Mittwoch, Oktober 2

Wenn Short-Seller ein Unternehmen ins Visier nehmen, kann das ein Warnsignal sein. The Market zeigt monatlich, wo Leerverkäufer an der deutschen Börse auf Kursverluste wetten.

Als Porsche im Herbst 2022 an die Börse ging, waren die Erwartungen hoch. Endlich konnten sich Investoren beim attraktiven Sportwagenhersteller direkt engagieren und mussten dies nicht per Umweg über die träge Muttergesellschaft Volkswagen oder die Familien-Holding Porsche SE tun. Und: Endlich konnte die Börse Porsche alleine betrachten und somit den wahren Wert der Luxusmarke erfassen. Der Börsengang war ein Erfolg, der Ausgabepreis lag mit 82,50 € am oberen Ende der Spanne.

Doch die anfängliche Euphorie – sie hatte den Kurs von Porsche zwischenzeitlich auf fast 120 € steigen lassen und die Bewertung in die Höhe getrieben – ist längst verflogen. Mittlerweile notieren die Aktien unter ihrem Ausgabepreis. Der Pessimismus spiegelt sich auch in einem erhöhten Interesse der Leerverkäufer. Bereits Anfang April geriet der Sportwagenhersteller aus Stuttgart erstmals wieder ins Radar der Leerverkäufer, als ein schwacher Ausblick die Märkte aufschreckte.

Übergangsjahr für Porsche

Porsche-Chef Oliver Blume, gleichzeitig CEO des Mutterkonzerns Volkswagen, stellte die Börse darauf ein, dass 2024 für den deutschen Sportwagenhersteller zu einem Übergangsjahr werden dürfte. Das von ihm ausgegebene Zielband für die operative Marge fiel mit 15 bis 17% tiefer aus als von Analysten erwartet. Zwar bringt Porsche noch in diesem Jahr neue Versionen des Panamera und des E-Sportwagens Taycan sowie das lange erwartete vollelektrische SUV-Modell Macan auf den Markt.

Allerdings durchläuft der Markt für E-Autos momentan seine erste grössere Krise, vor allem die schwache Nachfrage in China belastet. Bis sich die neuen E-Modelle positiv in den Zahlen niederschlagen, dürfte es noch bis 2025 dauern. In den letzten Wochen hat sich der Pessimismus unter einigen Marktteilnehmern offenbar weiter erhöht. Der Anteil leerverkaufter Aktien erhöhte sich weiter um zwei Prozentpunkte auf knapp 9% – damit stehen die Porsche-Aktien auf Platz zwei der am meisten leerverkauften Dax-Werte.

Leerverkäufer leihen sich Aktien, verkaufen sie am Markt und hoffen, sie später günstiger zurückkaufen zu können – um sie dann dem Eigentümer zurückzugeben. Geht die Wette auf, streichen sie die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufspreis als Gewinn ein. The Market beleuchtet regelmässig, gegen welche deutschen Aktien die grössten Short-Wetten laufen und stützt sich dabei auf Zahlen von S3 Partners (die grössten Short-Positionen unter den Schweizer Aktien finden Sie hier).

Nachdem das Short-Volumen am deutschen Aktienmarkt im Frühjahr erstmals wieder gestiegen war, fiel es nun zum zweiten Mal in Folge leicht auf 21,5 Mrd. $.

Auf Platz eins der am meisten leerverkauften Titel im Dax bleibt der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius, wenngleich die Short-Quote seit Monaten stetig abnimmt auf jetzt 10,6%. Wie die im April publizierten Quartalszahlen zeigten, lässt die erhoffte Trendwende weiter auf sich warten. Auf Platz drei und vier gab es mit Siemens Energy und Zalando keine Veränderungen, auch die Short-Quoten bewegten sich kaum gegenüber dem Vormonat.

Auf Platz fünf erscheint mit Continental ein neuer Name in den Top Ten im Dax. Der Autozulieferer tut sich angesichts voller Lager und eines schwächelnden Automarktes seit Jahren schwer. Vor rund sechs Wochen enttäuschten die Hannoveraner mit den Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr die ohnehin tiefen Erwartungen. Schwache Absatzmengen in Europa sowie ausstehende Neuverhandlungen von Preisen in Kundenverträgen haben das Geschäft belastet. Die Leerverkäufer sehen offenbar keine Trendwende.

MorphoSys: Short-Wetten explodieren nur scheinbar

Am breiten Markt ist die Short-Quote von MorphoSys explodiert – von 17,2 auf fast 70%. Das Interesse der Leerverkäufer für das Biotechnologieunternehmen hat sich aber nur scheinbar erhöht. Denn in den letzten Wochen hat sich der Anteil von Novartis an MorphoSys – der Pharmariese aus Basel hatte Anfang Februar seine Übernahmepläne bekanntgegeben – auf knapp 80% erhöht. Hintergrund: Bis zum Ablauf der Annahmefrist am 13. Mai wurde das Übernahmeangebot von Aktionären, die annähernd 80% des Kapitals von Morphosys hielten, angenommen.

Da sich die Short-Quote an den sich im freien Handel befindlichen Aktien (Freefloat) bemisst, hat sich der Leerverkaufsanteil also nur im Verhältnis erhöht.

Relevanter ist der deutliche Anstieg der Short-Wetten gegen Thyssenkrupp Nucera. Die im Sommer 2023 von Thyssenkrupp an die Börse gebrachte Wasserstoffsparte kommt dort weiterhin nicht in Fahrt. Obwohl das Unternehmen von Analysten hochgelobt wird, befinden sich die Aktien seit dem IPO in einem kontinuierlichen Abwärtstrend. Im Mai hat sich der Leerverkaufsanteil noch mal von 18,5 auf 23,6% erhöht, womit die Aktien neu auf Platz zwei aller deutschen Aktien rangieren.

Die Quartalszahlen, die Thyssenkrupp Nucera vor rund drei Wochen veröffentlichte, gaben den Short-Sellern vorerst recht. Die Wasserstoffprojekte stocken nach wie vor. Zudem liessen finale Investitionsentscheidungen der Kunden weiterhin auf sich warten, teilte das Unternehmen mit. Das Management setzte das diesjährige Umsatzziel mit einer Spanne von 820 bis 900 Mio. € weit tiefer an, als vom Markt erwartet.

HelloFresh neu in den Top Ten

Neu in den Top Ten ist HelloFresh mit einer Short-Quote von 16,5%, die den fünften Platz bedeutet. Die Aktien des Kochboxenversenders, dessen Geschäft vor allem während der Coronapandemie florierte, sind ein einziges Trauerspiel. Gegenüber dem Hoch von Ende 2021 beträgt das Minus 94%, derzeit handeln die Titel auf Allzeittief. Besonders in der Kritik steht das Management, nachdem es zuletzt innerhalb von vier Monaten zwei drastische Gewinnwarnungen aussprechen musste.

Zwar erzielte HelloFresh in den ersten drei Monaten des neuen Jahres einen Rekordquartalsumsatz, gleichzeitig hochschiessende Kosten sorgten jedoch für einen Gewinneinbruch. Grund: Das Umsatzwachstum ist mit gross angelegten Rabattaktionen teuer erkauft. Laut Kritikern geht die Strategie, durch höhere Marketingausgaben den Kundenschwund aufzuhalten, nicht auf. Die Leerverkäufer scheinen derselben Meinung zu sein.

Wetten gegen Nordex nehmen ab

Deutlich reduziert haben sich die Wetten gegen den Hamburger Hersteller von Windkraftanlagen Nordex. Nach 18% im Vormonat beläuft sich der Leerverkaufsanteil neu noch auf knapp 13%, womit Nordex von Rang fünf auf neun fällt. Gut möglich, dass einige Short-Seller aufgrund der positiven Aktienkursentwicklung der letzten Monate die Reissleine gezogen haben. Seit Anfang Jahr stehen die Titel rund 40% im Plus.

Der Windturbinenhersteller hat – wie seine Konkurrenten – schwierige Jahre hinter sich, die mit sinkendem Umsatz und schwindender Marge einhergingen. Doch der Start in das neue Geschäftsjahr verlief besser als erwartet. Dank einer überraschend hohen Profitabilität hat es Nordex operativ wieder in die schwarzen Zahlen geschafft. Die Hamburger profitieren davon, dass margenschwache Altaufträge zunehmend auslaufen und stattdessen immer mehr lukrative Neuprojekte abgewickelt werden. Auch The Market sieht Windaktien seit Anfang des Jahres in einer neuen Ausgangslage.

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