This E. Schneider war seit 2004 die dominierende Figur beim Industriekonzern Forbo. In den letzten Jahren schwächelte der Geschäftsgang. Anleger verloren mit Forbo-Aktien viel Geld.
So lange wie This E. Schneider hat sich kaum ein Schweizer Manager gehalten. Als der heute 72-jährige Verwaltungsratspräsident des Bodenbelagherstellers Forbo Anfang der 1980er Jahre seine Laufbahn als Analyst in den USA startete, standen in den Büros noch Schreibmaschinen. Das Tragen von Anzug und Krawatte war für die Angestellten Pflicht.
Immer gepflegt
In Sachen gepflegter Bekleidung blieb sich Schneider bis heute treu. Mit offenem Hemdkragen, ohne Krawatte oder gar mit Sneakers hat er sich anders als viele jüngere Manager in der Öffentlichkeit nie blicken lassen. Auch ging er nicht dazu über, Mitarbeiter zu duzen. Bei Forbo, dem weltweit drittgrössten Hersteller von Bodenbelägen, siezt man sich nach wie vor.
Schneider kündigte im vergangenen November an zurücktreten. Damit wird die kommende Generalversammlung Anfang April den Schlusspunkt seiner über 20-jährigen Tätigkeit für Forbo markieren.
Zum Unternehmen war Schneider, der seit vielen Jahren in Hongkong lebt, 2004 gestossen. Er übernahm sogleich die Geschäftsleitung. Von 1997 bis 2002 hatte er als CEO bereits den Betreiber von Verpflegungsautomaten Selecta geführt.
2013 schlüpfte Schneider bei Forbo in die Rolle des exekutiven Verwaltungsratspräsidenten und verschaffte sich so eine noch grössere Machtfülle. Aus dem operativen Geschäft zog er sich erst 2023 zurück und beschränkte sich seither auf das Präsidium.
An Kapital fehlt es nicht
Weitere frühere Stationen in Schneiders langer Managerkarriere waren die Kioskbetreiber Valora und Schmidt-Agence sowie Alusuisse. Ausser Forbo ist von diesen Schweizer Unternehmen nur Selecta eigenständig geblieben. Die Firma steckt indes in einem Überlebenskampf, weil sich immer weniger Reisende an Automaten verpflegen.
Forbo ist anders als Selecta kein Krisenfall. Die Firma erfreut sich im Gegenteil einer hohen Eigenkapitalquote und einer Nettoliquidität, die per Mitte vergangenen Jahres 40 Millionen Franken erreichte.
Allerdings hatte das Unternehmen mit Sitz in Baar in jüngster Vergangenheit vor allem wegen schwacher Baumärkte auch mit Gegenwind zu kämpfen. Die Umsätze in den zurückliegenden drei Jahren stagnierten bei rund 1,2 Milliarden Franken. Die Firma dürfte vor diesem Hintergrund, so vermuten Branchenbeobachter, Marktanteile verloren haben. Auch in Sachen Profitabilität ging es abwärts: Die Ebit-Marge fiel 2023 mit 11,1 Prozent mehr als 3 Prozentpunkte unter das Niveau von 2021.
Marktbeobachter stapeln tief
Die Geschäftszahlen des vergangenen Jahres wird Forbo erst am 4. März publizieren. Die Erwartungen von Finanzanalytikern sind tief: Die Ebit-Marge dürfte sich 2024 weiter auf nur noch rund 10 Prozent verschlechtert haben.
Die Flaute in den Geschäften von Forbo hat im Aktienkurs deutliche Spuren hinterlassen. Im Spitzenjahr 2021, als das Unternehmen eine Ebit-Marge von über 14 Prozent erzielte, stieg die Notierung zeitweise auf fast 2000 Franken. Seither hat sie sich auf unter 900 Franken mehr als halbiert.
Marktbeobachter sprechen denn auch von einer «katastrophalen» Performance. Allerdings wird das schwache Abschneiden der Aktien nicht nur mit den verschlechterten Geschäftszahlen von Forbo in Verbindung gebracht. Finanzanalysten üben auch unumwunden Kritik am Führungsstil Schneiders.
Der starke Mann bei Forbo habe sich als exekutiver Verwaltungsratspräsident über Jahre nicht nur erlaubt, das Unternehmen im Doppelmandat zu führen. Er habe sich auch Lohnpakete gegönnt, die im Verhältnis zur Marktkapitalisierung zu den grosszügigsten im Vergleich mit jenen bei anderen Schweizer Industrieunternehmen gezählt hätten.
Üppige Entlöhnung
2022, im letzten Jahr in der Funktion des exekutiven Verwaltungsratspräsidenten, verdiente Schneider 3,6 Millionen Franken, davon 2,3 Millionen in Aktien. Im nachfolgenden Jahr flossen ihm noch immer 3,5 Millionen Franken zu, wobei sich dieses Paket fast ausschliesslich aus Aktien zusammensetzte.
«Forbo war unter Schneiders Führung kein Musterknabe in Sachen Corporate Governance», konstatiert Alexander Koller, der als Analyst für die Bank Vontobel arbeitet. Wie viele seiner Berufskollegen kritisiert er auch die unterdurchschnittliche Transparenz, die sich das Unternehmen seit Jahren leistet.
Ausserhalb der beiden Termine zur Jahres- und Halbjahresberichterstattung sei es nahezu unmöglich gewesen, mit der Führung von Forbo in Kontakt zu treten, sagt Martin Hüsler von der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Für Marktbeobachter entstand dadurch immer wieder ein Informationsvakuum; beispielsweise, wenn bei Ad-hoc-Mitteilungen keine erläuternden Gespräche mit dem Management möglich waren.
Neuer CEO übt Kritik
Seit zwei Jahren liegt die operative Verantwortung in den Händen von Jens Fankhänel. Der Manager war damals vom Zürcher Industrieunternehmen Kardex, einem Spezialisten für Lagersysteme, zu Forbo gestossen.
An seiner ersten Bilanzmedienkonferenz vor einem Jahr übte Fankhänel Kritik. Die Arbeitsdisziplin bei verschiedenen europäischen Tochterfirmen lasse zu wünschen übrig, sagte er. Mitarbeitende würden sich allzu häufig krankschreiben lassen. Auch leide Forbo unter einem Mangel an Loyalität: Viele Beschäftigte würden schon nach kurzer Zeit das Unternehmen verlassen.
Trotz diesen ungeschönten Äusserungen hat Fankhänel bis anhin nicht das Vertrauen der Investoren gewonnen. Er gilt als ähnlich unzugänglich wie Schneider. Dieser Ruf, sagen Analysten, habe ihn auch schon in seiner früheren Funktion als Kardex-Chef begleitet.
Die NZZ hätte sich für diesen Artikel gerne mit Schneider selbst unterhalten. Doch Schneider lehnte mit der Begründung ab, dass er praktisch nie Interviews gegeben habe und dies auch zum Schluss seiner «Aktivzeit» so handhaben wolle.
Designierter neuer Präsident kommt von Ems
Als künftiger Präsident von Forbo ist Bernhard Merki nominiert worden. Merki steht seit August 2020 bereits dem Aufsichtsgremium von Ems-Chemie vor. Er muss sich in dieser Rolle neben der dominanten Konzernchefin und Grossaktionärin Magdalena Martullo-Blocher behaupten.
Alexander Koller von Vontobel traut dem Manager mit langjähriger Industrieerfahrung zu, Forbo neue Impulse zu verleihen, insbesondere in Sachen Kommunikation und Transparenz. Auch Martin Hüsler von der ZKB ist hoffnungsfroh, dass Merki für mehr Offenheit sorgen wird.
Der Aktienkurs von Forbo hat sich seit Anfang dieses Jahres von tiefem Niveau um 17 Prozent erholt. Offenbar herrscht im Markt eine gewisse Erleichterung darüber, dass der Konzern anders als 2022 und 2023 jüngst nicht mehr mit einer Gewinnwarnung aufwartete. Das Management hat für das vergangene Jahr ein Konzernergebnis von gegen 110 Millionen Franken in Aussicht gestellt. Es dürfte allen Erwartungen nach erreicht werden.
Chancen für eine baldige Markterholung sind intakt
Offen ist, ob sich die Baumärkte 2025 beleben werden oder ob der Branche ein weiteres Krisenjahr bevorsteht. Dank gesunkenen Zinsen und Rohstoffpreisen stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Turnaround eher früher als später gelingen wird. Als Bodenbelaghersteller würde Forbo davon profitieren.
Die Branchenbeobachter von Vontobel sind auch mit Blick auf das zweite Geschäftsfeld der Firma, die Herstellung von Transportbändern für Verteilzentren und andere Logistikeinrichtungen, vorsichtig optimistisch gestimmt. Der Abschwung in diesem Bereich halte bereits derart lange an, dass es lediglich eine Frage der Zeit sei, ehe sich Investitionen wieder häufen würden, sagt Koller.