Im Gazastreifen stehen die Zeichen auf Krieg. Doch das martialische Ultimatum ist nicht die einzige Taktik, die Donald Trump verfolgt.
Es war eine typische Trump-Mitteilung, die der amerikanische Präsident am späten Mittwochabend auf seinem Netzwerk Truth Social veröffentlichte. An die Hamas gerichtet schrieb er, die Terrororganisation müsse sofort alle restlichen Geiseln freilassen. Falls sie das nicht tue, sei jedes Hamas-Mitglied dem Tod geweiht. Kurz zuvor hatte sich Donald Trump mit acht freigelassenen israelischen Geiseln im Oval Office getroffen. Ihnen versprach er, auch die restlichen Verschleppten nach Hause zu bringen.
«‹Shalom Hamas› means Hello and Goodbye – You can choose. Release all of the Hostages now, not later, and immediately return all of the dead bodies of the people you murdered, or it is OVER for you. Only sick and twisted people keep bodies, and you are sick and twisted! I am… pic.twitter.com/88EjVAyWAe
— President Donald J. Trump (@POTUS) March 5, 2025
Die neuerliche Drohung ist allerdings nicht die einzige Taktik, die Trump verfolgt, um die Geiseln freizubekommen. Am Mittwoch bestätigte das Weisse Haus, dass die USA direkte Verhandlungen mit der Hamas aufgenommen haben, um die verbleibenden amerikanischen Staatsbürger freizubekommen und den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Die Gespräche sind präzedenzlos: Noch nie hat es direkte Verhandlungen zwischen den USA und der Hamas gegeben, die von Washington seit 1997 als Terrororganisation gelistet wird. Laut Medienberichten traf sich der Trumps Sondergesandter für Geiselangelegenheiten, Adam Boehler, bereits im Februar mit Hamas-Vertretern in Katar.
Was auf Trumps Ultimatum folgen wird, ist unklar. Am Donnerstagmorgen sagte ein Hamas-Sprecher, die Ankündigung gefährde die Waffenruhe. «Wenn er die Geiseln freilassen will, muss er Netanyahu zur Aufnahme von Verhandlungen über die zweite Stufe des Abkommens drängen», hiess es von den Islamisten aus dem Gazastreifen. Seit vergangenem Samstag steckt das Abkommen zwischen Israel und der Hamas fest: die erste Phase der Waffenruhe ist offiziell vorbei, Gespräche über eine zweite Phase und damit über ein permanentes Ende des Kriegs haben aber nicht begonnen. Die Parallelverhandlungen der Trump-Regierung mit der Hamas deuten darauf hin, dass ein baldiger Durchbruch nicht zu erwarten ist.
Nicht Trumps erstes Ultimatum
In den vergangenen Monaten hatte Donald Trump bereits eine Reihe von Ultimaten an die Hamas veröffentlicht, die nur begrenzt wirkten. Wenige Tage vor seiner Amtsübernahme im Januar verlangte er, dass die Organisation alle Geiseln freilasse, sonst werde «die Hölle losbrechen». Kurz darauf einigten sich Israel und die Hamas auf die Waffenruhe, und die Terrororganisation liess wie im Abkommen vorgesehen nicht alle, sondern 33 Geiseln frei.
Als die Hamas vor rund einem Monat ankündigte, die Geiselfreilassung auszusetzen, veröffentlichte Trump eine ähnliche Drohung. Er forderte die Freilassung aller Geiseln bis zum darauffolgenden Samstag. Die Hamas kam dem nicht nach, entliess allerdings jene drei Geiseln, die sie gemäss dem Abkommen freilassen sollte. In seiner jüngsten Mitteilung schrieb Trump nun, dass er Israel alles geschickt habe, «um den Job zu beenden». Eine weitere Gnadenfrist wird es laut dem Präsidenten nicht geben: «Das ist eure letzte Warnung», sagte Trump in Richtung der Hamas.
Die Trump-Regierung hat seit der Amtsübernahme Waffenverkäufe an Israel in Höhe von rund 12 Milliarden Dollar genehmigt und zudem eine Lieferung von 2000-Pfund-Bomben freigegeben, die Joe Biden aus Sorge um zivile Opfer im Gazastreifen zurückgehalten hatte. Trump hingegen scheint gegen den Einsatz dieser Waffen keine Einwände zu haben. Auch weitere zivile Opfer scheinen ihn nicht zu stören. An die Menschen im Gazastreifen gerichtet schrieb er: «Eine wunderschöne Zukunft erwartet euch, aber nicht wenn ihr Geiseln fest haltet. Wenn ihr das tut, seid ihr tot.»
Kein Fortschritt bei den Verhandlungen
Derzeit scheint eine Rückkehr zum Krieg im Gazastreifen das wahrscheinlichste Szenario. Israel hat die Küstenenklave von Hilfslieferungen abgeschnitten, bis die Hamas weitere Geiseln freilässt. Die Terrororganisation will sich allerdings nur darauf einlassen, wenn beide Seiten über die zweite Phase verhandeln. Die Hamas hatte jüngst sogar angekündigt, sofort alle Geiseln freizulassen, falls Israel einem Ende des Kriegs zustimmt. Das würde jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Ende der Regierung von Benjamin Netanyahu bedeuten. Dessen rechtsextremer Koalitionspartner Bezalel Smotrich hat mit dem Austritt gedroht, falls Israel die Kämpfe in Gaza nicht wiederaufnimmt.
In den USA schwindet derweil offenbar die Hoffnung, dass eine Verhandlungslösung in greifbarer Nähe ist. Ursprünglich hätte Trumps Nahostgesandter Steve Witkoff bereits in der vergangenen Woche in die Region reisen sollen, um die Verhandlungen voranzutreiben. Seine Visite hat Witkoff nun allerdings laut Medienberichten erneut verschoben. Demnach habe Trumps Gesandter keinerlei Anzeichen für Flexibilität vonseiten der Hamas gesehen.