Dienstag, Oktober 22

Viele Vögel verenden, weil sie gegen Scheiben von Gebäuden krachen. Künftig soll Vogelschutz schon beim Bauen mitgedacht werden – eine altbekannte Massnahme nützt Vögeln dabei nichts.

Im Zürcher Baugesetz ist nun auch der Vogelschutz verankert. Das hat der Kantonsrat am Montag entschieden. Künftig ist vorgeschrieben, dass neue Gebäude so gestaltet werden müssen, dass Vögel möglichst nicht in Gefahr geraten. Das verlangten SP, Grüne, GLP und AL in einer parlamentarischen Initiative.

Jedes Jahr verenden in der Schweiz Hunderttausende von Vögeln, weil sie gegen Scheiben prallen. Das Problem verschärft sich: Weil Häuser zunehmend grössere Fenster haben, gibt es für Vögel immer mehr Gefahren. «Fensterflächen werden zum Massenfriedhof», sagte die Grünen-Kantonsrätin Wilma Willi (Stadel). Besonders gefährlich für Vögel: Glasflächen, die sie nicht erkennen können. Also Fassaden, die stark spiegeln, Eckfenster oder Wintergärten.

Methoden, um solche gefährlichen Stellen für Vögel etwas sicherer zu gestalten, gibt es viele. Milchglas statt Fensterglas verwenden, Metallzäune statt Glaszäune oder gemusterte Folien, die Vögel besser sehen als reines Glas. Darauf wies der Regierungsrat Martin Neukom (Grüne) hin.

Was kaum hilft: die bekannten schwarzen Vogelkleber. Vögel nehmen die Kleber zwar manchmal als Hindernis wahr, versuchen dann aber, an den Aufklebern vorbeizufliegen – und krachen daneben gegen die Scheibe.

Die funktionierenden Methoden für mehr Vogelsicherheit werden aber laut den Initiantinnen der parlamentarischen Initiative zu selten umgesetzt. Deshalb brauche es diesen neuen Passus im Baugesetz. Die Initiantin Theres Agosti (SP, Turbenthal) sagte: «Jeder Vogel, der wegen einer Glasfläche stirbt, ist einer zu viel.»

FDP: neuer Passus im Baugesetz nicht nötig

Widerspruch gegen die parlamentarische Initiative kam nur von der FDP. Es ergebe keinen Sinn, nur für eine Art Tier einen neuen Gesetzesabschnitt zu verabschieden, sagte Stephan Weber (Wetzikon). «Was ist dann zum Beispiel mit den Fischen? Wir wollen keine Ungleichbehandlung von Tieren.»

Ausserdem sei der Tierschutz im heutigen Baugesetz bereits enthalten. «Im Baugesetz steht, dass Gebäude keine Sachen gefährden dürfen. Da sind Vögel mitgemeint», sagte Weber. Wenn nötig, könnten die Behörden schon heute mehr Massnahmen einfordern, wenn Vögel durch ein neues Gebäude in Gefahr gebracht würden.

Dem widersprachen die Befürworter der Vorlage. Dass Vogelschutz mitgemeint sei, reiche offenbar eben nicht. «Das Problembewusstsein ist zu klein», sagte die Initiantin Agosti. Und Judith Stofer (AL, Dübendorf) setzte hinzu: «Wo Vogelschutz drin ist, muss auch Vogelschutz draufstehen.»

Der Regierungsrat sprach sich gegen die Änderung des Baugesetzes aus. «Dieser Vorschlag führt vor allem zu mehr administrativem Aufwand für die Bauherren», sagte der Baudirektor Neukom. Dass der neue Passus manche Vögel retten könnte, könne diesen Nachteil nicht ausgleichen.

Trotz der Ablehnung des Regierungsrats wurde die Vorlage schliesslich mit 147 zu 30 Stimmen deutlich angenommen, ausser der FDP stimmten alle Parteien dafür.

Vogelschutz nur bei Neubauten

Ein Minderheitsantrag zur Vorlage war zuvor auf grössere Ablehnung gestossen. Darin wurde gefordert, dass die Vogelschutzpflicht auch für bestehende Bauten gelten solle. Das ging vielen Kantonsräten und Kantonsrätinnen zu weit. Bestehende Bauten vogelsicher zu machen, sei schlicht nicht umsetzbar, argumentierte etwa die Kantonsrätin Janine Vannaz (Mitte, Aesch).

Ausserdem sollten laut dem Minderheitsantrag nicht nur Fenster, Fassaden und Glasflächen vogelfreundlich gestaltet werden, auch andere Bauten dürften Vögel gar nicht gefährden. So kam die Diskussion rasch auf: Windräder.

Peter Schick (SVP, Zürich) fragte rhetorisch: «Wenn schon Hausfassaden und Fenster gefährlich sind für Vögel, wie sicher kann es dann sein, wenn ein Vogel in der Nähe eines Windrads fliegt?» Der Regierungsrat Martin Neukom hingegen betonte: «Im Vergleich zu Hauskatzen, Verkehr und Glasfassaden sind Windräder ungefährlich für Vögel.»

Den Minderheitsantrag zogen die Initiantinnen zurück. Politisch sei er nicht realistisch, man wolle den Erfolg der Initiative nicht gefährden, sagte die Kantonsrätin Agosti. Wenn Neubauten vogelsicherer würden, sei das immerhin schon ein Schritt. «Da haben wir lieber den Spatz in der Hand als die Taube in der Scheibe.»

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