumen der ausgeliehenen Aktien zusammen.

DocMorris

Beim Spitzenreiter DocMorris erhöhen die Short-Seller ihre Wetten seit Anfang Jahr kontinuierlich. Mittlerweile kratzt der Anteil ausgeliehener Titel an der Gesamtzahl der ausstehenden Aktien an der 40%-Marke, womit sich die Quote seit März nahezu verdoppelt hat.

Die Versandapotheke leidet immer noch unter den Nachwirkungen ihrer (zu) offensiven und teuren M&A-Strategie. Das Unternehmen stand mit dem Rücken zur Wand, als sich in Deutschland die verpflichtende Einführung des E-Rezepts verzögerte – DocMorris hatte seine Strategie fast vollständig auf dieses Geschäft ausgerichtet.

Mittlerweile ist das E-Rezept in Deutschland da und DocMorris hat ihre finanzielle Lage stabilisieren können. Doch weil die Schweizer ihre Marketingausgaben massiv kürzen mussten, verloren sie schrittweise Marktanteile gegenüber dem Konkurrenten Redcare Pharmacy. Seit diesem Frühjahr verfügen beide Online-Apotheken über praktikable Lösungen, das E-Rezept einfach über die jeweilige App einzulösen. The Market hielt Ende April fest, dass sich nun zeigen werde, wie gut die Wette mit dem E-Rezept aufgehe.

Sowohl DocMorris als auch Redcare öffneten im Juli ihre Bücher und offenbarten einen ersten Einblick, wie die E-Rezept-Lösungen von Kundinnen und Kunden angenommen werden. Zwischenfazit: DocMorris kann zwar in Bezug auf neue Kunden stärker zulegen, aufgrund der niedrigen Vergleichsbasis überrascht dies jedoch nicht. Unter dem Strich gewinnt Redcare weiterhin schneller Marktanteile. Bei Short-Sellern wächst die Skepsis, ob DocMorris den Abstand rasch verringern kann.

DocMorris hat allerdings auch Wandelanleihen ausstehend. Damit gibt es ausser der Spekulation auf einen sinkenden Kurs noch einen technischen Grund, Leerverkaufspositionen in den Aktien einzugehen: Wandelanleihen enthalten neben dem Zinscoupon eine Aktienkomponente. Investoren, die diese angesichts der starken Kursausschläge neutralisieren wollen, verkaufen die Aktien leer – ohne dabei aus Überzeugung auf einen sinkenden Kurs zu setzen. Dieser Mechanismus gilt ebenfalls für Idorsia und Basilea, deren Valoren die Plätze drei und acht einnehmen.

Meyer Burger

Auf den zweiten Platz vorgerückt ist Meyer Burger. Neu sind fast ein Fünftel der ausstehenden Aktien des Solarmodulherstellers leerverkauft – 42% mehr als im Vormonat. Die Börsenperformance von Meyer Burger gibt den Short-Sellern schon lange recht. Allein seit Anfang Jahr haben die Aktien fast 90% eingebüsst. Auch der sogenannte Reverse Split Anfang Juli, bei dem jeweils 750 Aktien zu einer zusammengefasst wurden, half nicht.

Chinesische Billigkonkurrenz und ein Überangebot drücken im Solarmarkt seit nunmehr zwei Jahren auf die Preise und verhindern bisher, dass Meyer Burger auf einen grünen Zweig kommt. Deren Module und Technologie gelten zwar als qualitativ höherwertig, dafür sind sie teuer, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

Das Unternehmen verbrennt nach wie vor zu viel Geld. Anfang Jahr kündigte es an, seine Modulproduktion in Deutschland einzustellen. Stattdessen wolle man in den USA angreifen. Seitdem sind die Aktien ein Fass ohne Boden. Erschwerend kommt hinzu, dass eine mögliche Präsidentschaft von Donald Trump ab dem nächsten Jahr das Investitionsumfeld für grüne Energie in den USA verschlechtern könnte.

Idorsia

Auf den dritten Platz abgerutscht ist Idorsia; beim Biotechnologieunternehmen sind aber immer noch knapp 18% der ausstehenden Aktien ausgeliehen. Die Basler befinden sich seit rund einem Jahr in finanzieller Schieflage. Hauptgrund ist der unerwartet schleppende Verkauf des Schlafmittels Quviviq, welches sich bisher nicht als erhoffter Umsatzbringer erwiesen hat. Im ersten Halbjahr 2024 hat das Mittel einen Ertrag von mageren knapp 24 Mio. Fr. generiert.

Stand Ende Juni verfügt Idorsia über liquide Mittel in Höhe von 237 Mio. Fr., Ende März waren es noch 335 Mio. Fr. Gemäss Schätzungen von JP Morgan kann das Unternehmen mit dem Geld den operativen Betrieb nur noch bis zum ersten Quartal 2025 aufrechterhalten. (Finanzierungs-)Lösungen müssen also her.

Idorsia hat mit dem Blutdrucksenker Aprocitentan, der im Frühjahr die US-Zulassung erhalten hat, einen weiteren Pfeil im Köcher. Jedoch muss das Management um den neuen CEO André Muller – der ehemalige Finanzchef übernahm im Juni das Ruder von Gründer Jean-Paul Clozel – erst zeigen, wie mit dem Medikament Geld verdient werden kann. Für eine eigenständige Lancierung könnten die Mittel zu knapp sein. Kooperationen dürften nötig sein.

Swatch Group

Den prozentual stärksten Anstieg bei der Short-Quote hatte im Juli Swatch Group. Der Uhrenkonzern leidet seit mehreren Quartalen unter der schwachen Nachfrage nach Luxuswaren, vor allem in China, wo Swatch einen signifikanten Teil ihres Umsatzes generiert. Hinzu kommt ein Management um CEO Nick Hayek, welches dem Konzern momentan mehr schadet als hilft.

Mit den Mitte Juli publizierten Zahlen zum ersten Halbjahr hat Swatch Group die ohnehin niedrigen Erwartungen der Analysten auf der ganzen Linie enttäuscht. Zudem hat der Konzern die Fertigung von Uhren trotz des schwierigen Umfelds nicht gedrosselt, im Gegenteil, man produziert weiterhin munter auf Halde.

Zudem gibt es keinen effektiven, unabhängigen Verwaltungsrat. Das belastet die ohnehin gedrückte Bewertung der Swatch-Group-Papiere zusätzlich. Die Aktien befinden sich mittlerweile fast auf dem Niveau des Coronatiefs vor rund vier Jahren.

SIG Group

Weiter auf dem fünften Platz rangiert SIG Group. Die Titel sind seit gut einem Jahr im Abwärtstrend. Grund für die Skepsis war anfänglich die hohe Bewertung in Kombination mit einer Konsumflaute, die bei der Konkurrenz zu einer rückläufigen Nachfrage nach abgepackten Getränken führte. Gleichzeitig wurden die Gewinnmargen durch Übernahmen belastet.

Nachdem SIG im ersten Quartal 2024 enttäuscht hatte, überraschte das Unternehmen am gestrigen Dienstag mit seinen Zahlen für das zweite Quartal erstmals wieder positiv. Zwar wurde die Jahresprognose leicht nach unten angepasst, jedoch lag zuvor eine Gewinnwarnung bereits in der Luft. Zudem fiel der Gewinn auf Stufe Ebitda etwas besser als erwartet aus.

Komax

Wenig verändert hat sich die Short-Quote (7,7%) bei Komax. Der Hersteller von Maschinen zur Kabelverarbeitung leidet vor allem unter dem kriselnden Automobilsektor, mit dem Komax rund 70% seines Umsatz macht. Zudem erschüttert die wachsende Dominanz der chinesischen Elektroautohersteller derzeit die Lieferketten im Automobilsektor, was auch die Aussichten von Schweizer Unternehmen wie Komax trübt.

Im Juni schreckte Komax mit einer erneuten Gewinnwarnung auf. Bereits seit Anfang Mai sind die Mitarbeitenden in der Produktion in Dierikon in Kurzarbeit, durchschnittlich zu etwa 30%. Momentan scheint es unklar, welche Rolle Komax künftig in China und in der Autoindustrie allgemein spielen wird.

Barry Callebaut

Auch bei Barry Callebaut hat sich der Anteil leerverkaufter Aktien in den vergangenen vier Wochen nur geringfügig (–1,4%) verändert. Der weltgrösste Schokoladenproduzent muss derzeit mehrere Herausforderungen bewältigen. Unberechenbare Kakaopreise und die schwächelnde Konsumlaune belasten das ¨Geschäft. Zudem steckt Barry mitten in einer kostspieligen Restrukturierung, deren Erfolg sich erst im Laufe der nächsten Quartale abschätzen lässt.

The Market sieht Barry derzeit im perfekten Sturm – deutet das mit Blick auf die lange Frist aber als Chance. Auch die Börse hat wieder Mut gefasst: Seit dem Tief im April sind die Aktien zwischenzeitlich um 30% avanciert. Mitte Juli zeigte sich jedoch, dass die Börse etwas vorschnell war. Barry hat noch einen langen Weg vor sich, auch wenn die Chancen gut stehen, dass der Konzern gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.

Basilea Pharmaceutica

Bei Basilea hat sich die Ausleihquote auf 6,6% verringert, womit das Pharmaunternehmen den achten Platz einnimmt. Die Titel finden sich immer wieder auf der Liste der am meisten leerverkauften Aktien. Der Grund liegt mitunter darin, dass die Gesellschaft Wandelanleihen ausstehend hat, deren Kursrisiko mit Short-Positionen abgesichert wird.

Bei Peach Property hat sich der Anteil leerverkaufter Aktien um fast ein Fünftel erhöht, womit die Aktien neu in den Top Ten auftauchen. Die Immobiliengesellschaft ist auf Mietwohnungen in Deutschland spezialisiert. Die schwierige Lage am dortigen Immobilienmarkt setzt die Titel seit rund zwei Jahren unter Druck.

Wenig verändert hat sich die Short-Quote schliesslich bei Sensirion (5,6%), das auf dem zehnten Platz liegt. Der Hersteller von Mikrosensoren kämpft weiterhin mit einer schwachen Nachfrage aufgrund unterschätzter und anhaltend hoher Lagerbestände bei den Kunden.

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