Freitag, Oktober 25

Zur künftigen Regulierung der UBS und des ganzen Bankenplatzes sind heftige Kämpfe zu erwarten. Das zeigt das am Donnerstag präsentierte Papier der Bankiervereinigung zu den Reformvorschlägen der Regierung.

Die Mühlen der Bundesberner Politik malen im Normalbetrieb langsam. Die Krise der Credit Suisse gipfelte im März 2023 in der staatlich subventionierten Übernahme der Bank durch die UBS. Die Krise dürfte einen neuen Regulierungsschub bringen, doch zu den meisten diskutierten Themen sind definitive Beschlüsse frühestens ab 2025 oder 2026 zu erwarten. Hinter den Kulissen ist das Gerangel indes schon lange im Gang. Der Bundesrat hatte diesen April mit seinem Bericht zu den Lehren aus der Krise 22 Massnahmen in Aussicht gestellt und die Prüfung von 7 weiteren Massnahmen angekündigt.

Im Fokus steht vor allem die UBS, die letzte globale Grossbank der Schweiz. Sekundär sind auch die drei inlandorientierten «systemrelevanten» Institute von vielen diskutierten Massnahmen betroffen – Raiffeisen-Gruppe, Zürcher Kantonalbank und Postfinance. Zum Teil ist auch der ganze Bankensektor angesprochen.

Zentrale Themen der Reformdiskussionen betreffen strengere Vorgaben für Liquidität und Eigenkapital der grossen Banken, zusätzliche Anforderungen an die Krisenplanung der systemrelevanten Institute und einen Ausbau der Kompetenzen der Aufsichtsbehörde Finma.

Kernfrage ohne Antwort

Das wird noch ein heftiges Ringen geben. Eine Illustration davon lieferte am Donnerstag die Bankiervereinigung mit der Präsentation eines Positionspapiers. Dieses ist laut dem Verband das Ergebnis eines detaillierten Studiums des über 300-seitigen Regierungsberichts und eines breiten Meinungsbildungsprozesses innerhalb der Branche. Das Papier sei von den Leitungsgremien der Bankiervereinigung einstimmig angenommen worden, betonte der Geschäftsführer Roman Studer vor den Medien. Die Grundhaltung der Branche in einem Satz zusammengefasst: Wir räumen Handlungsbedarf ein, aber der Bundesrat übertreibt mit seinem Regulierungseifer.

Die wichtigste Frage nach der CS-Krise: Ist ein glaubwürdiges Notfallregime machbar, so dass eine globale Abwicklung der UBS über einen Konkurs oder eine drastische Sanierung nicht nur eine theoretische Möglichkeit darstellt? Zurzeit fehlt es an der Glaubwürdigkeit eines solchen Szenarios: In der Endphase der CS-Krise im März 2023 glaubten die Entscheidungsträger vor allem im Finanzdepartement nicht an den Plan B mit Sanierung – so dass es bei einem Scheitern des Zusammenschlusses mit der UBS wohl eher zu einer vorübergehenden Verstaatlichung der CS gekommen wäre.

Der Bundesrat hat eine Verstärkung der Krisenplanung in Aussicht gestellt, doch was dies konkret bedeutet, ist noch offen. Die Bankiervereinigung hat am Donnerstag die Absicht der Regierung begrüsst. Aber der Branchenverband konnte auch auf Nachfrage nicht darlegen, wie man am ehesten ein glaubhaftes Notregime schafft, das die Wahrscheinlichkeit einer faktischen Staatsgarantie für die UBS von derzeit wohl über 90 Prozent auf deutlich unter 50 Prozent drücken könnte. Hält man eine solche Notfallplanung für unrealistisch, ist die UBS bei der übrigen Regulierung namentlich in Sachen Eigenkapital und Liquidität deutlich härter anzupacken als beim Vorliegen einer glaubhaften Pleiteoption.

Versicherung soll gratis sein

Unterstützung liefert der Branchenverband für die von der Regierung schon vor dem CS-Ende geplante Einführung einer staatlichen Liquiditätssicherung für systemrelevante Banken in der Krise. Im vorgesehenen Modell würde der Bund der Nationalbank (SNB) eine Verlustausfallgarantie für Liquiditätshilfen geben, so dass eine grosse Bank in der Krise auch ohne Sicherheiten SNB-Hilfen bekäme.

Dieses Gesetzesprojekt steckt bereits im Parlament. Doch die Banken wollen für das vorgesehene Sicherheitsnetz keine Versicherungsprämien im Voraus bezahlen. Deklarierte Begründungen: Laut dem Gesetzesvorschlag sei kein Rechtsanspruch auf Krisenliquidität vorgesehen, im Gebrauchsfall müsste die betroffene Bank die Hilfe abgelten, und zudem richte sich die vorgesehene Bundesgarantie an die Nationalbank und nicht an die betroffene Geschäftsbank.

Diese Begründungen erscheinen wacklig. Wer eine Versicherung abschliesst, hat auch dann einen Nutzen, wenn er die Versicherung nie braucht – deshalb bezahlen Versicherte auch regelmässig Prämien. Auch wenn die vorgesehene Bundesgarantie formal an die Nationalbank gerichtet ist, profitiert faktisch die betroffene Geschäftsbank von den Liquiditätshilfen in der Krise. Und erfüllt die Bank die im Gesetzesprojekt vorgesehenen Bedingungen, dürfte der Bundesrat im Krisenfall auch ohne formelle Verpflichtung die vorgesehene Bundesgarantie kaum verweigern.

Gemessen an den Ergebnissen der Vernehmlassung, wird die diskutierte staatliche Liquiditätssicherung ohne Vorab-Versicherungsprämien der systemrelevanten Banken kaum mehrheitsfähig sein. Das Ausmass solcher Prämien dürfte aber noch Gegenstand heftiger Debatten werden.

Kontrovers sind auch die diskutierten Verschärfungen der Eigenkapitalvorgaben, vor allem für die UBS. Der Bundesrat sieht keine generelle Verschärfung vor, doch verschiedene anvisierte Massnahmen brächten Zusatzanforderungen. Dazu zählen etwa die Unterlegung von ausländischen Beteiligungen mit höheren Eigenmitteln, die ausgebaute Kompetenz der Finma für institutspezifische Zusatzanforderungen und eine vorsichtigere Bewertung gewisser Bankaktiven. Hinzu kommen unabhängig von der CS-Krise die Umsetzung von beschlossenen Globalstandards (Basel III) und die schon im geltenden Recht angelegte Zusatzanforderung für die UBS als Folge der Bilanzvergrösserung durch die CS-Übernahme.

Die Bankiervereinigung fordert eine Gesamtbetrachtung der Kapitalauswirkungen aller Elemente. Das dürfte wenig strittig sein. Doch in welchem Ausmass zusätzliche Eigenmittelvorgaben an die UBS akzeptabel wären, wollte der Branchenverband am Donnerstag auch auf Nachfrage nicht sagen. Der Verband liess indes vorbeugend und im Einklang mit früheren UBS-Äusserungen durchblicken, dass er die Regulierungsambitionen des Bundesrats für übertrieben hält und dies die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Grossbank beeinträchtigen könnte.

7 statt 5 Prozent Eigenmittel?

Vereinfacht gesagt, muss die UBS derzeit für den Normalbetrieb pro 100 Franken Bilanzsumme etwa 5 Franken Eigenmittel halten. Künftig mögen es nach Ablauf aller Übergangsfristen vielleicht etwa 7 Franken sein. Bei der derzeitigen UBS-Bilanzsumme um 1400 Milliarden Franken könnte dies zusätzliche Eigenmittel von 25 bis 30 Milliarden Franken erfordern. Das wäre für die Bank bedeutend und nicht über Nacht zu stemmen. Aber in einem Szenario ohne glaubhaftes Notregime und daher bei fortwährender faktischer Staatsgarantie könnten die Steuerzahler mit gutem Grund auch noch eine weit stärkere Kapitaldecke fordern.

Für Kontroversen sorgt auch der diskutierte Ausbau der Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht. Die Bankiervereinigung unterstützt den Finma-Wunsch nach einer klareren Zuordnung von Verantwortlichkeiten für höhere Bankkader etwa bei aufsichtsrechtlichen Verfehlungen (im Jargon: Senior Manager Regime). Auf Ablehnung beim Branchenverband stossen hingegen die von der Finma gewünschte Bussenkompetenz gegen Banken und der Vorschlag für eine frühere Interventionsmöglichkeit der Behörde bei künftigen Bankenkrisen.

Auch Diskussionen über zusätzliche Ressourcen für die Finma sieht der Bankenverband kritisch. Er sagt zwar, dass eine starke und international glaubwürdige Aufsichtsbehörde erwünscht sei. Doch so richtig ernst gemeint scheint dieses Bekenntnis nicht zu sein.

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